Mobile IT in Versicherungen: Würden Sie noch ohne Mobiltelefon das Haus verlassen?
“Würden Sie noch ohne Mobiltelefon das Haus verlassen?” – Wenn nicht, gehören Sie zu den rund 75 Prozent der Deutschen, die dies heute nicht mehr tun würden. Wie viel Einfluss mobile IT auf das Leben der Menschen mittlerweile nimmt, wurde nicht nur an diesem Beispiel auf der 5. Fachkonferenz „Mobile IT in Versicherungen“ der Versicherungsforen Leipzig am 23. und 24. Februar 2016 deutlich.
Einen wissenschaftlichen Einblick in das Thema mobile IT und die Nutzung mobiler Dienste gab zu Beginn der zweitägigen Veranstaltung Professor Key Pousttchi (Universität Potsdam). Als aktuelle Problemstellung für die Assekuranz sieht er die Tatsache, dass Versicherer nicht auf dem Smartphone ihrer Kunden präsent sind, sondern andere Player viel mehr über die Kunden und deren mobiles Verhalten wissen, als die Versicherer selbst.Professor Pousttchis Forschungen ergaben, dass die Nutzung mobiler Dienste vor allem durch die wahrgenommene Freude bedingt wird, die sich positiv auf die wahrgenommene Nützlichkeit auswirkt. Dies gekoppelt mit der Tatsache, dass einer der häufigsten Orte für die Nutzung mobiler Endgeräte das heimatliche Sofa ist, sollte bei der Konzeption mobiler Angebote stets im Hinterkopf behalten werden.
E-Mail bleibt der wichtigste Kommunikations-Kanal
Einen weiteren, eher erstaunlichen Aspekt sprach Dr. Torsten Schwarz (ABSOLIT Dr. Schwarz Consulting) an. Er betonte, dass auch auf mobilen Endgeräten die E-Mail die am häufigsten genutzte Applikation sei und E-Mail-Kommunikation für Versicherer auch weiterhin einen wichtigen Kanal darstellt. Die Optimierung der mobilen Ansicht von E-Mails sei daher eine wesentliche Aufgabe, die viele Versicherer bislang noch nicht angegangen seien. Auch bei der mobilen Ansicht von Versicherungs-Webseiten hapere es oft an der Usability. „Versicherungen haben erheblichen Nachholbedarf bei der direkten Kommunikation sowohl mit den eigenen Kunden als auch mit Interessenten“, meint Dr. Torsten Schwarz. „Auf der Homepage heißt es „Friss oder stirb“: Entweder gleich den Antrag unterschreiben oder wieder gehen. Andere Branchen sind pfiffiger beim Engagement-Marketing. Websitebesucher sind potentielle Kunden, die man nicht so einfach wieder davonziehen lässt. Und wehe, der Kunde kommt mit einem Smartphone auf die Seiten: Viele Versicherer sind darauf noch nicht eingestellt. Dabei gibt es bewährte Techniken, um auch Mobilnutzer glücklich zu machen.“
Einen gänzlich anderen Bereich des Themas Mobile beleuchtete Bernd Josef Kohl von GFT Germany. Er stellte die Mobile-Banking-Studie der GFT vor und zeigte auf, welche Mobile-Payment-Lösungen momentan existieren, wo sie herkommen und wie sie genutzt werden. Die Diversität der Lösungen führt für Unternehmen momentan zu der Frage, auf die Zukunftsfähigkeit welcher Lösung sie setzen sollen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keinen Anbieter, der sich im Bereich Mobile Payment als Marktführer herauskristallisiert hat. Wer das Rennen macht, hängt letztendlich von der Akzeptanz der Kunden ab.
Erfahrungsberichte über mobile Technologien kamen in diesem Jahr aus den Häusern der ERGO Direkt, des ADAC und der R+V Versicherung.
ERGO Direkt iLab – das Entwicklungslabor für mobile Services und Anwendungen
Roland Farnbacher (ERGO Direkt) stellte das ERGO Direkt iLab vor, in dem die Versicherung digitale und mobile Services und Anwendungen für die Kunden entwickelt und testet.
Mut haben!
Er appellierte an seine Kollegen, den Mut zu haben, aus der Komfortzone herauszukommen und die neuen technischen Möglichkeiten einfach auszuprobieren. Die R+V Versicherung tut dies bereits mit einer Kunden-App zum elektronischen Einreichen von Krankenbelegen. Für die Entwicklung hat sich die R+V des MVP-Ansatzes (Minimum Viable Product) bedient, der momentan von vielen Start-up-Unternehmen gelebt wird. Im Kern geht es darum, eine Idee erst einmal mit minimalen Funktionen zur Marktreife zu bringen und weitere Features sukzessive nachzurüsten.
Der ADAC hat sich im vergangenen Jahr mit einem anderen Bereich mobiler Anwendungen beschäftigt. Stefan Brandstetter berichtete auf der Fachkonferenz in Leipzig von der Einführung einer Social-Collaboration-Lösung für die ADAC-Mitarbeiter. Mit „ADAC Connect“ haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, sich untereinander virtuell zu vernetzen und zusammenzuarbeiten.
FinTechs sind eine Bereicherung
Auch zwei Start-ups kamen auf der Fachkonferenz zu Wort. Hannes Heilenkötter (Dionera GmbH) stellte die App „simplr“ vor, die Maklern eine Möglichkeit bietet, ihren Kundenstamm gegen die Versicherungs-Apps von Knip, Clark und Co. zu verteidigen. Der Kunde, der seine Verträge mobil einsehen, aber nicht auf seinen persönlichen Makler verzichten möchte, hat mit simplr die perfekte Hybridlösung. Heilenkötter betonte, dass man nicht versuche, gegen die App-Konkurrenz anzutreten, sondern den Maklern bei der Kundenbindung helfen wolle.
Situative Anbieter als Partner für etablierte Versicherer
Lennart Wulff (SituatiVe GmbH, im Bild ganz oben) stellte das Konzept hinter seinem Angebot AppSichern vor. Auch, wenn sich mit den Kurzzeitpolicen, die über AppSichern vorrangig vertrieben werden, keine großen Margen erzielen lassen, sei sein Angebot doch eine gute Möglichkeit, neue Kunden und Leads zu geringen Kosten zu gewinnen.
Da das Thema Mobilität und mobile IT auch in den kommenden Jahren seine Relevanz für (Versicherungs-)Unternehmen nicht verlieren wird, steht bereits ein Termin für die Folgeveranstaltung fest. Am 21. und 22. Februar 2017 findet in Leipzig die 6. Fachkonferenz „Mobile IT in Versicherungen – Lösungen, Trends und Praxisberichte“ statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung erhalten Sie hier.aj
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