Unter 50€ Bargeld im Monat? Mit Karten kein Problem! ‘no cash’‑Blogger Marc-Oliver Schaake im Interview
Eine nahezu bargeldlose Gesellschaft ist in Schweden schon Realität. Das so etwas in Deutschland im Prinzip auch möglich ist, beweist Marc-Oliver Schaake schon seit vielen Jahren. Seine Erlebnisse und Erfahrungen teilt er auf seinem no cash Blog. Gerade startet mit der kontaktlosen girocard eine neue Stufe des bargeldlosen Bezahlens. Marc-Oliver hat auch hierzu einen sehr lesenswerten Bericht geschrieben. Rudolf Linsenbarth interviewt den ‘no cash’-Blogger.
Herr Schaake, Sie sind ein klassischer ‘Early Adopter’ für Kartenzahlungen – aber warum wollen Sie nach Möglichkeit alles bargeldlos zahlen?
Nun – ich arbeite seit über 25 Jahren im IT-Umfeld mit einem Schwerpunkt auf dem Bereich Mobile Solutions. Das Thema Bargeldvermeidung treibt mich sogar noch etwas länger um.
Ich bin bereits Ende der 80er schon lieber zu Maredo Essen gegangen, weil ich dort mit Euroschecks bezahlen konnte. Ich mag es, am Ende des Monats eine Auflistung meiner Ausgaben zu haben.”
Wie hoch ist Ihr durchschnittlicher Bargeldbedarf im Monat?
Der liegt im Schnitt bei 50€ im Monat. Davon sind 10-20€ ungeplante Ausgaben, wie zum Beispiel die abendliche Kneipentour mit 2 Bier über den Tresen oder der Kaffee im ICE, wenn die Kartenzahlung mal wieder nicht möglich ist. Zu den geplante Ausgaben gehört im Wesentlichen der Gang zum Friseur, den ich noch nicht von der Anschaffung eines Kartenterminals überzeugen konnte. Außerdem Geldgeschenke wie bei einer Hochzeit. Bei letzterem überlege ich, ob ich nicht irgendwann mal einen „PayPal Link“ in den Umschlag packe.
Ungeplante Bargeld-Ausgaben von nur 20€ im Monat? Wie erreicht man diese Quote? Führt das zu Einschränkungen im Nutzungsverhalten?
Was ich mache, ist nicht so ein Experiment „1 Woche ohne Bargeld“. Dazu gehört eine gute Recherche und keine Scheu, auch kleine Beträge mit Karte zu bezahlen. Man muss die geplanten Einkäufe zielgerichtet auf die Geschäfte ausrichten, bei denen Kartenzahlungen willkommen sind. Dann bekommt man die gleichen Leistungen auch ohne cash.
Zum Beispiel die Bäcker verweigern durchweg Kartenzahlung. Dabei werden in den dortigen Ketten die gleichen Brötchen aufgebacken wie in einem „REWE To Go“ oder in der Tankstelle. Dann gehe ich eben dort hin.”
Neben den Bäckern sind vor allem die Imbissbuden noch meist „cash only“. Ich esse daher seltener eine Currywurst. Das ist zudem meiner Gesundheit auch nicht abträglich.
Unter welchen Umständen lassen Sie sich zum Einsatz von Bargeld „verführen“? In welchen Situationen ist cash ein NoGo?
Wie gesagt, die zwei Bier bei der Kneipentour bar zu bezahlen, ist schon ok. Was aber gar nicht geht, davor oder danach ein Restaurant aufzusuchen, wo Kartenzahlung unmöglich ist. Das gilt genauso für die Mittagspause, auch dort kommen nur Lokationen in Betracht, die Kartenzahlung akzeptieren. Mit den neuen mPOS Zahlungsdienstleistern von Concardis bis iZettle gibt es auch für kleine Geschäfte keine Argumente, den Kunden diesen Service nicht anzubieten.
Kann durch die kontaktlosen Zahlverfahren im Allgemeinen und die kontaktlose girocard im Besonderen der Bargeldbedarf noch weiter sinken?
Das kontaktlose Bezahlen hat bei mir bereits zu einer Reduktion meines Bargeldbedarfs geführt. Es wäre zu wünschen, dass über diese Schiene noch mehr Händler die Vorteile von bargeldlosem Bezahlen erkennen und die Verbreitung von Kartenterminals weiter zunimmt. Die kontaktlose Mastercard oder VISA Karte ist in Deutschland einfach noch nicht so weit verbreitet, bzw. wird häufig einfach nicht genutzt.
Welche bargeldlosen Zahlverfahren nutzten Sie aktiv am POS?
Meine aktiven Zahlungsmittel sind allen voran eine girocard, diese enthält zusätzlich die Geldkarte und funktioniert kontaktlos als girocard und girogo. Weiterhin habe ich von meiner Hausbank je eine Kreditkarte von Mastercard und VISA.
Die VISA-Karte brauche ich vor allem für ein bestimmtes Restaurant, in dem die Mastercard nicht akzeptiert wird, und um meine BOON-Karte für Apple Pay kostenlos aufzuladen.”
Darüber hinaus nutze ich eben Apple Pay und habe noch ein „Spielkonto“, zu dem eine kontaktlose Debit-Mastercard gehört. Bei dm und real zahle ich mit Payback Pay.
Gibt es dabei einen Favoriten?
Im Augenblick Apple Pay, weil es einfach ist und schnell geht. Außerdem kommt da noch der Reiz des Neuen hinzu. Weiterhin alle kontaktlosen Bezahlverfahren, egal von welchem Scheme. Danach kommen die PIN-basierten Zahlverfahren.
Dass im Jahr 2017 ein Kartenzahlverfahren noch mit einer Unterschrift läuft, sollte eigentlich nicht mehr vorkommen!”
Welches Zahlverfahren könnte denn in 5 Jahren die Nase vorne haben?
Eine schwere Frage, 5 Jahre sind schnell vorbei. Auf Deutschland bezogen sehe ich immer noch die girocard als wichtigstes Zahlverfahren. Wenn Apple und Google die girocard in ihr jeweiliges Mobile-Payment-Verfahren integrieren, dann könnten diese beiden Unternehmen schon eine bedeutende Rolle beim Bezahlen am POS spielen. Wenn nicht, wird wohl die Mehrheit der Bevölkerung direkt mit der girocard kontaktlos am POS zahlen. Auf die bankeigenen HCE-Lösungen würde ich eher nicht tippen. Android Pay und Apple Pay sind mit dem Betriebssystem verwoben. Dadurch ist die Schwelle für das Onboarding erheblich geringer. Der Kunde wird das eher nutzen, als sich eine App von seiner Bank für das Bezahlen zu laden. Viele Kunden nutzen zwar Online-Banking, aber Mobile-Banking wird auch in 5 Jahren noch nicht flächendeckend verbreitet sein. Außerdem glaube ich nicht, dass es den Banken gelingen wird, die Kunden zur Nutzung ihrer Mobile Payment Apps zu animieren.
Gibt es Wünsche für Verbesserungen beim Mobile Payment?
Apple Pay funktioniert eigentlich sehr gut, da braucht es keine Verbesserungen. Android Pay kenne ich zwar nicht, aber wenn die Nutzerführung dort die gleiche ist wie bei Apple Pay, gäbe es dort auch keine weiteren Wünsche. Wichtig ist vor allem, dass man die Kartenprodukte verwenden kann, die auch direkt mit dem eigenen Girokonto verbunden sind und man nicht erst eine komplizierte Umbuchungsstrategie fahren muss.
Zu guter Letzt wünsche ich mir natürlich noch mehr Akzeptanzstellen, am besten flächendeckend.
Herr Schaake, vielen Dank für das Interview.aj
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