ARCHIV13. Oktober 2023

Wird die Payback-Kooperation zum strategischen Irrweg für die Sparkassen?

Die Sparkassen verlieren teils gute lokale Programme zu Lasten von Payback und zahlen zudem einen hohen zweiten Preis in Euro!
Montage

In diesen Tagen soll der Kooperationsvertrag der Sparkassen mit Payback unterzeichnet werden. Gefeilscht wurde wohl wie auf dem Basar. Für Payback bringt die Kooperation nur Vorteile, für die regionalen Sparkassen auch deutliche Risiken.

In diesen Tagen soll der Kooperationsvertrag zwischen Payback und den Sparkassen unterzeichnet werden. Vor gut einem Jahr wurden erstmals die unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit stattfindenden Verhandlungen publik. Auf Seiten der Sparkassen verhandelt die S-Markt & Mehrwert, der Anbieter von medialen Kundenservices und Mehrwertleistungen in der Sparkassen-Finanzgruppe, Tochter des Deutschen Sparkassen Verlags (DSV), seither mit dem größten deutschen Bonusprogramm-Anbieter.

Die Nutzer einer Sparkassen-Girocard sollen künftig durch deren Einsatz Punkte beim größten deutschen Loyalty-Dienst Payback (rund 31 Millionen Nutzer) sammeln können. Weder Deutsche Sparkassen-Verlag noch Payback wollen bislang die Einigung bestätigen. Es heißt lediglich:

„Das Ziel der Sparkassen ist es, ihren Kundinnen und Kunden innovative Mehrwertangebote bereitzustellen. Dazu stehen wir mit Payback in Gesprächen, um die Reichweite unserer Angebote zu erhöhen. […] Es ist daher aus unserer Sicht naheliegend, hier intensiv die Schnittmengen zu prüfen, um letztendlich auch für unsere Kundinnen und Kunden gewisse Prozesse zu vereinfachen. Selbstverständlich liegt unser Fokus – wie bei allen Produkten – auf dem Datenschutz und der Freiwilligkeit: Im Falle einer Einigung würde jede der 353 Sparkassen selbst über die Teilnahme entscheiden – und die Kundinnen und Kunden haben natürlich auch immer die Wahl.“

Autorin Anja Küner
Anja Kühner ist freie Journalistin in Düsseldorf. Sie schreibt schwerpunktmäßig über die Finanzbranche, KI und Cybercrime sind ihre Steckenpferde. Für einen Artikel über Banking-Vergleichsplattfomen wurde sie als Fachjournalistin des Jahres 2014 ausgezeichnet.
In die Verhandlungen Involvierte nennen derzeit als aktiven Start der Kooperation den Jahresanfang 2024. In der Endphase der Verhandlungen sei „gefeilscht worden wie auf einem Basar“, heißt es. Für die Chance auf eine attraktivere Girocard mittels des Payback-Bonusprogramms werden die Sparkassen tief in die Tasche greifen.

Angeblich werden sie 45 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren an Payback zahlen, statt für ihren Schatz an Kundendaten Geld zu erhalten.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass allein der Betrieb des Systems die Institute wohl jeden Monat zwischen 40 und 50 Cent pro Kunde kosten werde – egal, ob dieser das Angebot nutze oder nicht. Wegen gestiegener Betriebskosten verkündete Payback-Eigentümerin American Express vor einigen Tagen eine Kürzung der über ihre Payback-Kreditkarte zu sammelnden Punkte.

Statt wie bisher einen Punkt für je 2 Euro Umsatz erhalten Kunden ab Dezember einen Punkt für je 3 Euro Umsatz – ein Drittel weniger.

Insider werten dies aber auch als Zeichen einer vorbereitenden Anpassung auf das Punktesammeln per Sparkassen-Girocard.

Klare Vorteile für Payback

Für Payback liegen die Vorteile einer Kooperation mit den Sparkassen klar auf der Hand. Dem Bonusprogramm sind in der Vergangenheit etliche große Partner wie Aral oder Rewe abhanden gekommen.

Die rund 47 Millionen Sparkassenkundinnen und -kunden würden das eigene Gewicht im Markt wieder deutlich stärken. Dafür lassen sich die Sparkassen wohl zusichern, dass in den kommenden fünf Jahren keine andere Bank ins Payback-Universum aufgenommen wird.

Zudem fehlt dem Bonusprogramm derzeit eine einfache Cashback-Funktionalität. Bislang versteckt Payback diese – das Programm ist darauf ausgelegt, dass die gesammelten Payback-Punkte nur bei den teilnehmenden Einzelhändlern in Form von Rabatten eingelöst werden. Die Möglichkeit eines Pay-Out aufs ein Konto eines Partners würde da ein enorm attraktives Angebot sein.

Dies konterkariert jedoch in Teilen die Position vieler Sparkassen. Sie haben in den vergangenen Jahren mit viel Mühe, Engagement und Kosten mithilfe von S-Markt & Mehrwert lokale und regionale Netzwerke aufgebaut, bei denen auch S-Cashback an Bord ist. „S-Cashback: Aus der Region – für die Region“, heißt es auf deren Webseite. Und weiter:

„Die Sparkassen-Bezahlkarten funktionieren wie regionale Kunden-/Bonuskarten.“

Zu den rund 10.000 Partnern gehören auch überregionale Akteure wie Edeka und der Baumarkt Toom, ebenso wie die Restaurantketten L’Osteria, Bar-Celona, McDonalds und Burger King. Sparkassen mit funktionierenden eigenen Mehrwertprogrammen fragen sich nun, ob ihr S-Cashback-Programm überflüssig wird. Denn für die Sparkassen ist Payback der Hebel, um an die großen überregionalen Händler zu kommen.

S-Cashback-Nutzungsrate liegt bei zwei Prozent

Allerdings machten einige Sparkassen auch die Erfahrung, dass das Sparkassen-eigene Bonusprogramm von ihren Kunden nicht unbedingt gut angenommen wurde. Ein Großteil dieser Programme fristet ein fast ungenutztes Schattendasein, unter anderem „weil die überregionalen Einzelhändler nicht dabei sind“, wie ein Brancheninsider erläutert.

Die Nutzungsrate von S-Cashback beträgt etwa zwei Prozent – das ist sicher für Payback enttäuschend.“

Es sei die Frage, ob die Sparkassen in den Verhandlungen wirklich mit dieser geringen Nutzerrate agieren oder anders aufbereitete Zahlen vorgelegt haben. In der Sparkassen-Statistik würden vermutlich Payback gegenüber auch die vielen Händler mitgeschleppt, die keinerlei Transaktionen getätigt haben. Knapp acht Prozent aller S-Cashback-Partner betreffe das. Viele dieser Händler würden vermutlich nicht mehr existieren. Für die Sparkassen würde daher der Zugang zu Payback die Attraktivität ihrer Girocard enorm steigern – mit Potenzial zur Gewinnung neuer Kunden im Vergleich mit Direkt- oder Neobanken.

Hinter den Kulissen herrscht im Sparkassenlager Unmut

Rigide Verschwiegenheitsverpflichtungen (NDAs) führen dazu, dass der Stand der Verhandlungen eine Black Box ist. Kein Wunder, dass Gerüchte ins Kraut schießen. Es heißt beispielsweise, dass Payback zugesagt worden sei, zum Start der Kooperation würden 280 Sparkassen mitmachen. Diese Anzahl sei bisher nicht erreicht worden, was ein Hauptgrund für die Verschiebung des ursprünglichen Zeitplans gewesen sei. Oder dass viele Sparkassen nur online mitmachen wollen, nicht aber bei Einkäufen in den Läden. Oder dass wegen der Bäckereikette Kamps alle regionalen Bäckereien-Partner des bisherigen S-Cashback-Programms rausgekickt würden. Oder dass die regionalen Partner ins Payback-Programm mit eigenem Logo integriert würden und damit Payback noch viel mehr Vorteile durch eine deutlich gestiegene Anzahl seiner Partner hätte.

Ein mit Mehrwertprogrammen im Banking vertrauter Experte stellte IT Finanzmagazin gegenüber zudem die Frage, was passiere, wenn die Sparkassengruppe die zugesagten Teilnehmerzahlen nicht erreiche. „Hat sich Payback für diese Fall ein einseitiges Kündigungsrecht gesichert?“ Dann würden im ersten Schritt die lokalen Bonusprogramme in Frage gestellt und mittelfristig fiele dann auch Payback aus, sodass die betreffenden Sparkassen vielleicht wieder ohne Bonusprogramme dastünden.

Die Payback-Kooperation wird erfolgreiche Sparkassen-Programme wie den "HaspaJoker" nicht freuen!
Läuft … HaspaJoker

Sven Sahlberg hat bei mehreren Sparkassen Mehrwertbanking eingeführt, unter anderem HaspaJoker (Website). Als Experte auf dem Gebiet von Mehrwertdiensten und Bonusprogrammen hat er eine klare Meinung zu der Kooperation von Sparkassen mit Payback:

Der zentralen Sparkassenorganisation ist offenbar nicht bewusst, was für die Institute auf dem Spiel steht – nämlich ihre regionale Glaubwürdigkeit. Die regionale Nähe ist ihr wichtigstes Gut – und dies wird durch die Kooperation unterminiert.“

Die Sparkassen würden so einen Schritt in Richtung Austauschbarkeit mit überregionalen Großbanken oder Smartphonebanken gehen.

Sahlberg sieht zudem „die Gefahr, dass die Sparkassen die Steuerung aus der Hand geben“. Er hält daher die „strategische Stoßrichtung für einen fatalen Irrweg“. Ihm sei derzeit keine Marktforschung oder Kundenbefragung zu diesem Thema bekannt.

Ich sehe das Risiko, dass die zentralen Sparkassenorganisationen an den lokalen Bedürfnissen der Institute ebenso wie an den Kundeninteressen vorbei entscheiden.“

Sven Sahlberg, Marketing-Experte hinter HaspaJoker

Ein Vorteil für Kunden sei, dass sie künftig nur noch eine statt zwei Karten beim Bezahlen zücken müssten. Aber: „Ist das ein echter Vorteil? Die Kunden können ja auch so mit einer Payback-Karte unabhängig von der Sparkasse Punkte sammeln.“Anja Kühner

UPDATE 17:10: Aufgrund eines guten Leserhinweises (siehe unten) haben wir den Absatz zur Payback-Bonusprogramm-Cash-Auszahlung angepasst. Es ist möglich (wenn auch gut versteckt) sich Punkte in Bargeld auszahlen zu lassen, siehe https://www.payback.de/info/mein-payback/banktransferredemption .

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