Nachhaltigkeit für CFO zwischen „New Normal“ und Zukunftsthema
Viele mittlere und größere Unternehmen sind gestärkt aus der Pandemie hervorgegangen. Doch oft ist es keine Rückkehr zu alten Zuständen – denn Corona hat auch viele grundlegende Veränderungen angestoßen, so das Fazit der CFO-Studie 2022 von Horváth. Im Finanzbereich stehen die Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Fachkräftemangel ganz oben auf der Liste der zu erledigenden Aufgaben.
Steigende Energiepreise rücken das Thema Nachhaltigkeit noch stärker in den Fokus von Verbrauchern und Unternehmenslenkern. Doch die Kosten für Beleuchtung, Heizung, Fuhrpark und ähnliches sind nur ein Aspekt. Das wachsende Interesse von Anlegern und Kunden für Maßnahmen gegen den Klimawandel und ESG-konformes Handeln, die kommende EU-Taxonomie und weitere rechtliche Vorgaben befeuern den Trend zu nachhaltiger Produktion und Unternehmensführung.Das ergab eine Online-Umfrage der Managementberatung Horváth im vierten Quartal 2021 unter insgesamt 200 internationalen Führungskräften aus dem Finanzbereich, davon rund 12 Prozent aus der Finanzbranche. Die Ergebnisse hat das Unternehmen in der CFO-Studie „Finance im Spannungsfeld von Corona, Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ (zum kostenlosen Download) zusammengefasst.
Unternehmen müssen grüner werden
60 Prozent der Befragten über alle Branchen hinweg sehen Nachhaltigkeit als maßgebliche Herausforderung. Vorreiter ist hier die Automobilindustrie, dort geben 80 Prozent der CFOs Nachhaltigkeit als zentrales Thema an. Ebenfalls von hoher Bedeutung ist ESG-konformes Handeln. Das wird sowohl von internen wie von externen Stakeholdern erwartet. Um sich abzusichern, müssen Compliance- und Kontrollsysteme etabliert sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend geschult werden. Darüber hinaus gilt es, anhand von EU-Taxonomie und weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu prüfen, welche Investitionen verantwortbar sind.
91 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass die Nachhaltigkeits-Transformation ganzheitlich und funktionsübergreifend ablaufen muss, um erfolgreich zu sein. Diese nimmt zwar Fahrt auf, hat aber bei den meisten noch eine ordentliche Wegstrecke vor sich.
Viele Unternehmen befinden sich noch am Anfangspunkt der grünen Transformation, doch CFOs können eine zentrale Rolle einnehmen und den Takt einer erfolgreichen Transformation zum New Normal vorgeben. Finanzverantwortliche können die Fokussierung von Mitarbeitenden für das Zukunftsthema Nachhaltigkeit und dessen Integration in den Finanzbereich entscheidend stärken.“
Achim Wenning, Partner bei Horváth
Digitalisierung ja, Blockchain und KI eher nein
Die Modernisierung der Finanzabteilungen setzt vor allem auf eine schnellere Digitalisierung. Laut Horváth haben viele CFOs die Pandemie genutzt, um zu investieren und entsprechende Pilotprojekte anzustoßen. Ein wichtiges Element stellt die Implementierung neuer Arbeitsmethoden wie etwa agiles Arbeiten, Remote-Arbeit und Formen der digitalen Kollaboration dar. Nur 45 Prozent der befragten Firmen haben dazu noch kein digitales Tool eingeführt. Ein Jahr zuvor waren es noch 56 Prozent.
Für zwei Drittel stehen jedoch Automatisierung und Digitalisierung der Kernprozesse an erster Stelle. Dabei fällt auf, dass Künstliche Intelligenz (KI) und Blockchain – anders als im Finanzsektor – allenfalls eine untergeordnete Bedeutung hat. Eine Mehrheit von 53 Prozent der CFOs gibt an, weder heute noch in naher Zukunft werde KI eine Rolle in ihrem Unternehmen spielen, ähnliches gilt für Machine Learning (55 Prozent). Für Blockchain-Technologien geben dies sogar 76 Prozent an. Die Implementierungsrate liegt dementsprechend bei KI nur bei 6 Prozent, im Bereich von Blockchains erst bei 9 Prozent.
Attraktivität für Fachkräfte erhöhen
Den Fachkäftemangel sehen 65 Prozent der Befragten aus dem Finanzbereich als die größte Herausforderung für ihr Unternehmen. Dennoch hält eine Mehrheit der CFOs an traditionellen Arbeitsmethoden und Organisationsformen fest und lehnt Alternativen Bereich eher ab. So glauben nur 25 Prozent an Vorteile durch einen ortsunabhängigen Zugang für Fachkräfte. 66 Prozent der befragten Finance-Verantwortlichen betrachten Agilität als eine Herausforderung, nur 46 Prozent als Chance.
Achim Wenning, Partner und Leiter des Beratungsbereichs CFO Strategy & Organization bei Horváth, verweist darauf, dass die Perspektive der Fachkräfte eine andere ist: „Flexible und virtuelle Arbeitsmodelle sind zunehmend ein Auswahlkriterium bei potenziellen neuen Mitarbeitenden – auch im Bereich Finanzen.“ Wichtig sei das richtige Mindset und die Weiterbildung der Mitarbeitenden, besonders in Hinsicht auf die digitale Expertise. Auch die externe Rekrutierung sollte eine entscheidende Rolle auf der CFO-Agenda spielen. Für die Einbindung externer Spezialisten und Spezialistinnen brauche es darüber hinaus – genauso wie für interne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – geeignete Tools und Methoden zur digitalen Kollaboration sowie für eine effektive Remote-Arbeit.
Sieben Empfehlungen
Um die Finanzabteilungen für die Herausforderungen der Post-Covid-Ära zu wappnen, müssen sie einer ganzheitlichen Transformation unterworfen werden, so die Horváth-Studie. Sie stellt sieben Thesen auf, an denen sich CFOs orientieren sollten:
- „Green“ und „Sustainable Finance“ müssen fest verankert werden.
- Eine rollenbasierte Finanzorganisation ist Katalysator für Effizienz und Management-Support.
- Datengetriebene Analysen schaffen die Grundlage für Entscheidungsempfehlungen.
- Agilität und Virtualität prägen die Zusammenarbeit im Finanzbereich.
- CFOs treiben die Finanztransformation proaktiv und visionär voran.
- Die prozessuale und organisatorische Ende-zu-Ende-Ausrichtung sichert eine funktionsübergreifende Zusammenarbeit.
- Anwendende digitaler Methoden mit Beratungs-Skills werden fachlichen Expertinnen und Experten in Finance vorgezogen.
Erst über die Summe aller Maßnahmen sei ein tiefgreifender struktureller, prozessualer und kultureller Wandel herbeizuführen. Der CFO sollte dabei eine tragende Rolle spielen, der als starkes Vorbild in der Lage ist, zu motivieren, zu überzeugen und bestehende Funktionssilos aufzubrechen, so Wenning. hj
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