PSD2 und das kontaktlose Bezahlen: Verwirrendes Chaos um die neue PIN‑Eingaberegeln
Mitte Januar ist die PSD2 (Payment Service Directive 2) in Kraft getreten. In der Berichterstattung stand dabei das Surcharge-Verbot, also die Untersagung an die Händler, zusätzliche Gebühren z. B. für den Einsatz einer Kreditkarte zu verlangen, im Vordergrund. Auch das Thema XS2A, der indirekte Zugriff auf das Girokonto durch dritte Dienstleister nahm einigen Raum ein. Was aber so gut wie gar nicht vorkam, sind die neuen Regeln für die PIN-Eingabe beim kontaktlosen Bezahlen. Aber gerade da wird es interessant!
von Rudolf Linsenbarth
Bisher galt, unter 25€ keine PIN, bei Beträgen darüber PIN oder vereinzelt, wenn die Karte noch auf Signature steht, eine Unterschrift.VISA hatte darüber hinaus noch den Banken gestattet, das Limit auf 50€ zu erhöhen. Diese Limit-Erhöhung bewegt sich noch im Rahmen der PSD2 Regeln!
Was aber neu ist, zu jeder Karte muss es von nun ab 2 Zähler geben.”
Der erste Zähler bezieht sich auf die Anzahl der kontaktlosen Transaktionen ohne PIN und der zweite ist für die kumulierte Summe aller kontaktlosen Transaktionen ohne PIN seit der letzten Transaktion mit PIN. Die meisten Banken haben die Vorgabe bei ihren kontaktlosen Kreditkarten noch nicht umgesetzt. Die BaFin als Aufsichtsbehörde scheint sich dafür auch nicht sonderlich zu interessieren.
Wer trotzdem wissen will, wie sich das anfühlt, kann das mit der kontaktlosen girocard ausprobieren.”
Die Implementierung der Genossenschaftsbanken und Sparkassen zeigt folgendes Verhalten:
Wenn der Transaktionszähler den Schwellwert erreicht, muss auch bei Beträgen unter 25€ eine PIN eingegeben werden. Das gilt auch für wiederkehrende Zahlungen unter 25€. Die Aufforderung der PIN-Eingabe verschwindet erst, wenn mit der Karte eine kontaktbehaftete Zahlung erfolgt. Bei der YOMO Karte reichte aber auch eine Kontostand-Abfrage am Geldautomaten, bei der die Karte gesteckt wird und die PIN eingegeben werden muss.
Damit man versteht, warum der Zähler bei einem kontaktlosen Bezahlvorgang mit PIN nicht zurückgesetzt wird, hilft es, die Implementierung näher zu betrachten:
Der Zähler ist derzeit auf dem Chip der Karte und nicht im Backend der Bank.”
Damit der Zähler erfolgreich genullt wird, muss die Karte zum Zeitpunkt der PIN-Eingabe eine stabile Verbindung mit dem Terminal haben. Bei einer kontaktlosen Zahlung allerdings wird die Karte kurz ins Feld gehalten und anschließend wird die PIN eingegeben. Dieses Verfahren ist die Online-PIN-Autorisierung, das heißt die PIN wird im Backend der Bank geprüft. Bei einer Offline-Prüfung wird die PIN direkt in den Smartcard-Chip geleitet und auf der Karte verarbeitet. Dabei wird dann auch der Transaktionszähler zurückgesetzt.
PIN … und noch eine Variation
Eine leichte Variation der Zählerimplementierung sieht man übrigens bei der giroacrd der Targobank. Diese kam im September letzten Jahres als kontaktlose Variante auf den Markt. Nur ist hier nicht die girocard-Applikation, sondern die Co-Badge VPAY-Funktion von VISA kontaktlos (IT-Finanzmagazin berichtete). Auch hier gibt es einen Transaktionszähler. Dieser kann ebenfalls nur mit einer kontaktbehafteten Transaktion zurückgesetzt werden. Ein entscheidender Unterschied ist aber, dass bei Erreichen der Zählergrenze kontaktlose Zahlungen überhaupt nicht mehr möglich sind. Der Kunde wird ultimativ aufgefordert, seine Karte zu stecken.
Fazit: Nicht wirklich durchdacht
Wie sinnlos der doppelte Zähler (5 mal Kleinbetrag Transaktionen in Folge und maximal 150 € in Summe) ist, zeigt allein die Tatsache, dass der zweite Zähler von beiden girocards bei einem Schwellwert von 25 € gar nicht erst erreicht werden kann.
Denn: 5 x 25 € gibt nur 125 €.”
Wie sinnlos der doppelte Zähler (5 mal Kleinbetrag Transaktionen in Folge und maximal 150 € in Summe) ist, zeigt allein die Tatsache, dass der zweite Zähler von beiden girocards bei einem Schwellwert von 25 € gar nicht erst erreicht werden kann.
Denn: 5 x 25 € gibt nur 125 €.”
Wer diese Karten intensiv für kontaktloses Bezahlen nutzt, wie dem täglichen Bezahlen in der Kantine, hat einen weiteren Indikator wann das Wochenende beginnt. Nämlich am Freitag, wenn für einen Betrag von 4,50€ eine PIN erforderlich ist oder die Karte auch noch zusätzlich gesteckt werden muss.
Ärgerlicher wird es, wenn der Kunde auf einen Verkaufsautomaten für Reiseproviant trifft. Für Park- und Ticketautomaten, sowie für öffentliche Toiletten gibt es eine Ausnahmegenehmigung. Warum eigentlich nicht für Automaten generell, und wenn diese noch zusätzlich ein Tastenfeld für die PIN-Eingabe bekommen aber der Einsteckleser fehlt, ist man mit der Targobank-Karte trotzdem außen vor.
Sinnvoller wäre es da doch, die Zähler im Banken-Backend zu verankern. Dann müsste zwar jede kontaktlose Zahlung in Zukunft online autorisiert werden, aber in Zeiten von Tokenisation geht der Trend sowieso in diese Richtung!”Rudolf Linsenbarth
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