STUDIEN & UMFRAGEN31. Mai 2019

Versicherungen: Die Digitalisierung ändert die Rolle der IT-Abteilungen

Photonphoto / Bigstock

Ehrgeizige Ziele haben sich die Versicherungsunternehmen in den letzten Jahren gesetzt. Doch die IT-Budgets orientieren sich noch zu sehr an der Wartung alter IT-Systeme. Dies ist eines der Ergebnisse der von Sollers Consulting durchgeführten Umfragen unter mehr als 300 Versicherungsmanagern aus 14 Ländern.

Die Versicherungswirtschaft macht bei der Digitalisierung deutliche Fortschritte. IT-Abteilungen sind dabei inzwischen zum Haupttreiber des Wandels in der Versicherungswirtschaft geworden. In Kooperationsmodellen mit Insurtechs und anderen Anbietern wenden Versicherungsgesellschaften neue Technologien an, um möglichst intuitive Anwendungen für ihre Kunden zu entwickeln. Im Rahmen der internationalen Konferenz Innovation in Insurance befragte Sollers Consulting mehr als 300 Fach- und Führungskräfte der Versicherungswirtschaft zur Rolle von Technologie und Innovation in ihrer Branche – und kam dabei zu spannenden Erkenntnissen über eine Branche, die in ihrer Gänze zwar durchaus innovationsbereit ist, aber an vielen Stellen noch zu wenig zu investieren bereit ist.

Grundsätzlich gibt drei wichtige Ambitionen, die seitens der Versicherer verfolgt werden: Die Automatisierung, daraus resultierend der Einsatz künstlicher Intelligenz und als eine Art Meta-Ebene offene Schnittstellen. 38% der Versicherungsmanager glauben, dass in den nächsten fünf Jahren ein Automatisierungsgrad von 30 bis 50% erreicht werden kann. Nach Ansicht von 26% der Befragten kann ein Automatisierungsgrad zwischen 50 und 70% erreicht werden und 21% sind sogar davon überzeugt, dass dieser zwischen 70 und 90% liegen wird. Nur 11% sind der Meinung, dass es weniger als 30% sein werden.

Es besteht die starke Zuversicht, dass die Automatisierung in der Versicherungsbranche dramatisch zunehmen wird. Die Automatisierung ist ein wichtiges Anliegen der Versicherer auf allen europäischen Märkten. Es gibt kaum ein Projekt in der Versicherungswirtschaft, das nicht Automatisierung zum Ziel hat. Oft hat es den Anschein, dass Automatisierung nur von den fortschrittlichsten Versicherungsgesellschaften erreicht wird, aber es geht in fast jedem Unternehmen voran. In unseren Projekten sehen wir deutliche Fortschritte.“

Michał Trochimczuk, Managing Partner von Sollers Consulting

Digitalisierung setzt auf Künstliche Intelligenz und offene Schnittstellen

Es gibt zwei technologische Merkmale, von denen sich Versicherungsgesellschaften in den nächsten fünf Jahren am meisten erwarten. 37% der Versicherungsexperten glauben, dass künstliche Intelligenz eine wichtige Schlüsseltechnologie sein wird, 35% sagen, dass sie sich auf offene Schnittstellen konzentrieren werden. Andere Technologien wie Blockchain, Internet of Things, Robotik und Cloud Computing haben Zustimmungsraten von vier bis neun Prozent – wohl auch, weil nicht klar ist, wie bei einigen der Anwendungen die Nutzungsszenarien aussehen können.

 

Big Data und der Einsatz von Data Analytics, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz sind zu einem der wichtigsten strategischen Ziele in der Versicherungswirtschaft geworden. Viele Versicherer nutzen bereits künstliche Intelligenz, um Schadensfälle zu bewerten, gegen Versicherungsbetrug vorzugehen und die Kundenkommunikation zu automatisieren. Business Intelligence und Datenanalyse sind Bereiche, auf die sich Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit konzentriert haben.“

Grzegorz Podleśny, Partner von Sollers Consulting

Die Berater gehen davon aus, dass Versicherer viel mehr in künstliche Intelligenz investieren werden. Das Unternehmen Sollers Consulting hat dazu einen auf Machine Learning basierenden Use Case entwickelt, der es Versicherern ermöglichen soll, schnelle Erfolge bei der Digitalisierung zu erzielen. Trochimczuk dazu: „Schnittstellen spielen deshalb in vielen unserer Projekte eine entscheidende Rolle. Die Versicherer wollen einen besseren Zugang zu neuen digitalen Ökosystemen und zu Anbietern neuer Technologien bekommen.”

Im Zuge der Digitalisierung der Versicherungswirtschaft verändert sich offenkundig auch die Rolle der IT-Abteilungen. Sie beschränken sich nicht auf die Implementierung digitaler Werkzeuge, sondern führen auch generell neue Arbeitsweisen ein. Auf die Frage, was Innovation ist, antworten 30% der Befragten, dass es sich dabei um eine neue Unternehmenskultur handelt, 24% sagen, dass es um neue Geschäftsmodelle geht, 18% sind der Meinung, bei Innovation handele es sich um neue Produkte und Dienstleistungen und für 11% bedeutet Innovation rein operative Veränderungen.

Innovation ist mehr als nur die Lösung von Problemen. Die Mehrheit der Versicherungsunternehmen strebt eine grundlegende Veränderung des Geschäftsmodells oder sogar der ganzen Unternehmenskultur an.“

Grzegorz Podleśny, Partner von Sollers Consulting

IT-Budgets durch Wartungskosten für Altsysteme blockiert

Allerdings sind die IT-Abteilungen durch knappe Budgets blockiert. 56% der Versicherungsfachleute sagen, dass nur 10 bis 30% der IT-Budgets für Innovationen ausgegeben werden. Nur ein kleiner Prozentsatz (13%) der Befragten gibt an, dass ihr Unternehmen mehr als 40% seines Budgets für Innovationen ausgibt.

Es besteht die Bereitschaft, in Innovationen zu investieren, aber sie ist zu zögerlich. Die IT-Budgets sind zu sehr darauf ausgerichtet, bestehendes Geschäft am Laufen zu halten und den Status quo aufrecht zu erhalten. Es ist wichtig, ihre Struktur zu ändern.“

Grzegorz Podleśny, Partner von Sollers Consulting

Die von Sollers Consulting durchgeführten Umfragen zeigen, dass Versicherungsunternehmen Innovationen nicht ernst genug nehmen. Etwa die Hälfte der Versicherungsunternehmen kontrollieren ihre Ausgaben für Innovationen entweder nicht konsequent genug oder nur im Allgemeinen. Gerade einmal 17% der Versicherungsexperten geben an, dass sie ihre Ausgaben für Innovationen im Detail einem umfassenden Controlling unterziehen.

Laut Trochimczuk ist die derzeitige Herangehensweise zur Innovation unzureichend. Innovation sollte seiner Meinung nach eine klarere Vision haben sowie effektiver umgesetzt und überwacht werden. Sie entstehe zudem erst durch die Schaffung neuer Kontexte und Umgebungen, in denen sich Ideen der Mitarbeiter verbinden können. Es reiche folglich nicht aus, eine Innovationsabteilung zu schaffen oder eine Partnerschaft mit Insurtechs einzugehen. „Die digitale Transformation ist ein langer Prozess, der eine neue Kultur und eine klare Vision erfordert.“tw

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