Regulierung – eine Raketenwissenschaft?
Nachdem sich der Hype rund um das Thema Fintech ein wenig legt und die neuen Unternehmen vermehrt in der Realität ankommen, rückt ein Thema an die Oberfläche, das Banken schon lange und FinTechs auch zunehmend beschäftigt: Die Regulierung des betriebenen Geschäfts. Doch das ist alles gar kein Hexenwerk – sagt André Bajorat, einer der führenden Köpfe der FinTech-Szene.
von André Bajorat
Insider der Bankenszene kennen das Thema Regulierung schon länger – und nach 2009 ist es in Banken maßgeblich geworden. Schaut man auf Veranstaltungen mit und für Banker, hat man das Gefühl, das dieses Thema durchaus sehr einnehmend ist. Die Aufwände dafür seien enorm – zuletzt sprach DSGV-Präsident Fahrenschon von “Eine mittelgroße Sparkasse muss heute allein 15 Sonderbeauftragte beschäftigen, die sich um Regulatorik kümmern.“.Begriffe wie Basel I bis III, MaSin, MaRisk waren eher Banker-Nerd-Sprech und haben in der breiteren Öffentlichkeit keine große Aufmerksamkeit genossen. Nun aber kommen vermehrt Themen um die Ecke, die durchaus in einer breiteren Öffentlichkeit und zudem für neue Player – sogenannte FinTechs – eine Relevanz haben.
Als Beispiele seien die bereits erfolgte Interchange-Reduzierung, das Kleinanlegerschutzgesetz, die anstehenden Abschaffung der Schriftformerfordernis, das Zahlungskontengesetz oder die PSD2 genannt. Alles Themen die neben den Banken selber auch die neuen Player auf dem Markt betreffen.
Und spätestens jetzt muss man aus meiner Sicht mehrere Mythen aus der Welt schaffen:
1. Regulierung ist schlecht und macht nur Aufwand2. Regulierung verstehen nur Banken
3. Regulierung schützt die klassischen Banken/Finanzdienstleister
André M. Bajorat ist geschäftsführender Gesellschafter von figo.io , einem „Banking Service Provider“ in Europa. Zudem ist er Herausgeber des FinTech-Blogs www.paymentandbanking.com und Initiator des Branchenpreises fintech-of-the-year.com. Zuvor war Bajorat CEO bei NumberFour, Geschäftsführer bei giropay, dem Online-Payment System der deutschen Banken, sowie Mitglied der Geschäftsleitung von Star Finanz, dem Unternehmen das hinter Produkten wie StarMoney steht.
Zu eins kann man sagen:
Danke an „den“ Regulierer für die Interchange-Reduzierung und die Öffnung des europäischen ZV-Raumes durch SEPA. Diese nicht bei allen Marktteilnehmern beliebten Themen haben eine neue Ära eingeleitet und machen den SEPA-ZV Raum vergleichbar groß wie den amerikanischen. Das Zahlungsverkehr keine Grenzen mehr kennt, ist einfach nur gut und reduziert für uns Nutzer und auch für Anbieter von Diensten und Services die Komplexität ungemein.
Zu zwei ein Beispiel:
Die Erlaubnis der von Banken inzwischen mit Freude und in der Breite genutzten Video-Legitimierungsdienste wie IDnow wurde nicht von Banken vorangetrieben, sondern von einem StartUp – IDnow. Und auch die PSD2 ist in Teilen ein Ergebnis des unnachgiebigen Einsatzes der Kollegen der sofort. Hier wurden Gesetze von Playern auf den Markt gebracht, denen man heute oft noch vorwirft, „Welpenschutz“ zu haben oder zu fördern oder gar bewusst Regulären außer acht zu lassen. Dies war ggf. ganz am Anfang der Fintech-Euphorie der Fall, ist aber lange vorbei. Fintechs sind Treiber neuer Regeln und ich kenne kein Fintech, welches nicht Adhoc weis, in welchen rechtlichen Rahmen es gehört. Man kann schon fast sagen, dass viele Fintechs fast schon so etwas wie Experten der Regulierung für ihr jeweiliges Gebiet sind. Hier hilft die Spezialisierung auf genau ein Themengebiet natürlich. (zudem sind die Anwälte von Bank und Fintech oft dieselben :-)
Zu drei:
Sowohl Zahlungskontengesetz als auch die Umsetzung der PSD2 inkl. der Verpflichtung zu XS2A öffnen neuen Playern, die nicht Banken sind, komplett neue Möglichkeiten für innovative Geschäftsmodelle. Ganz bewusst wurde hier ein Markt geöffnet, der bisher nahezu nur Banken bereitstand. Hier sollen Wettbewerb gefördert werden und bessere Lösungen im Sinne der Kunden entstehen.
André M. BajoratRegulierung ist weder eine Raketenwissenschaft noch ein Monopol oder Schutzschild der Banken.”
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