Versicherungen verkennen die wahren Gründe für Kundenloyalität im Firmenkundengeschäft
Wenig Kundenkontakt, viele Anbieter und eine starke Stellung der Makler: Alles das sind Gründe, warum Versicherer den Wettbewerb um Firmenkunden derzeit vor allem über den Preis austragen, andere Aspekte dabei aber unterschätzen. Dies zeigt die aktuelle Studie „Uncovering the Elements of Value in Commercial Insurance” der internationalen Managementberatung Bain & Company (kostenloser Download). Die Unternehmensberater haben dazu mehr als 1.300 Versicherungskunden und Makler in den USA befragt. Zwar erklären die meisten Kunden, dass Risikobegrenzung und Preis für sie die entscheidenden Gründe für die Auswahl eines Versicherers seien, ihr Handeln spricht jedoch eine andere Sprache: Demnach sind auch Kriterien wie Produktqualität, Expertise und Erreichbarkeit von großer Bedeutung.
Bain hat die Faktoren, die den Wert einer Dienstleistung oder eines Produkts ausmachen, in einer Pyramide systematisiert. Ihr Aufbau orientiert sich dabei an der Maslowschen Bedürfnispyramide und beruht auf quantitativen sowie qualitativen Analysen über drei Jahrzehnte hinweg. Demnach befriedigten Aspekte wie ein akzeptabler Preis lediglich Grundbedürfnisse des Kaufinteressenten oder Kunden. Um Kunden nachhaltig zu binden, bedarf es aber mehr.Das Spektrum reicht von hoher Reaktionsgeschwindigkeit bis hin zu einem individuellem Mehrwert für den jeweiligen Kunden, etwa indem er in ein Netzwerk eingebunden wird. Gerade dieser individuelle Mehrwert gestaltet sich dabei schwierig, da er für den Anbieter weder genau zu prognostizieren ist, noch klar ist, welche Incentivierung beim jeweiligen Kunden verfängt.
Die Angebote von Versicherungen ähneln sich auf den ersten Blick, so dass viele Kunden vor allem auf die Risikoabdeckung und den Preis achten. Gelingt es den Anbietern aber, während und nach dem Vertragsabschluss einen Mehrwert zu bieten, rücken andere Kriterien in den Vordergrund.“
Dr. Christian Kinder, Bain-Partner und Leiter Praxisgruppe Versicherungen DACH
Mehrwert für den Versicherten führt zu hoher Loyalität
Durch einen spürbaren Mehrwert können Versicherungsunternehmen nicht zuletzt die wohl größte Hürde für eine intensivere Firmenkundenbeziehung überwinden – die Marktmacht und Kundennähe der Makler. Angesichts der komplexen Materie verlassen sich laut Bain-Studie die Hälfte aller Kunden auf die Wechselempfehlungen ihres Maklers. Doch auch hier gilt: Erkennt der Kunde den Mehrwert seines Versicherers über das reine Produkt hinaus, steigt dessen Loyalität und die Wechselbereitschaft sinkt.
Vorreiter in der Branche setzen laut der Studie genau hierauf. So punktet etwa die Zurich Insurance Group mit ihrem „Risk Advisor“. Das digitale Tool erlaubt es Unternehmen, Risiken selbständig einzuschätzen und geeignete Maßnahmen einzuleiten, die diese verringern sollen. Der ebenfalls schweizerische Versicherer Chubb/ACE hebt sich mit einem internetbasierten Portal zur Schadensverfolgung vom Wettbewerb ab. Hier haben die Kunden jederzeit den Überblick über den Stand der Bearbeitung von Schäden und können zudem über ein Dashboard die Kosten von Risiken kalkulieren.
Digitalisierung schafft neue Ansatzpunkte für Werttreiber
Der Studie zufolge sind die Schadensverfolgung sowie die fortlaufende Risikobegrenzung und -bewertung dafür prädestiniert, die Kundenloyalität zu steigern. An diesen Interaktionspunkten – wenn sie gelungen sind – nimmt die Kundenloyalität besonders stark zu. Gleichzeitig verhelfen digitale Technologien den Versicherungen zu noch mehr Kundenorientierung.
Viele Versicherer haben im Firmenkundengeschäft damit zu kämpfen, dass die Kunden ihre Produkte für austauschbar halten. Mit digitalen Innovationen und Mehrwertdiensten können sie einen erkennbaren Zusatznutzen für die Kunden schaffen, deren Loyalität stärken und sich so nachhaltig vom Wettbewerb abheben.“
Dr. Henrik Naujoks, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Financial
Services EMEAtw
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