Open Banking: Zieht Apple den Stecker für PSD2 & Co.?
Der iPhone-Hersteller sorgt für Irritationen: In seinen Guidelines für MacOS- und iOS-Apps wurde beim jüngsten Update die Erlaubnis zum Einsatz von „öffentlichen APIs“ entfernt. Stehen nun Apps, die auf PSD2, HBCI oder FinTS setzen, vor dem Aus?
FinTechs, Finanzdienstleister und Software-Hersteller sind seit dieser Woche in heller Aufregung. Denn Apple hat in seinen Leitlinien für App-Entwickler am 1. Februar eine Änderung vorgenommen, die im Prinzip das Geschäftsmodell der Betroffenen in Frage stellt. Dabei wirkt die entsprechende Passage der „App Store Review Guidelines“ von Apple relativ unscheinbar. Hier findet sich im Kapitel 3, das sich mit den Geschäftsmodellen der App-Anbieter befasst, unter dem Punkt 3.2.1 in der Abteilung „Akzeptable Business-Modelle“ der folgende Unterpunkt:(viii) Apps used for financial trading, investing, or money management should come from the financial institution performing such services.
Die Sprengkraft dieser Vorgabe erschließt sich, wenn man den erläuternden Beitrag des IT-Konzerns liest, der die einzelnen Änderungen einordnet und begründet. Denn in der Update-Ankündigung findet sich die Aussage:
3.2.1(viii): Clarified who can create apps for these services. Removed option to use a public API.
Gestrichen wurde der Passus, der bislang ausdrücklich die Nutzung öffentlicher Schnittstellen genehmigte, solange dies in Übereinstimmung mit den Nutzungsbedingungen des Unternehmens geschah, das diese APIs zur Verfügung stellte. Von Dezember 2017 bis zum 31. Januar 2021 lautete der vollständige Absatz:
(viii) Apps used for financial trading, investing, or money management should come from the financial institution performing such services or must use a public API offered by the institution in compliance with its Terms & Conditions.
Konsequenzen nicht absehbar
Apple ist bekannt dafür, seine App-Store-Regeln zum Teil mit rigiden Maßnahmen durchzusetzen. So wurden in der Vergangenheit Apps zum Teil kurzfristig vollständig entfernt, zum Teil sogar Anbieter-Accounts ohne Vorwarnung stillgelegt. Zumindest auf iPhones und iPads können Anwendungen regulär ausschließlich aus Apples App Store installiert werden, so dass die App-Entwickler bei Problemen keine Ausweichmöglichkeit haben. Dementsprechend groß ist die Aufregung bei den Anbietern von Apps für Multi-Banking, Aktien-Trading und Geldanlagen.
Während man den Eintrag in den Guidelines noch so interpretieren könnte, dass die Apps vorrangig von Banken und Finanzdienstleistern kommen sollten, die entsprechende Dienste selbst anbieten, verweist die Update-Ankündigung klar darauf, dass dies ein Muss ist. Zudem wird darauf verwiesen, dass die bisher eingeräumte Möglichkeit, öffentliche Schnittstellen zum Betrieb der App zu nutzen, nun aus den Guidelines entfernt worden ist. Darunter würden etwa APIs wie FinTS und HBCI, aber auch das in Europa verpflichtend vorgeschriebene PSD2 fallen, das Open Banking erst möglich gemacht hat.
Eine strenge Auslegung der Guidelines würden also im Prinzip das Aus für alle unabhängigen Open-Banking-Apps auf der Apple-Plattform bedeuten. Dementsprechend groß ist die Aufregung bei Anbietern wie beispielsweise MoneyMoney, Outbank, Banking4 oder Finanzblick. Ob es allerdings tatsächlich so gemeint ist, ob es Möglichkeiten gibt, die Apps den Anforderungen auf andere Weise anzupassen oder ob es eine Übergangsfrist gibt – zu all diesen Fragen hat sich der IT-Konzern bislang nicht öffentlich geäußert.
Wie geht es weiter?
Einer der größten Kritikpunkte an Apples App-Store-Zulassungen war in der Vergangenheit die mangelhafte Kommunikation. Zum einen publiziert Apple seine Guidelines teilweise sehr kurzfristig, so dass die Entwickler überraschend mit neuen Anforderungen konfrontiert werden. Zum anderen konnten Entwickler ihre berechtigten Interessen kaum adressieren, weil es an konkreten Ansprechpartnern bei Apple mangelte, so dass die Auseinandersetzungen zum Teil in der Öffentlichkeit geführt wurden.
Apple hat daraus zumindest insoweit gelernt, als es nun einen Kanal gibt, auf dem registrierte Developer die Möglichkeit haben, Änderungen der Guidelines zu kommentieren und ihre Bedenken vorzutragen. Auf diese Weise können nun auch die betroffenen App-Anbieter versuchen, eine Revision der genannten Klausel zu erwirken. Ein Erfolg ist allerdings nicht garantiert – dann müssten sie womöglich gegen Apple juristisch zu Felde ziehen und darlegen, dass Apple hier willkürlich ein Geschäftsmodell aushebelt, das von Regulierungsbehörden, Banken und Kunden ausdrücklich erwünscht ist.
Auslöser unklar
Ein expliziter Grund für die Regelung ist im Moment jedoch nur schwer zu erkennen. In der Regel bezieht sich Apple entweder auf geänderte gesetzliche Grundlagen, was meistens in Staaten wie China oder Russland der Fall ist. Oder auf den Kundenschutz. So wird in manchen Foren beispielsweise die Frage gestellt, ob die Vorgänge um Gamestop und der Kampf von WallStreetBet gegen die Hedgefonds der Auslöser für die Änderung gewesen sein könnte.
Ein weiterer möglicher Grund, der Apple immer wieder unterstellt wird: Die Bevorzugung eigener Apps und Funktionen. Hier könnte man die jüngste Entdeckung von 9to5 Mac anführen. Denn im Umfeld eines „Apple Card Family feature“ fanden die Redakteure in der kommenden iOS-Version 14.5 ein neues Framework namens „FinHealth“. Das bietet unter anderem Funktionen zur Auswertung und Kategorisierung von Finanztransaktionen – genau wie etliche der nun bedrohten Open-Banking-Apps. hj
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