Zwischen Fachbereich, IT und Compliance: Organisationsabteilungen übernehmen mehr Aufgaben
Deutsche Finanzhäuser richten die Bankorganisation vermehrt abteilungsübergreifend aus. Neben Kernaufgaben wie Dokumentation und Prozessmanagement reicht der Einfluss zunehmend auch in den laufenden Betrieb hinein, bis hin zur Weiterentwicklung der Gesamtbank. Das erfordert ein effektives Management zwischen Fachbereichen, IT und Compliance. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Aufgaben und Wandel von Organisationsabteilungen in Regionalbanken“ (PDF) der Unternehmensberatung Procedera Consult und der Steinbeis-Hochschule Berlin.
von Prof. Dr. habil. Andreas Aulinger
und Claudia Meier, Procedera Consult
Best Practice: Verteilte Verantwortung
Diese Ausgangslage erschwert eine strukturierte Erfassung der Aufgaben in der Bankorganisation und sorgt für eine insgesamt intransparente Zustandsbeschreibung. Ein systematischer Zugang ergibt sich jedoch über die verschiedenen Rollen innerhalb von Projekten, die sich auf Bankorganisation und Fachbereiche aufteilen.
Insgesamt lassen sich fünf Rollen im Prozessmanagement und der Organisationsdokumentation identifizieren, die in verschiedenen Bereichen des Unternehmens angesiedelt sein können:
1. Verantwortliche, die innerhalb der Bank das Prozessmanagement leiten2. Organisatoren, die Standards für die Dokumentation festlegen
3. Organisatoren, die Prozesse, Arbeitsanweisungen und sonstige Regelungen gemäß den vordefinierten Standards dokumentieren
4. Prozesseigentümer (Owner), die einzelne Prozesse überwachen, Verbesserungsvorschläge sammeln und umsetzen sowie die Prozessaktualität gewährleisten und Dokumentationen freigeben
5. Prozessbeteiligte, die im Rahmen eines Projekts Verbesserungsvorschläge unterbreiten.
In der Praxis erweisen sich Rollenverteilungen als überlegen, die sowohl die Bankorganisation als auch betroffene Fachbereiche von vornherein mit einschließen. Jeder zweite bis dritte Organisationsleiter gibt an, mit einer verteilten Aufgabenlast bereits eine hohe Reife des Prozessmanagements und der Organisationsdokumentation erreicht zu haben. Banken, die nahezu alle Rollen entweder bei den Fachabteilungen oder der Bankorganisation kapseln, schneiden demgegenüber deutlich schlechter ab.
Engpass Organisationsentwicklung
Die AutorenClaudia Meier ist Inhaberin von Procedera Consult. Das Unternehmen berät seit 2008 Banken und Sparkassen zu den Schwerpunktthemen Bankorganisation und Organisationshandbuch. Zuvor war Meier bei verschiedenen Banken in leitenden Positionen beschäftigt und hat dort Migrations- und Organisationsprojekte verantwortet.
Prof. Dr. habil. Andreas Aulinger ist Inhaber der Professur für Organisation an der Steinbeis-Hochschule Berlin. Dort leitet der studierte Wirtschaftsingenieur seit 2011 das IOM Institut für Organisation & Management. Dabei hat er stets das Zielbild einer lernenden Organisation vor Augen.
Prof. Dr. habil. Andreas Aulinger ist Inhaber der Professur für Organisation an der Steinbeis-Hochschule Berlin. Dort leitet der studierte Wirtschaftsingenieur seit 2011 das IOM Institut für Organisation & Management. Dabei hat er stets das Zielbild einer lernenden Organisation vor Augen.
Die flexible Aufgabenverteilung hat jedoch einen Nachteil: Häufig bleibt die Weiterentwicklung des Hauses auf der Strecke. Nur zwölf der 30 befragten Institute sehen sich derzeit in der Lage, mehr als 25 Prozent der verfügbaren Kapazitäten in diese Aufgabe zu investieren. Mindestens drei Viertel der Arbeitszeit entfällt damit auf Vorgänge, die nur der Aufrechthaltung des Betriebs dienen. Selbst Abteilungen, die unter der Bezeichnung „Organisationsentwicklung“ firmieren, übernehmen in Wahrheit häufig Kernaufgaben des Bankbetriebs. Zur Innovationsleistung sind auch diese Einheiten nicht mehr in der Lage. Maßgebliche Ursache: Steigende Ressourcenbedarfe zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Anforderungen im Bereich Betriebsorganisation.
Die geführten Interviews legen zudem offen, dass dieser negative Umstand durchaus bekannt ist und bedauert wird. Tatsächlich erleben die Organisationsabteilungen in Instituten mit bis zu 4.000 Mitarbeitern sich selbst häufig als eher verwaltende denn als gestaltende Einheit. Diese Bestandsaufnahme erstreckt sich darüber hinaus auch auf die Personalabteilungen. Eine aktive Rolle kann auch dort nur noch eine Minderheit erkennen. Infolgedessen leidet die Zusammenarbeit zwischen Bankorganisation und Personalabteilung. Die gemeinsamen Aktivitäten beschränken sich auf das für die Betriebsverwaltung absolut Notwendige. Grade einmal drei Institute geben an, über eine übergreifend entwickelte Personal- und Organisationsentwicklung zu verfügen.
Der Motor Bankorganisation stottert
Viele Institute sind noch auf der Suche nach der optimalen Organisationsform, um mit den bestehenden Ressourcen neben dem laufenden Betrieb auch die Betriebsentwicklung gewährleisten zu können. Hinzu kommt ein wichtiger Faktor, der schon jetzt viele Banken in Atem hält: Digitalisierung. Zusätzlich zu den Fachbereichen müssen die Bankorganisatoren auch die IT-Abteilung einbinden, um ein effizientes Prozessmanagement überhaupt dauerhaft zu realisieren. Das bedeutet vor allem ein intensives Ausbalancieren von Interessen im Unternehmen.aj
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