STRATEGIE12. August 2024

“Veränderung ist positiv”: Michel Billon, Hanseatic Bank über Innovationsstrategie

Schwerpunkt: Innovationskultur
Michel Billon, Hanseatic Bank<q>Hanseatic Bank
Michel Billon, Hanseatic BankHanseatic Bank

Die Hanseatic Bank ist eine interessante Kombination, denn sie ist sowohl einer Tochtergesellschaft der Société Générale Group und der Otto Group: Auf der einen Seite steht also eine der wichtigsten Geschäftsbanken Frankreichs und vom Financial Stability Board (FSB) auf die Liste global systemrelevanter Banken gesetzt, auf der anderen Seite eines der zehn größten deutschen Familienunternehmen und ein global agierender Händler. Bei einer solchen Kombination lohnt der Blick hinter die Kulissen allemal und Michel Billon, Geschäftsführer Hanseatic Bank, erzählt im Interview, wie diese Herkunft die Innovationskultur beeinflusst.

von Dunja Koelwel

Herr Billon, was bedeutet für Sie Innovationskultur?

Wichtig ist, genug Raum für Inspirationen und Kreativität zu bieten. Innovationen entstehen, wenn im Unternehmen das richtige Mindset mit einer gesunden Fehlerkultur vorhanden ist. Wer möchte, dass die Mitarbeitenden „out of the box“ denken und mit neuen Technologien experimentieren, der sollte dafür sorgen, dass niemand Angst davor hat, zu scheitern. Darüber hinaus sollten Unternehmen ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, agile Arbeits- und Denkweisen zu erlernen und zu etablieren. Das geht zum Beispiel über Workshops, Weiterbildungsangebote oder die Begleitung durch agile Coaches.

Eine moderne Arbeitswelt mit passenden digitalen Tools und vielfältigen Räumlichkeiten kann die Innovationskultur unterstützen.”

Für unterschiedliche Bereiche und Aufgaben eignen sich auch unterschiedliche Strukturen. Einige Teams können beispielsweise crossfunktional aufgebaut sein. Das bedeutet, dass Experten aus verschiedenen Fachbereichen zusammenarbeiten. Der Vorteil dieser Teams ist, dass alle nötigen Ressourcen vorhanden sind, um neue Ideen umzusetzen. Dadurch können sie sehr schnell und selbstbestimmt arbeiten.

Michel Billon, Hanseatic Bank
Michel Billon ist Geschäftsführer Hanseatic Bank (Website). Bil­lon ab­sol­vier­te ein Mas­ter-Stu­di­um für Ma­nage­ment an der Eco­le Su­pé­ri­eu­re de Com­mer­ce de Mar­seil­le-Pro­vence. Nach ver­schie­de­nen be­ruf­li­chen Sta­tio­nen un­ter an­de­rem bei der Ce­t­e­lem Ban­que (BNP Pa­ri­bas Grup­pe), der So­cié­té Gé­né­ra­le Group und Fi­dita­lia kam er 2005 als Di­rek­tor Con­su­mer Fi­nan­ce zur Han­sea­tic Bank, ei­ner Toch­ter­ge­sell­schaft der So­cié­té Gé­né­ra­le Group und der Ot­to Group. Nach der Grün­dung des Han­sea­tic Ser­vice Cen­ter 2006 über­nahm er zu­sätz­lich die Po­si­ti­on des Ge­schäfts­füh­rers der Ser­vice­ge­sell­schaft. Im Ju­li 2010 wur­de er zum Ge­schäfts­füh­rer der Han­sea­tic Bank be­ru­fen.
Auch die richtige Haltung nach außen ist wichtig für eine gesunde Innovationskultur. Wer aufgeschlossen ist für neue Ideen und interessante Markttrends, kann viel lernen und für das eigene Geschäft adaptieren. Vorausgesetzt, sie passen zu den individuellen Bedürfnissen der Kunden.

Der Erfolgsfaktor für die Entwicklung neuer Produkte und Services ist eine Fokussierung auf ihre Wünsche.”

Was zeichnet die Innovationskultur in Ihrem Haus besonders aus?

Zunächst einmal sicherlich, dass wir die Mitarbeitenden der Hanseatic Bank einbeziehen. Gemeinsam haben wir eine Arbeitsatmosphäre geschaffen, in der Veränderung als etwas Positives und Notwendiges wahrgenommen wird – der optimale Nährboden für Innovationen.

Wir haben agile Arbeitsweisen geschaffen und Teamstrukturen verändert. Einige spannende Innovationen der letzten Jahre sind in unseren sogenannten Solution Labs entstanden. Für diese Innovationslabore bewerben sich die Mitarbeitenden mit ihrer Idee und entwickeln mit Unterstützung von agilen Coaches innerhalb von wenigen Wochen einen Prototyp oder ein Minimal Viable Product. Unsere Digital Factory, die alle digitalen Services für unsere Neu- und Bestandskunden entwickelt, arbeitet in selbstorganisierten, crossfunktionalen Teams in agiler Arbeitsweise.

Innovationen bringen aber nur etwas, wenn sie unsere Kunden und Partner begeistern. Deshalb hören wir zu und finden zunächst heraus, was sie sich wünschen.

Durch den Start unserer eigenen Customer Community ist es uns möglich, jede Entwicklung von neuen Produkten, Services und Technologien noch besser an den Bedürfnissen unserer Kunden auszurichten.”

Zurzeit steht bei uns die Entwicklung von neuen Self-Services im Fokus, mit denen Bankgeschäfte unabhängig von Öffnungszeiten und verfügbaren Mitarbeitenden erledigt werden können. Unsere Kunden haben sich beispielsweise die selbstständige Änderung der Kreditkarten-PIN und des Freistellungsauftrags gewünscht – wir haben sie entwickelt. Für den Ausbau dieser Self-Services und für mehr Automatisierung und Digitalisierung überwinden wir außerdem die klassische Bereichseinteilung in der Bank und haben eine übergreifende Initiative gestartet, in der die Mitarbeitenden ihr Know-how und ihre Ideen einbringen.

Viele Entwicklungen entstehen bei uns auch durch einen sehr engen und offenen Austausch mit unseren Geschäftspartnern und Gesellschaftern.

Durch Kooperationen mit FinTechs nutzen wir zusätzlich zu unseren eigenen Entwicklungen innovative Technologien, die unsere Serviceangebote bereichern und Prozesse verbessern.”

Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Visa Snowdrop, durch die wir die Kreditkartenumsätze in unserer Banking-App übersichtlicher mit Kategorien und Händlerlogos darstellen können. Oder Collect AI, die mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz dafür sorgen, dass wir unsere säumigen Kunden im Forderungsmanagement noch gezielter und effektiver ansprechen.

Wo würden Sie sich mehr technische Unterstützung wünschen?

An technischer Unterstützung mangelt es bisher nicht, eher an Ressourcen. Uns stehen ausreichend Technologien zur Verfügung und wir haben gute Ideen, wie wir noch innovativer werden können. Aber unsere Zeit und Ressourcen sind begrenzt und als Bank steht auch die Erfüllung anspruchsvoller Regularien auf unserer Agenda.

Wir haben daher einen Prozess entwickelt, der im gesamten Unternehmen eine einheitliche quartalsmäßige Priorisierung der relevanten Themen ermöglicht.”

Effizient zu arbeiten, ist für uns wichtiger denn je. Durch einheitliche und im besten Fall automatisierte Abläufe werden wir sowohl schneller als auch effizienter. So sparen wir wertvolle Ressourcen, die wir für die Umsetzung innovativer Ideen dringend benötigen.

Herr Billon, vielen Dank für das Interview.dk

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