N26: Warum Shared Banking für die Digitalbank in Zukunft eine größere Rolle spielt
Die deutsche Digitalbank N26 gilt als erfolgreiche Challenger-Bank, die nicht nur im deutschen Markt einiges verändern konnte, sondern sich auch anschickt, den US-Markt und weitere Länder zu erobern. Sie machen vieles anders, manches besser, einiges auch nicht so gut. Schwere Kritik musste das Team um Erfolgsgründer Valentin Stalf im letzten Jahr einstecken. Jetzt hat sich Deutschland-Chef Georg Hauer im Mediengespräch zu den Plänen des Berliner FinTech-Start-ups geäußert.
Einige Aufregung hatte es zuletzt bezüglich des Auslandsgeschäft der N26 gegeben. In Großbritannien zog man sich kürzlich zurück, was nicht nur mit dem Brexit zu tun gehabt haben dürfte, im US-Markt, wo man erst Ende vergangenen Jahres gestartet sei, hatte man jetzt anlässlich der Coronakrise (erstmalig in der Geschichte der Bank) einige betriebsbedingte Kündigungen aussprechen müssen. Doch die, so erklärt Georg Hauer, seien vor allem die Folge unterschiedlicher Ländergesetzgebungen, respektive dem Fehlen einer Kurzarbeitsregelung in den USA zuzuschreiben.An unserem New Yorker Standort in den USA war das leider nicht möglich. Daher haben wir uns dazu entschieden, die betroffen Funktionen zu konsolidieren. Das bedeutete leider auch, dass wir uns von 9 Mitarbeitern, u.a. in den Bereichen Recruiting und Office Management, trennen mussten. Unabhängig davon bleiben die USA weiterhin einer unserer weltweit wichtigsten Kernmärkte.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
Man sei mit der bisherigen Geschäftsentwicklung sehr zufrieden, habe nach fünf Monaten bereits 250.000 Kunden und sei damit die erfolgreichste europäische Challengerbank in den USA, was die Kundenzahl betrifft. Die Wünsche der Kunden seien hier sehr ähnlich wie in Europa, wobei vieles bekanntermaßen noch weniger bequem und automatisiert läuft. Insbesondere Überweisungen kosten dort auf dem klassischen Weg teilweise extra und dauern sehr lange. Hier könne der weitreichend digitalisierte Weg einer N26 eine Alternative sein.
Dort wo die Kunden deutlich kartenaffiner sind als im Heimatmarkt Deutschland habe die Coronakrise aber ebenfalls noch einige Veränderungen zu Gunsten des Online-Handels gebracht. Doch die Ausgangslage bleibt dennoch anders als in den mitteleuropäischen Märkten. Während es hierzulande um den Rollout von Features geht, um das Produktportfolio, müsse, so erklärt Hauer, in den USA erst einmal Bekanntheit geschaffen werden – und zwar landesweit und auch außerhalb der technikaffinen Hotspots wie New York und dem Silicon Valley. Anders als bei uns arbeitet N26 in den USA mit einem landesweiten Banking-Partner zusammen, der über eine Lizenz für alle Bundesstaaten verfüge. Ein klarer Unterschied zur EU, wo eine Lizenz für den gesamten Währungs- und Bankenraum ausreicht (auch wenn es dadurch natürlich problematischer ist, wenn man mit der BaFin aneinandergerät).
N26: Kunde will nicht mehr für Filialen oder Geldautomaten zahlen
Doch das Unternehmen plant auch den Sprung in die Emerging Markets, die, wie Hauer richtig anmerkt, sehr differenziert zu betrachten seien. Denn international treffe man zwar auf ähnliche Grundbedürfnisse, aber beispielsweise auf eine sehr unterschiedliche Banken- und Geldautomatendichte. Der erste Markt werde hier Brasilien sein – weil man dort eine große Mittelschicht sehe, die ähnliche Banking-Bedürfnisse hat wie die Kunden der westlichen Welt. Dabei sei in Brasilien die Durchdringung von Mobile Banking aufgrund eines weniger dichten Netzes von Filialen und Geldautomaten sogar größer als in vielen westeuropäischen Ländern.
Seien wir ehrlich: Die vielen Geldautomaten und Bankfilialen in Deutschland und Westeuropa muss der Kunde auch bezahlen, auch wenn er vor allem Letztere immer seltener nutzt – und das realisiert er zunehmend.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
Und so committed sich das Unternehmen auch langfristig zum reinen Digital Player:
Sicher ist, dass es für N26 auf absehbare Zeit keine Filialen geben wird. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass in den nächsten Jahren die Filialen der traditionellen Banken noch schneller verschwinden werden. Die Zukunft im Banking ist digital und gerade die Coronakrise hat gezeigt, dass auch Menschen über 65 vermehrt auf E-Commerce und Mobile Banking setzen. Das Smartphone ist mittlerweile für fast alle Menschen ein täglicher Begleiter geworden. Neben unserer App bieten wir aber auch ein einfaches Online-Banking für den Desktop an.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
N26 entwickelt Services an drei Standorten für die Märkte weltweit
Einen wichtigen Schwerpunkt legt das Unternehmen dagegen auch zukünftig auf die Entwicklung innovativer Services, die an den drei Forschungsstandorten Berlin, Wien und Barcelona entstehen – jeweils für den früher oder später geplanten weltweiten Roll-out, wie Hauer erklärt. Man wolle folglich auch in einer fragmentierten Bankenwelt möglichst wenig Extralösungen für einzelne Märkte kreieren.
Ein Thema, das viele andere Banken derzeit auf der Agenda haben, ist IoT- und Voice Banking. Doch gerade hier sieht Hauer noch nicht das wirkliche Bedürfnis der Kunden:
Als Technologieunternehmen forschen wir an vielen Themen, fokussieren uns aber auf einige zentrale Bereiche. Für uns hat Voice Banking noch nicht die Flughöhe erreicht, die es rechtfertigen würde, derzeit Produkte dafür zu entwickeln. Voice-Steuerung wird sich zuerst noch in anderen Bereichen etablieren müssen, bevor Menschen auch ihre Bankgeschäfte darüber abwickeln werden.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
Dagegen erklärt er, das Unternehmen habe derzeit einen verstärkten Fokus auf Shared Banking-Services gelegt, so dass man es Familienmitgliedern und Freunden vereinfachen wolle, gemeinsam ihre Finanzen zu kontrollieren.
Shared Banking wird aus unserer Sicht immer wichtiger werden und in Zukunft irgendwann ganz normal sein. In der Vergangenheit war es mit einem hohen manuellen Aufwand und komplizierten Verträgen verbunden, wenn man Gemeinschaftskonten führen oder Rechnungen teilen wollte. Heute kann man bei N26 ein Gemeinschaftskonto mit nur zwei Klicks eröffnen. Das funktioniert so einfach wie die Erstellung einer WhatsApp-Gruppe. Dies ist ein weiterer Schritt bei unserer Mission, Banking einfacher und flexibler für Millionen von Menschen weltweit zu machen.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
Geäußert hat sich Georg Hauer auch zur Kundenkommunikation. Musste sich die Digitalbank vor gut einem Jahr noch vorwerfen lassen, für Kunden in Krisensituationen (etwa nachdem diese Opfer einer Phishing-Attacke geworden waren) schwer erreichbar zu sein, hat man hier nach eigenen Worten stetig nachgebessert. Inzwischen wären die Kunden problemlos in der Lage, die Bank jederzeit zu erreichen. Dabei kann der Kunde natürlich die gewohnten persönlichen Kommunikationswege wählen, sich aber bei einfacheren, hierfür geeigneten Themen auch an einen Chatbot wenden.
Wir nutzen Chatbots bereits. Man muss dem Kunden die Wahlmöglichkeit zwischen Self Service und Unterstützung durch einen Kundenservice lassen, der leicht erreichbar ist, je nach Situation. Es gibt ganz wenige Kunden, die einen Chatbot kategorisch ablehnen oder nur damit kommunizieren wollen.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
Im Idealfall könne der Kunde so die Funktionalität finden, bevor man sie überhaupt suche. Wenn der Chatbot selbst die Frage ganz einfach beantworten könne, dann sei das umso besser, weil der das kostengünstig und schnell zu jeder Tageszeit tun könne.
Auch ältere Kunden außerhalb der Städte im Visier
Betrachtet N26 seine Kunden, dann falle auf, dass man vom dereinst ganz jungen, tendenziell männlichen Kunden, sich immer weiter in Richtung Durchschnitt entwickle. Ältere Kunden, mehr Frauen, mehr außerhalb der Metropolenregionen…
In Deutschland haben wir uns von einer anfänglich jungen Zielgruppe – Mitte 20, ursprünglich eher männlich, und urban – immer mehr an den Bevölkerungsdurchschnitt angenähert. Heute ist der Durchschnittskunde Mitte 30, Tendenz steigend. Das Alter spielt aber nur eine untergeordnete Rolle. Man unterschätzt manchmal wie digitalaffin beispielsweise Menschen über 60 sein können.“
Georg Hauer. General Manager Germany, Austria & Switzerland
Mittelfristig werde es auch in den internationalen Märkten dahin kommen, dass aus den speziellen Early-Adopter-Zielgruppen ein repräsentatives Kundenbild werde.
Letzten Endes wird N26 sowohl bei uns als auch in anderen Märkten die Zahl der Kunden erhöhen müssen, die das Konto als Erstkonto einsetzen oder die sich für zusätzliche Services entscheiden. Denn diese zusätzlichen Geschäfte könnten, so Hauer, in Zukunft in ihrer Gesamtheit durchaus einen erklecklichen Teil der Einnahmen generieren. Derzeit finanziere man sich für die Interchange-Gebühren, über die Premium Subscription Modelle (also die Kontogrundgebühren) und über den Kreditbereich. Doch die kleineren Geschäftszweige, bei denen N26 Geschäftsbeziehungen an Partner vermittele seien jeweils für sich zwar kleine Posten, mit denen ich unterm Strich aber durchaus auch ein erklecklicher Betrag erzielen lasse.
So könne man sich besser als andere Banken aufstellen, da man – quasi die Gnade der späten Geburt – nie auf die Zinseinnahmen geschielt habe. Denn N26 entstand bekanntermaßen erst in einer Zeit, in der ein solches Geschäftsmodell nicht mehr denkbar gewesen sei. Dennoch dürfte gerade das Geschäft mit der Community – Stichwort Shared Banking – ein guter Ansatz für N26 bleiben.
Ein weiterer Meilenstein von N26 könnte der Börsengang sein. Dass hierfür ein neuer (zusätzlicher) Chief Financial Officers (CFO) gesucht wird, bestätigt Georg Hauer. Bislang habe das Maximilian Tayenthal, der Co-Founder von N26, erledigt, doch die Weiterentwicklung des Executive-Teams bleibt ein wichtiger Erfolgsfaktor, heißt es etwas nebulös. Man habe ja schon in den letzten zwei Jahren gezielt in erfahrene Führungskräfte investiert. Die Managementstruktur der N26 Gruppe werde sich aber nicht verändern. Die beiden Gründer von N26, Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf, bleiben weiterhin Co-Geschäftsführer mit Valentin Stalf als CEO.”tw
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