Oliver-Wyman-Studie: Modularisierung wird Banken und Versicherer revolutionieren – und teuer
Finanzdienstleistungen werden modular. Ob nun per FinTechs oder durch eigene Anstrengungen. Es findet eine Fragmentierung des Produktangebotes und der Wertschöpfungsketten bei Banken und Versicherungen statt. Somit entsteht eine Vielzahl spezialisierter Anbieter und Produkte im Finanzsektor. Diese Veränderungen in der Branchenstruktur können zu einer Verschiebung von rund 1 Bio. US-Dollar an Erträgen im globalen Finanzgeschäft führen. Dies ist das Ergebnis der Studie „Modular Financial Services: The New Shape of the Industry“ der Managementberatung Oliver Wyman.
Insgesamt generieren Banken und Versicherer 5,7 Bio. US-Dollar Erträge. Von diesen heutigen Erträgen werden sich neue Kundenplattformen etwa 50-150 Mrd. US-Dollar sichern können. Innovative Anbieter mit neuen Produkten können sich schätzungsweise Marktanteile im Wert von rund 150-250 Mrd. US-Dollar erkämpfen.Für den deutschen Markt bedeutet dies unter anderem, dass neue Kundenplattformen Ertragsmöglichkeiten von etwa 4-6 Mrd. Euro hätten und 7-10 Mrd. Euro an Umsatz sich hin zu innovativen Anbietern mit neuen Produkten verschieben können. Die Studienmacher vermeiden es zu sagen – aber sie meinen damit offensichtlich FinTechs.
Normal: Kundenbeziehung wird flexibel
In einer modularen Finanzbranche gehört eine direkte Kundenbeziehung nicht mehr nur einem Produktanbieter. Kunden wählen beispielsweise mit Hilfe einfacher Online-Plattformen oder mobilen Apps zwischen einer Vielzahl von Anbietern aus. Auf der Angebotsseite wird die Wertschöpfungskette nicht mehr komplett innerhalb eines Unternehmens erarbeitet. Stattdessen werden Teilschritte vermehrt an Drittanbieter ausgelagert. Die Modularisierung wird vor allem durch neue Technologien und regulatorische Veränderungen vorangetrieben. Das führt zu größerer Transparenz und Effizienz.
Nach der Krise haben sich die meisten Finanzinstitute auf die Optimierung der bestehenden integrierten Geschäftsmodelle konzentriert. Jetzt bewegt sich der Finanzsektor hin zu einer neuen, modularen Struktur.“
Finja Carolin Kütz, Partnerin Oliver Wyman in Deutschland und Österreich.
Kütz weiter, „Modulare Finanzdienstleistungen entstehen jedoch unterschiedlich schnell in den jeweiligen Märkten. Aktuell ist der Bankensektor in den USA zum Beispiel modularer aufgestellt als die Sektoren in Europa und Asien. In Europa ist Spanien einer der Vorreiter, während sich Deutschland eher im hinteren Mittelfeld der Entwicklung bewegt.“Konsumenten werden am stärksten von modularen Finanzdienstleistungen profitieren
Die Konsumenten werden aus einer größeren Bandbreite von Produktanbietern wählen können. Der stärkere Wettbewerb wird dabei den Druck auf die Margen erhöhen. Die 19. jährliche „Future of Financial Services“-Studie von Oliver Wyman schätzt, dass 150-300 Mrd. US-Dollar durch niedrigere Preise den Kunden zugute kommen werden.
Gute Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein
Doch trotz der Veränderungen in der Branche und obwohl der Wettbewerbsdruck steigt, haben integrierte Finanzdienstleister noch immer eine gute Ausgangsbasis. Dazu gehören beispielsweise bestehende Kundenbeziehungen, sichere Skaleneffekte im Betrieb und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen. Aber: Teure, alte und unflexible Infrastruktur wird zukünftig indes untragbar sein, und der Wettbewerb wird Finanzinstitute zwingen, ihre Betriebsplattformen zu erneuern.
Auf Banken kommen enorme Kosten zu
Dafür stehen den weltweit größten Banken jedoch enorme Kosten bevor, die bei über 4 Mrd. US-Dollar pro Institut liegen können. Das ist mehr als die durchschnittliche Dividendenzahlung, von je 1,7 Mrd. US-Dollar, der 100 größten Universalbanken. Allerdings können die weltweit größten Banken laut Schätzungen der Studie durch Plattformerneuerungen auch bis zu 340 Mrd. US-Dollar an Kosten einsparen.
Die Modularisierung ist eine große Herausforderung
Die Modularisierung bietet vielfältige Chancen. Es entstehen neue Möglichkeiten, verbesserte Produkte und Dienstleistungen für Kunden zu entwickeln und neue Kundenzugänge zu schaffen. Durch kostengünstigere und flexiblere Back-Office-Lösungen können die Betriebskosten gesenkt und Kapital effizienter in strategisch wichtigen Bereichen eingesetzt werden.
Die vollständige Studie kann hier kostenlos (ohne Registrierung) von der Oliver Wyman-Webseite heruntergeladen werden.aj
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