Meinung: Target2-Securities – auch kleinere Institute müssen reagieren
Traditionell ist die Wertpapierabwicklung in Europa im Vergleich zu den USA sehr teuer – deutlich zu teuer sagen Marktkenner. Ein Grund dafür sei, dass der Markt für die Abwicklung von Wertpapieren durch eine fragmentierte Systemlandschaft und heterogene Strukturen geprägt ist – bisher: Denn mit der “Target2-Securitues Initiative” für Banken und Abwicklungshäuser (wie Verwahrstellen und Depotbanken) soll alles anders werden. Ein Kommentar von Norman Nehls, Senior Manager Severn Consultancy.
T2S soll als „Single Settlement Engine for Europe“ die Harmonisierung von bestehenden Infrastrukturen und gelebten Marktpraktiken vorantreiben. Für die Marktteilnehmer hat dies Folgen: die grenzüberschreitende Standardisierung bringt neue Anforderungen mit sich – etwa an das Message System (SWIFT oder SIA & Colt), die Settlementzeiten (außerhalb von Deutschland gilt häufig T+3), die Übertragung von Sicherheiten sowie die Form der technischen Anbindungen an die T2S-Platform. Auch wenn nicht alle Konsequenzen immer sofort ersichtlich sind, steht fest: Die Harmonisierungsbestrebungen erhöhen den Konsolidierungsdruck am Markt für Abwicklungsinstitute. Steigende Kosten für die technische Infrastruktur und neue prozessuale Anforderungen erhöhen interne Kosten für die Abwicklung und Übertragung von Wertpapieren. Ferner schreibt die EZB ein Gebührenmodell für die Einführungsperiode von T2S vor, das in die eigene Gebührenstruktur zu integrieren ist. Abwicklungsinstitute sollten sich überlegen, inwieweit diese Gebühren dazu führen, den Kunden ein neues Modell zu offerieren.
Die Erfahrung aus dem Markt zeigt, dass sich Großbanken bereits intensiv mit den Konsequenzen der zentralisierten Plattform auseinandersetzen, während gerade kleinere Institute in Sachen T2S noch einen deutlichen Nachholbedarf haben, seien es die kleineren Depotbanken oder die Nachfrager der Leistungen. Dabei ist es wichtig, jetzt die Auswirkungen für das eigene Institut zu erkennen, die nötigen Maßnahmen anzustoßen und gegebenenfalls auch noch Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung von T2S zu nehmen.
Während es im Interesse großer Custodians ist, ihre Leistungen so standardisiert wie irgend möglich anzubieten, liegt die Stärke der kleinen, lokalen Custodians zukünftig darin, dass sie Produkte anbieten können, die customized und tailor-made für den Bedarf ihrer Kunden sind. Dies trifft nicht nur für den Bereich des nationalen Steuerrechts zu, auch Kapitalmaßnahmen haben oft einen stark lokalen Charakter. Abwicklungsinstitute, die sich bisher auf den lokalen Markt fokussiert haben, müssen sich Nischen suchen, um durch einen Know-how-Vorsprung bestehende Marktanteile halten zu können. Für spezialisierte Anbieter mit individualisierbaren Lösungen sprechen durchaus auch Synergien zu weiteren Investor-Services wie die Abwicklung von Kapitalmaßnahmen (new standards of „Corporate Action Working Group“) oder Derivate-Produkten („European Market Infrastructure Regulation“).
Ebenso sind die Kunden der Custodians von T2S betroffen. Nachfrager von Custody-Leistungen müssen beispielsweise überprüfen, ob ihre Abwicklung auf die neuen Valutenregelungen reagieren kann, ob sie in der Lage sind, in Zukunft alle Wertpapiere T+2 zu liefern. Zudem müssen Banken mit Sitz in Deutschland bis Mitte 2015 über die Wahl der Anbindung entscheiden. Institute sind gut beraten, sich jetzt über die individuellen Auswirkungen von T2S auf das bestehende Geschäftsmodell die notwendigen Gedanken zu machen, um den Veränderungen aktiv zu begegnen. Der Countdown läuft!
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