Mobile Payments mit Apple, Samsung und Google – Fluch oder Segen für die Finanzindustrie?
Mobile Bezahlverfahren, die Barzahlung oder die Zahlung mit der Karte an einem Kartenterminal ersetzen sollen, haben in den letzten Jahren international massiv an Bedeutung gewonnen. Nach einer langen Phase, in der diese Art des mobilen Bezahlens nicht die hohen Erwartungen erfüllen konnte, scheint es, als wäre der gordische Knoten inzwischen zerschlagen. Ausschlaggebend dafür sind neue Player, die sich mit durchaus überzeugenden Lösungen im Markt positioniert haben, sowie neue Allianzen und technische Verfahren, die diese Lösungen überhaupt erst möglich gemacht haben.
von Dr. Danny Fundinger, Managing Consultant iX Mobile CoC, IBM
Diese neuen Player im Markt sind die OEMs der Smartphone-Branche, also Unternehmen wie Apple und Samsung beziehungsweise auch Google mit dem Android-Betriebssystem. Diese im Finanzwesen eigentlich branchenfremden Quereinsteiger haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber den ehemaligen Platzhirschen im Mobile Payment – den Banken und den Telekommunikationsunternehmen, deren Lösungen bis auf wenige Ausnahmen weder nachhaltig noch erfolgreich waren.Nur die Hardware ist der Vorteil
Der einzigartige Vorteil der OEMs besteht in der Kontrolle der Smartphone-Hardware, insbesondere der NFC-Schnittstelle und eines speziellen Chips, des sogenannte Secure Elements, die gemeinsam die Emulation von kontaktlosen Kreditkarten und somit auch die Ablösung der Plastikkarte durch das Smartphone ermöglichen.
Da aber Technologie allein nicht ausreichend wäre, holen die OEMs bei Ihren Lösungen die Kreditkartenunternehmen und Banken in Allianzen mit ins Boot. Das heißt, die OEMs stellen nur die technische Plattform und den Zugriff auf die Hardware zur Verfügung, aber kein neues Bezahlschema.
Es liegen also weiterhin allen OEM-Lösungen die Bezahlverfahren, -standardisierungen und –prozesse der großen Kreditkartenunternehmen zugrunde, und die dazugehörigen Bezahlprodukte werden auch weiterhin von Banken ausgegeben.
Entgegen dem weitläufigem Glauben stehen die M-Payments-Lösungen der OEMs also nicht in Konkurrenz zu den Finanzinstituten, sondern im Gegenteil, bauen auf einer Partnerschaftsbeziehung mit ihnen auf und ebnen Banken dadurch den Weg in die Digitalisierung ihrer Bezahlprodukte für das Smartphone.
Es sei allerdings angemerkt, dass manche OEMs dafür auch eine Beteiligung an den Transaktionsumsätzen verlangen.
Geringere Sicherheitsstandards oder Bindung an ein Gerät
Obwohl nur wenige OEMs Lösungen anbieten, unterscheiden diese sich technisch in Bezug auf Flexibilität und Sicherheitsmerkmalen massiv. Apple und Samsung verwenden in Ihren Geräten die Secure-Elements, um einen sehr hohen Sicherheitsstandard auf gleichem oder sogar höherem Niveau als bei EMV-fähigen Karten anbieten zu können. Damit verbunden ist aber der Nachteil der Bindung an die Geräte dieser Hersteller. Einen anderen Ansatz verfolgt Google mit dem Android-Betriebssystem. Durch eine Emulation des Secure-Elements in der Cloud („HCE“) kann kontaktloses Bezahlen auf allen Android-Geräten mit NFC-Schnittstelle ermöglicht werden. Ein Secure-Element ist hier nicht vonnöten. Erkauft wird diese Flexibilität allerdings mit einem deutlich geringeren Sicherheitsstandard. Dies muss durch neue, ergänzende Absicherungen wie analytischen Verfahren zur Betrugserkennung oder die Verschleierung der Kreditkartennummer durch ein in der Gültigkeit begrenztes Substitut („Tokenization“) ausgeglichen werden.
Perspektivisch ist für Banken bei der Verwendung von HCE trotzdem mit einer Zunahme des Betrugsrisikos bei kontaktlosen Transaktionen zu rechnen.
Kein Finanzinstitut wird sich entziehen
Die Lösungen der OEMs sind derzeit vor allem auf den angelsächsischen Märkten eingeführt worden, dies aber bisher mit messbarem Erfolg, einer nachhaltigen Strategie und der Unterstützung der Finanzindustrie. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann der Markteintritt dieser Lösungen auch in Deutschland ansteht. Kein Finanzinstitut wird sich dieser Entwicklung entziehen können.
Die neuen Verfahren bieten Wachstums- und Modernisierungschancen, führen aber auch zu neuen Abhängigkeiten, Betrugsrisiken und Herausforderungen für den Business Case. Erschwerend kommt hinzu, dass Finanzinstitute für eine volle Marktabdeckung der eigenen Bezahlprodukte keine entweder-oder Entscheidung zwischen den OEMs treffen können, sondern vielmehr ein sowohl-als-auch unter Berücksichtigung der strategischen Implikationen bei Ausgestaltung der Partnerschaften und Verantwortlichkeiten angehen müssen.aj
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