Sparkassen zum Start von Google Pay: „Eine Kooperation mit Google ist keine Option.“
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat sich in einem Tweet selbstbewusst gegen eine Kooperation mit Google in Sachen Google Pay ausgesprochen. Man entwickle, heißt es, eine eigene Lösung für kontaktloses Mobile Payment. Die soll bereits im August verfügbar sein und ein entscheidendes Feature besitzen, mit dem Google Pay nicht aufwarten kann. Ob das reicht, um eine Insellösung im deutschen Markt zu positionieren, ist unklar.
Nachdem diese Woche Google Pay an den Start gegangen ist, gibt es eine Vielzahl von Reaktionen. Da sind zunächst einmal die Kooperationspartner wie Commerzbank, Comdirect, N26, Boon/Wirecard oder auch Visa und Mastercard, die sich begeistert zeigen von der neuen NFC-basierten kontaktlosen Payment-Lösung. Bedeckt halten sich all jene, die möglicherweise in nächster Zeit noch Kooperationspartner werden wollen oder es schon sind – Google hat anlässlich der Pressekonferenz in Berlin keine Angaben zu weiteren Partnern gemacht, die in den nächsten Monaten hinzu kommen werden.Für Schlagzeilen sorgen indes die Sparkassen – wie man das heutzutage so tut mit einem kurzen Tweet, der immerhin eine Menge Selbstbewusstsein ausstrahlt:
Die Sparkassen gehen in Kürze mit der “Mobiles Bezahlen”-App in den Markt. Unsere Kunden können dann ihre Sparkassen-Card oder Sparkassen-Kreditkarte digital mit ihrem NFC-fähigen Android-Smartphone nutzen. Eine Kooperation mit Google ist in Deutschland keine Option.”
— Sparkasse (@sparkasse) June 26, 2018
Wie ein Sparkassensprecher gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung mitteilt, soll die Lösung bereits Anfang August an den Start gehen. In ihrer Funktionsweise soll sich die Sparkassen-Pay-App wohl gar nicht so dramatisch von Google und Apple Pay unterscheiden. Smartphone, kontaktlos, NFC-basiert, hinterlegte Bank- oder Kreditkarte… alles nichts Neues.
Payment-Lösung der Sparkassen unterstützt die Girocard
Das sparkassen-eigene System soll dafür aber auch in der Lage sein, mit einer hinterlegten Sparkassen- oder Girocard und eben nicht nur mit einer Visa- oder Mastercard auszukommen. Ob das als Unterscheidungsmerkmal ausreicht, ist unklar. Kopieren alleine wird jedenfalls nicht funktionieren – noch dazu wo Google und Apple in anderen Ländern bereits seit mehreren Jahren erfolgreich sind und somit im Gegensatz zur Sparkasse ein fertiges Produkt mitbringen.
Wenn Konkurrenz das Geschäft belebt, dann ist das ja im Prinzip nicht verkehrt. Andererseits ist die Sparkasse trotz ihrer relativen Größe und Marktmacht in Deutschland dann doch eher international ein „kleiner Fisch“ im Vergleich zu Google, Apple und Co. Doch um einen Standard zu etablieren, wird es genau diese Größe brauchen – und ein System, das so selbsterklärend ist, dass auch Otto Normalbankkunde einen echten Mehrwert erkennt. Noch dazu in einem Land, das traditionell nicht einmal eine Affinität zu Kreditkarten oder anderen unbaren Bezahlverfahren hat. Insbesondere beim Bezahlen von Kleinbeträgen unterhalb 25 Euro ist Google Pay in seiner Einfachheit unschlagbar, das muss man Google lassen.
Mehr Vertrauen in Sparkassen als in US-Tech-Unternehmen
Kein Zweifel: Die Sparkassen werden es schwer haben, ein Mobile-Payment-Produkt aus eigener Kraft in den Markt zu drängen. Wünschenswert wäre es dennoch – schon aus der Überlegung heraus, dass die meisten Kunden einem Produkt der deutschen Kreditwirtschaft mehr über den Weg trauen als dem Produkt eines US-Großkonzerns, der fürs Datensammeln regelrecht berühmt ist. Auch wenn Google erklärt, dass sie aktuell an Google Pay nicht mitverdienen, wird Google über kurz oder lang den dahinterstehenden Datenschatz zu heben und zu verwenden wissen. Und der ist ebenfalls Geld wert. Die Sparkassen werden, ähnlich wie jede andere deutsche Bank oder jedes FinTech mit den Daten der Nutzer gar nicht so viel anfangen können, weil sie eben nicht eine solche 360-Grad-Sicht auf den Kunden haben wie Google, Apple, Facebook oder Amazon.
Doch ob der Vertrauensvorsprung, den das rote S in der App mit sich bringt, ausreicht, ist angesichts der zahlreichen Me-too-Systeme im Mobile Payment fraglich. Denn hinter einer solchen Insellösung steht technisch mehr als nur eine App. Sämtliche relevanten Kassensysteme und POS-Terminals müssen entsprechend eingerichtet werden, auch wenn im Prinzip vieles dank NFC-Konfiguration genormt ist.
Sparkasse sollte ihren Kunden die Wahl lassen
Abgesehen davon wäre es ein fairer Zug der Sparkassen, wenn sie ihren Nutzern die Wahl ließe, ob diese sich für Google Pay oder Apple Pay (wenn es denn endlich mal auch hierzulande auf den Markt kommt) oder für die mobile Bezahllösung der Sparkassen entscheiden. Denn gerade jüngere und technikaffine Kundensegmente weisen eben nicht mehr die Loyalität auf, auf die gerade die Sparkassen in den letzten Jahrzehnten bauen konnten. Und ehrlich gesagt müssen sie das auch nicht – sie haben angesichts zahlreicher FinTechs und der PSD2-kompatiblen Anwendungen, die schon da sind und noch kommen werden, einfach die Wahl, Finanzdienstleistungen in der gewünschten Form zu kombinieren. tw
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