So bringt die Crowdinvesting-Plattform Wiwin die Tomorrow-Bank in die Blockchain
Die Hamburger Neobank Tomorrow will Nachhaltigkeit im Banking schaffen. Mit Hilfe der Online-Plattform für nachhaltige Investments Wiwin sollen Privatanleger nun die Möglichkeit erhalten, in die Neobank zu investieren. Ab Dienstag dieser Woche soll im Zuge der Crowdinvesting-Kampagne mit einer veranschlagten Zielsumme von zwei Millionen Euro privates Investorengeld eingesammelt werden. Möglich wird dies über ein digitales Wertpapier auf Blockchain-Basis. IT-Finanzmagazin hat mit Gunter Greiner, dem Leiter Portfoliomanagement bei Wiwin über die technischen Hintergründe gesprochen.
Der im Jahre 2018 von Jakob Berndt, Inas Nureldin und Michael Schweikart gegründete Banking-Anbieter Tomorrow finanziert mit seinen Kundeneinlagen ausschließlich nachhaltige und soziale Projekte und nimmt damit eine Vorreiterrolle im europäischen Finanzmarkt ein. Tomorrow will dabei unter Offenlegung sämtlicher wichtigen Aspekte der Unternehmensarbeit transparent für die Kunden sein. Auch die geschäftliche Verwendung der finanziellen Mittel sowie zentrale Kennzahlen werden offen kommuniziert. So soll der Kunde umfassend nachvollziehen können, inwieweit sein Finanzdienstleister – und damit auch er selbst – einen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leistet.Wir freuen uns sehr, das Tomorrow-Crowdinvesting mit Wiwin umzusetzen. Wir verfolgen eine gemeinsame Vision und können durch die Kampagne einen entscheidenden Beitrag zum Wandel der Finanzwelt leisten.“
Michael Schweikart, Gründer Tomorrow
Durch die Crowdinvesting-Kampagne mit einem Investitionsvolumen von zwei Millionen Euro soll das weitere Wachstum Tomorrows nachhaltig gestärkt werden. Privatpersonen können hierbei ab 20. Oktober Genussrechte zeichnen und so von einer potenziellen Wertsteigerung des Unternehmens profitieren. Über die Gewinn- und (mögliche) Exitbeteiligung per Basisverzinsung von 5,00% p.a. besteht die Chance, das eingesetzte Kapital zu vervielfachen. Investiert werden kann dabei schon ab einer Mindestbeteiligung von 100 Euro; die maximale Investitionssumme liegt bei 25.000 Euro.
Die geplante Kampagne bietet auch auf technischer Seite einen hohen Innovationsgrad.
Es handelt sich um das erste nachhaltige digitale Wertpapier in Deutschland. Durch den innovativen Einsatz der Blockchain-Technologie werden sogenannte Security Token erzeugt, die den Genussrechten die Eigenschaften von Wertpapieren verleihen und so beispielsweise eine spätere Übertragung und einen Handel vereinfachen.“
Matthias Willenbacher, Gründer Wiwin
Wiwin will den Anlegern dabei einen sicheren und unkomplizierten Prozess zusichern. Die Transaktionskosten und -zeiten können dank dezentraler Infrastruktur deutlich reduziert werden. Über die technischen Hintergründe haben wir mit Gunter Greiner, dem Leiter Portfoliomanagement bei Wiwin über die technischen Hintergründe gesprochen.
Die auf Nachhaltigkeit bedachte Neobank Tomorrow will mit Wiwin Investorengelder einsammeln. Wie läuft das genau und was trägt Wiwin hierzu an Know-how bei?
Gunter Greiner: Wiwin hat die Crowdinvesting-Kampagne für Tomorrow geplant und strukturiert. Wir haben für das Unternehmen beispielsweise einen mobile-optimierten Investitionsprozess entwickelt. Das bedeutet, Investitionen sind nicht nur über unsere Online-Plattform www.wiwin.de möglich, sondern die Tomorrow-Kunden können auch direkt aus der Banking-App in das Unternehmen investieren. Wir sorgen darüber hinaus für die technische Infrastruktur zur Kundenkommunikation und zur Anlegerverwaltung.
Gehen wir mal etwas tiefer in die Technik rein: Sie arbeiten mit Tokenisierung und Blockchain-basiert… wie funktioniert das genau?
Um einen Vermögenswert auf der Blockchain abzubilden, werden über einen Smart Contract sogenannte Token ausgegeben, es findet eine Tokenisierung statt. Diese Token repräsentieren den Vermögenswert inklusive der enthaltenen Rechte und Pflichten. Die digitalen Wertpapiere sind dabei frei übertrag- und handelbar, anders als die regulären Genussrechte oder Nachrangdarlehen, die sonst häufig im Rahmen von Crowdinvesting-Kampagnen ausgegeben werden.
Bei klassischen Wertpapieren sind bei der Strukturierung und Verwahrung eine Vielzahl an Finanzintermediären wie Zentralverwahrer, Zahlstelle und Depotbank nötig, die durch die Blockchain überflüssig werden.
Alle Transaktionen werden dort dezentral gespeichert und über den zugrundeliegenden Konsensmechanismus verifiziert. Das reduziert die Transaktionskosten und beschleunigt die Prozesse.“
Gunter Greiner, Leiter Portfoliomanagement Wiwin
Das läuft aber alles im Hintergrund ab, für die Anleger ändert sich gegenüber anderer Crowd-Emissionen erst mal nichts.
Wie sieht es mit der sozialen Verträglichkeit von Blockchain-Lösungen aus? Zumindest das Mining blockchainbasierter Werte ist ressourcenhungrig – ist das bei einer reinen Werteverwaltung per Blockchain anders?
Für das Mining werden tatsächlich Ressourcen verbraucht, beispielsweise wenn Transaktionen auf der Blockchain getätigt und bestätigt werden. Das können wir aktuell leider nicht verhindern.”
Gunter Greiner leitet das Portfolio Management bei Wiwin, der Online-Plattform für nachhaltige Investments. Er verfügt über 20 Jahre Investment-Erfahrung bei verschiedenen Fonds- und Beteiligungsgesellschaften insbesondere im Nachhaltigkeitsbereich und sitzt in diversen Aufsichts- und Beiräten. Als langjähriger Begleiter der Energiewende kennt sich Gunter Greiner bestens mit den wirtschaftlichen Einflussfaktoren nachhaltiger Investments aus..
Was man aber bedenken muss: Auch in der „klassischen“ Produktwelt ist jede Transaktion mit gewissen Ressourcenverbrauch verbunden, die Blockchain ist da also keine Ausnahme. Wir arbeiten für die Tomorrow-Kampagne auf der Ethereum-Blockchain, die schon bald auf das neue Proof-of-Stake-Konzept umgestellt werden soll. Hier wird der Ressourcenverbrauch stark sinken – wovon wir dann zukünftig auch profitieren werden.
Viele Anwender schrecken bislang aufgrund fehlender Regulierung noch vor der Blockchain zurück. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen wünschen Sie sich seitens der Politik?
Bei der Blockchain stehen wir bei den rechtlichen Rahmenbedingungen tatsächlich noch am Anfang. Insbesondere was einen organisierten Zweitmarkt betrifft, gibt es aktuell noch keine verbindlichen Regelungen. Darüber hinaus ist noch nicht ganz klar, welche Lizenzen zur Registerführung zukünftig für welche Dienstleistungen benötigt werden. Wir hoffen natürlich, dass die Politik die Auflagen für die verschiedenen Lizenzen nicht so hoch ansetzt, dass junge und innovative Unternehmen sie dann nicht mehr erfüllen können. Das würde die Nutzung dieser Zukunftstechnologie massiv einschränken.
Welche möglichen Anwendungsformen im Bereich der Geldanlageprodukte sehen Sie noch, wenn es um blockchain-basierte Verfahren geht?
Es ist sicherlich möglich, dass ein Teil der Anlegerverwaltung und Zahlungsabwicklung automatisiert über Smart-Contract-Lösungen laufen, die auf einer Blockchain basieren. So können dann auch recht komplexe Produkte leichter strukturiert und betreut werden – beispielsweise ein Finanzprodukt, das die Anleger direkt und unmittelbar am erzeugten und verkauften Strom eines Solarparks beteiligt. Das würde viele Prozesse weiter vereinfachen.
Herr Greiner, herzlichen Dank für dieses Gespräch. tw
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