Roland Berger: Andere Branchen sind vom Strukturwandel stärker betroffen als Banken und Versicherer
Digitalisierung, Fachkräftemangel, nachlassende Innovationskraft sowie protektionistische Tendenzen – in vielen Branchen ist ein Strukturwandel dringend nötig. Doch viele Unternehmen machen sich das nicht rechtzeitig bewusst, bzw. sind darauf nicht ausreichend vorbereitet, zeigt die Roland Berger-Studie “Sturmtief voraus!“.
Trotz guter Konjunktur glauben 88 Prozent der befragten Restrukturierungsexperten, dass ein branchenspezifischer Strukturwandel für Anpassungsbedarf sorgt. Dazu kommen der technologische Wandel (ca. 86%) und der globale Wettbewerb (75%). Vor allem deutsche Vorzeigeindustrien wie Automobil (ca. 95%), Anlagenbau (ca. 87%) und Handel (ca. 84%) werden Veränderungen stark zu spüren bekommen.Banken und Versicherer stehen noch recht gut da
“Die Veränderungen bergen auch Wachstumschancen”, sagt Sascha Haghani, Co-Geschäftsführer in der DACH-Region und globaler Leiter des Competence Center Restructuring und Corporate Finance von Roland Berger. “Allerdings gilt das nur für Unternehmen, die Entwicklungen aktiv mitgestalten. Doch genau das gelingt vielen Unternehmen noch nicht.”
Die Gründe: Managementfehler (90%), neue Wettbewerber (ca. 78%) sowie disruptive Technologien (ca. 74%). “Unternehmen müssen schneller auf unvorhergesehene Veränderungen reagieren können, nur so können sie zukunftsfähig bleiben.”
Verschiedene Branchen – unterschiedliche Herausforderungen: In ihrer Studie haben die Experten von Roland Berger sechs wichtige Industriebranchen in Deutschland genauer analysiert:
Finanzindustrie: Gefangen in dauerhafter Transformation
Die Banken kämpfen mit innovativen FinTechs, anspruchsvolleren Kunden, Margendruck und wachsenden regulatorischen Anforderungen. Die Branche braucht echte Innovation, um ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Hilfreich sind strategische Kooperationen mit externen Partnern, optimierte Prozesse sowie eine schnellere und flexiblere Organisation.
Konsumgüter und Handel: Umbruch voll im Gange
Im Handel und Großhandel läuft der Umbruch schon länger, er ist aber bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Disruptive digitale Entwicklungen haben vor allem die Geschäftsmodelle klassischer Händler erodiert. Hier heißt es schnell gegenzusteuern, um den Wettlauf um die Kunden nicht zu verlieren. Denn die wollen heute parallel über On- und Offline-Kanäle einkaufen. Bis 2022 werden die E-Commerce-Umsätze weltweit um 65 Prozent wachsen – auf rund 2,6 Billionen Dollar. Investitionen in digitale Technologien sind daher unerlässlich.
Automobilindustrie: Im Jahrhundertwandel
Trends wie E-Mobilität, autonomes Fahren oder neue Mobilitätskonzepte wie Car Sharing und Ride Hailing bedrohen zunehmend das traditionelle Geschäftsmodell der Autoindustrie, das bisher auf dem Verkauf von Fahrzeugen beruht. Die Branche muss sich umfassend für eine neue Generation von Mobilitätsnutzern öffnen und passende datengetriebene Geschäftsmodelle entwickeln. Dass hier Investitionen nötig sind, haben auch Venture Capital-Investoren erkannt: Ihre Investitionen in Mobilität stiegen von 2016 auf 2017 um 130 Prozent.
Energiewirtschaft: Sinkende Margen, hohe Verschuldung
Die Energieversorger kämpfen seit Jahren mit sinkenden Gewinnmargen im Erzeugungsgeschäft. Waren es vor zehn Jahren noch über 20 Prozent (EBITDA), sind es heute nur noch 6 Prozent. Dazu kommt eine hohe Verschuldung: Jedes fünfte Unternehmen ist bereits nicht mehr kreditwürdig. Zwar hat die Branche bereits reagiert, doch Trends wie eine zunehmend dezentralisierte Energieerzeugung, die Abkehr von fossilen Brennstoffen oder die Sektorenkopplung erfordern weitere Anpassung. Netzbetreiber sollten neue Geschäftsfelder erschließen, etwa Ladeinfrastrukturen, dezentrale Erzeugungstechniken und Mobilitätsplattformen.
Maschinenbau: Trügerische Sicherheit durch gute Lage
Die zahlreichen Hidden Champions des deutschen Maschinenbaus sind relativ gut durch vergangene Krisen gekommen. Auch im aktuell schwierigen politischen und wirtschaftlichen Umfeld behauptet sich die Branche weiter. Doch der Druck steigt: Abnehmer brauchen weniger Kapazitäten, Additive Manufacturing und neue Wettbewerber nehmen Marktanteile weg. Potenzial bieten Service-Angebote und neue Einsatzbereiche für vorhandene Technologien. Dafür braucht es eine gute Datenbasis und entsprechende Ressourcen.
Gesundheitswesen: Revolution rückt näher
Das Internet mit seinem Angebot an hochwertigen medizinischen Informationen verändert die Rolle von Patienten und Ärzten genauso wie datengestützte Diagnosen auf Basis künstlicher Intelligenz. Herausforderungen wie der demografische Wandel, Fachkräftemangel und der Zwang zu Effizienz kommen dazu. Die Akteure müssen Patientenbedürfnisse besser analysieren, maßgeschneiderte Angebote entwickeln und verstärkt in digitale Geschäftsmodelle investieren.
Die die Roland Berger-Studie “Sturmtief voraus!” können Sie hier kostenlos herunterladen.aj
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