Open Disruptive Innovation: FinTech-Förderung habe für die EU hohe Priorität
Die EU will im Rahmen von “Horizont 2020” mit dem KMU-Instrument Projekte hoch-innovativer Startups und KMUs fördern. Wer mit seinem Antrag Erfolg hat, erhält bis zu 2,5 Millionen Euro. Wir sprachen mit Kumardev Chatterjee, dem Präsidenten des European Young Innovators Forum (EYIF) über die Chancen, die sich insbesondere für Fintech-Startups und -KMUs eröffnen.
Herr Chatterjee, das so genannte KMU-Instrument soll im Rahmen von Horizont 2020 innovative Projekte von KMUs und Startups fördern. Dabei gäbe es mehrere Themenbereiche, in denen Startups Anträge einreichen können, heißt es. Welche davon sind denn für Fintech-Startups in Deutschland relevant?
Ist ODI der Einzige Bereich oder könnten Projekte im Fintech-Bereich auch noch in andere Kategorien passen?
Für einige ist es sinnvoll, einen Antrag in anderen Bereichen einzureichen – beispielsweise im Bereich „SME Business Model Innovation”. Annahme ist dort, dass Technologien und Dienstleistungen als solche keinen spezifischen Wert haben. Diesen erhalten sie erst durch ihr zugrunde liegendes Geschäftsmodell. Auch dieser Bereich hat einen Fokus auf die Internationalisierung innovativer Geschäftsmodelle.
Durch das KMU-Instrument werden einzelne Startups gefördert, sie müssen nicht unbedingt ein Konsortium bilden. Immerhin geht es dabei je Projekt um bis zu 2,5 Millionen Euro – welche Fintech-Startups kommen für eine Förderung überhaupt in Frage?
Kumardev Chatterjee: Es ist nur sinnvoll einen Antrag einzureichen, wenn einige grundsätzliche Kriterien erfüllt sind. Insbesondere muss man auch über die Fähigkeit verfügen, einen in sich stimmigen wie ambitionierten Antrag zu erstellen. Zudem muss der Innovationsgrad die herkömmlichen Lösungsansätze überschreiten. Das eigene Vorhaben sollte daher disruptiv sein.
Die “Disruption” ist bei ODI ja eine wesentliche Voraussetzung. Damit unterstützt die EU allerdings Geschäftsmodelle, durch die zum Beispiel Banken in Bedrängnis geraten. Warum fördert die Kommission einen solchen Wandel?
Trotz der bis dato eher geringen Investitionen in Fintech-Projekte hat dieser Bereich für die Zukunft hohe Priorität. So hat die Kommission erst kürzlich im Green Paper das Entwickeln neuer Technologien als einen „wesentlichen Treiber“ für eine voranschreitende Integration der Kapitalmärkte bezeichnet. Fintech erwähnt die Kommission dabei explizit und definiert diesen Bereich als Kombination innovativer Finanzdienstleistungen und anhand des Zugangs zu Kapital durch das Verwenden neuer – digitaler – Technologien. Kritik übt die Kommission an der gegenwärtigen Regulierung auf europäischer und nationaler Ebene für Firmen und Unternehmen. Diese hat mit der rasanten technologischen Entwicklung nicht Schritt gehalten hat. Die Vorteile der Digitalisierung werden in vielen Fällen daher gar nicht ausgeschöpft: Beispielsweise werden Informationen zwischen Firmen, Aktionären und Behörden meist noch auf dem Briefweg ausgetauscht. Auch können Aktionäre nur in seltenen Fällen auf elektronischem Wege abstimmen. Der Einsatz neuer Technologien auf dem Finanzmarkt kann Kosten deutlich senken und bestehende Grenzen zwischen den Mitgliedsstaaten überwinden. Sobald sich die regulatorischen Rahmenbedingungen den technischen Möglichkeiten angepasst haben, werden wir auch zunehmende Investitionen im Fintech-Sektor sehen.
Dies spiegelt sich auch im KMU-Instrument wieder – oder? Im Verhältnis hinken die geförderten Fintech-Projekte noch etwas hinterher. Welche Fintech-Startups hatten denn dort bis jetzt überhaupt Erfolg?
Mit Cinnober war bis dato lediglich ein Fintech-Startup mit einem Antrag in Phase 2 des KMU-Instruments erfolgreich. Während Startups in Phase 1 noch 50.000 Euro erhalten, sind es in Phase 2 zwischen 500.000 und 2,5 Millionen Euro. Ziel des von Cinnober geförderten Projekts ist, eine komplette Lösung für das gesamte Clearing von Bankkunden zu liefern. Risiken werden durch die Software über verschiedene Assets hinweg in Echtzeit dargestellt – sowohl für börsennotierte Unternehmen als auch für nicht an der Börse notierte Investitionsobjekte.
Als Fintech-Startup habe ich verschiedene Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung. Was unterscheidet das KMU-Instrument von anderen öffentlichen Förderinstrumenten oder auch von privatem Risiko-Kapital?
Das KMU-Instrument ist insofern ein völlig neuer Schritt der EU, als dass es nicht erforderlich ist, europäische Konsortien zu bilden. Die deutliche Mehrzahl der geförderten Projekte wird von einem einzelnen Startup durchgeführt. Sogar Startups mit nur einem einzelnen Gründer können Fördegelder beantragen. Ein zweiter wesentlicher Unterschied – verglichen mit anderen EU-Förderungen von Innovation – ist, dass das Instrument marktnahe Aktivitäten unterstützt. Viele andere Instrumente legen den Fokus eher auf Forschung und Entwicklung. Im Vergleich zum privaten Risikokapital fällt natürlich sofort auf, dass keine Anteile abgetreten werden müssen. Auch folgt die Beantragung strikt einem strukturierten Prozess. Es gibt eine objektive Begutachtung der eingehenden Anträge, während im Falle von privaten Investments die Entscheidung häufig von den subjektiven Interessen des Investors abhängt. Zudem hat die EU bei geförderten Unternehmen keinen Einfluss auf deren Entscheidungsprozesse – bei privaten Investoren ist dies häufig anders. Allerdings möchte ich auch darauf hinweisen, dass sich private Investments und eine Förderung durch das KMU-Instrument nicht ausschließen – im Gegenteil: Häufig ergänzen sie sich sogar sehr gut.
Danke Herr Chatterjee, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben!
Anlaufstelle für grundsätzliche Informationen sind die nationalen Kontaktstellen, in Deutschland: www.nks-kmu.de. EU Startup Services unterstützt Startups und KMUs bei der Antragsstellung. Das Unternehmen hat sich auf Anträge für das KMU-Instrument spezialisiert: www.eustartupservices.euaj
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