STRATEGIE29. April 2025

Mainframe-Abhängigkeit: Technische Schuld – aber muss es wirklich die Cloud sein?

Dauerbrenner Mainframe - Aus der Praxis: der Weg in die Cloud, ein Beitrag von Boris Bathow und Philipp Koch, Partner bei Senacor Technologies - der Mann trägt einen schwarzen Kapuzenpullover und eine schwarze T-Shirt darunter. Er hat einen Vollbart und längere Haare, die zurückgebunden sind. Im Hintergrund sind vertikale, graue Streifen zu sehen, die eine moderne Rack-Architektur andeuten. Der Gesichtsausdruck des Mannes wirkt nachdenklich.
Boris Bathow, Partner bei Senacor TechnologiesSenacor Technologies

Mainframes gelten seit Jahrzehnten als zuverlässige und leistungsstarke Systeme. Besonders bei Banken, Versicherungen und Behörden. Doch in modernen Zeiten, steigenden Kostendrucks und der Notwendigkeit, neue Angebote schneller auf den Markt zu bringen, stehen viele Unternehmen vor der entscheidenden Frage: Ist ihre Mainframe-IT noch wettbewerbsfähig, und welche Migrationsoptionen haben sie? Muss es die Cloud sein oder gibt es Alternativen?

von Boris Bathow und Philipp Koch, Partner bei Senacor Technologies

Eine Mainframe-Migration ist definitiv ein komplexes, mehrjähriges Projekt, das sorgfältig geplant werden muss.

Dauerbrenner Mainframe - Aus der Praxis: der Weg in die Cloud, ein Beitrag von Boris Bathow und Philipp Koch, Partner bei Senacor Technologies. Auf dem Bild ist Philipp Koch mit Brille und einem gepflegten Bart zu sehen. Er trägt einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Der Hintergrund zeigt eine unscharfe, moderne Gebäudeansicht. Der Mann lächelt freundlich in die Kamera und vermittelt einen professionellen Eindruck.
Philipp Koch, Partner bei Senacor TechnologiesSenacor Technologies

Der erste Schritt ist immer eine genaue Analyse der aktuellen Herausforderungen und der Ziele, die mit der Migration erreicht werden sollen.

Erst mit diesen genau definierten Zielen lässt sich ableiten, ob eine Migration sinnvoll ist und welche Strategien infrage kommen. Das ist entscheidend, um zu vermeiden, dass langjährige Migrationsprojekte am Ende nicht die gestellten Erwartungen erfüllen und „versunkene“ Kosten entstehen.

Die Wahl der Migrationsstrategie bestimmt auch, welche Betriebsoptionen für die migrierten Anwendungen geeignet sind.”

Dabei sind neben den genannten Herausforderungen auch nicht-funktionale Anforderungen, wie Performance, Skalierbarkeit und Datenkritikalität, zu berücksichtigen – Faktoren, die bei Mainframe-Anwendungen oft eine zentrale Rolle spielen.

In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf einen typischen Anwendungsfall: die Wiederherstellung der Zukunftssicherheit durch eine Mainframe-Migration, um die Innovationskraft und Agilität für die Entwicklung neuer digitaler Produkte zu steigern.

Bestehende Herausforderungen eines Mainframes und Ziele der Migration müssen definiert werden

Um die Ziele einer Mainframe-Migration zu definieren, müssen wir zunächst einen Blick auf die bestehenden Herausforderungen werfen. Basierend darauf lassen sich die jeweiligen Herausforderungen bewerten und individuell Ziele daraus ableiten. Typische Herausforderungen einer bestehenden Mainframe-Anwendung sind:

  • Hohe Betriebskosten
  • Fachkräftemangel
  • Mangelnde Agilität und Innovationskraft
  • Integration in die Moderne IT-Landschaft
  • Sicherheit und Compliance-Risiken
  • Zukunftssicherheit

Dreht man diese Herausforderungen eines Unternehmens um, ergeben sich für uns folgende Ziele für eine Migration:

  • Kostenreduzierung
  • Steigerung der Agilität
  • Zugang zu modernen Technologien
  • Fachkräftesicherung
  • Zukunftssicherheit

Diese Ziele müssen hinsichtlich ihrer Priorität individuell bewertet werden.

Bei unseren Kunden beobachten wir vor allem die Treiber Zukunftssicherheit, Fachkräftesicherung, Innovationskraft und Agilität.”

Die Wahl des passenden Migrationsansatzes ist das Fundament für eine nachhaltige Lösung

Für die Wahl der richtigen Strategie sind die individuellen Ziele und deren Priorität maßgeblich. Im Folgenden werden die verschiedenen Strategien aufgezählt und kurz beschrieben. Wir betrachten folgende Strategien:

  • Rehosting (Lift-and-Shift): Wechsel in eine virtuelle Mainframe-Umgebung oder Outsourcing
  • Performance-Optimierung: Effizienzsteigerung zur Senkung der Betriebskosten
  • Replatforming (Code-Transformation): Automatische Code-Umstellung, z. B. von Cobol zu Java
  • Refactoring (Re-architecting): Manuelle Optimierung zur besseren Wartbarkeit
  • Rebuild (Neuentwicklung): Vollständige Neuentwicklung der Anwendung
  • Replacement (Ersatz durch Kaufprodukt): Standardsoftware statt individueller Entwicklung

Entsprechend der zuvor definierten Ziele muss nun die passende Strategie gewählt werden. Eine stark vereinfachte Entscheidungshilfe bietet diese tabellarische Übersicht (Sie ersetzt natürlich keine spezifische Analyse und Beratung):

Das Bild zeigt eine Tabelle mit Unternehmenszielen und verschiedenen Strategien zur IT-Modernisierung. Die Strategien umfassen Rehosting, Performance-Optimierung, Replatforming, Refactoring, Rebuild und Replacement. Jede Strategie ist hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Kostenreduzierung, Agilität, Zugang zu Technologien, Fachkräftesicherung und Zukunftssicherheit bewertet.
Senacor Technologies
Da unsere Kunden in aller Regel Zukunftssicherheit, Fachkräftesicherheit und Innovationskraft sowie Agilität als Ziele ihrer Transformation definieren, empfehlen wir hier die ganzheitliche Migration inklusive der Fachlichkeit der Anwendung.

Eine schrittweise Migration erleichtert die Anpassung von Betriebsprozessen

Die Autoren: Boris Bathow und Philipp Koch, Senacor Technologies
Boris Bathow ist lang­jäh­ri­ger IT-Ar­chi­tekt mit über 20 Jah­ren Er­fah­rung in En­t­er­pri­se-Sys­tem­ar­chi­tek­tu­ren und der In­te­gra­ti­on kom­ple­xer IT-Land­schaf­ten, ins­be­son­de­re in den Bran­chen Lo­gis­tik, Au­to­mo­ti­ve, Che­mie, Ban­king, Ver­si­che­run­gen und Re­tail. Seit 2007 ist er Part­ner und Prin­ci­pal Ar­chi­tect bei Se­na­cor Tech­no­lo­gies (Website) mit Fo­kus auf Kon­zep­ti­on, Um­set­zung und Be­trieb von Sys­tem­in­te­gra­ti­ons- und B2B-Lö­sun­gen. Fun­dier­te Ex­per­ti­se in der Le­ga­cy-Mi­gra­ti­on, Cloud-na­ti­ven Ar­chi­tek­tur so­wie der Aus­wahl und Ein­füh­rung von Soft­ware­lö­sun­gen und In­te­gra­ti­ons­platt­for­men. Er führ­te zahl­rei­che Gro­ß­pro­jek­te, dar­un­ter Platt­for­men für Sen­dungs­ver­fol­gung, Mul­ti­ka­nal-Kom­mu­ni­ka­ti­on und Im­ple­men­tie­rung ei­nes un­ter­neh­mens­ei­ge­nen En­t­er­pri­se Ser­vice Bus (ESB), häu­fig in lei­ten­der tech­ni­scher oder si­cher­heits­ver­ant­wort­li­cher Rolle.

Philipp Koch ist Part­ner und Head des Cloud Chap­ter von Se­na­cor Tech­no­lo­gies (Website). Er ver­fügt über 18 Jah­re Er­fah­rung in der Um­set­zung kom­ple­xer IT-Trans­for­ma­ti­ons­pro­jek­te in den Be­rei­chen Ban­king, eCom­mer­ce und Lo­gis­tik. Ur­sprüng­lich in der klas­si­schen Ja­va Ba­ckend-Ent­wick­lung und Ar­chi­tek­tur ver­wur­zelt, hat er sei­nen Fo­kus in den letz­ten Jah­ren zu­neh­mend auf Dev­Se­cOps En­gi­nee­ring und Ar­chi­tek­tur ver­la­gert, so­wohl in pri­va­ten als auch in öf­fent­li­chen Cloud-Um­ge­bun­gen. Ein Schwer­punkt sei­ner Ar­beit liegt auf der Mi­gra­ti­on von On-Pre­mi­ses-Le­ga­cy-Sys­te­men – ein­schlie­ß­lich der ak­tu­el­len Main­frame-Mi­gra­ti­on – hin zu Cloud-na­ti­ven An­wen­dun­gen. Da­bei ver­folgt er ver­schie­de­ne Cloud-Stra­te­gi­en. In­ner­halb des Cloud Chap­ters un­ter­sucht Phil­ipp mit sei­nem Team In­no­va­tio­nen mit Blick auf Markttauglichkeit.

Nachdem die Ziele definiert und sich für ein Lösungsansatz entschieden wurde, steht die Frage im Raum, welches Vorgehen für die Migration gewählt werden soll? Zwei Strategien kommen exemplarisch dafür in Betracht.

Generell ist zu empfehlen, eine Mainframe-Anwendung schrittweise zu migrieren und so einen Big-Bang zu vermeiden.”

Auch hier ist der Schlüssel zum Erfolg die Individualisierung der Vorgehensweise an die bestehende Mainframe-Anwendung. Die erste Variante ist die auf Modulen bzw. Komponenten basierte Migration. Dabei wird die Mainframe-Anwendung unterteilt in deren Cobol-Module bzw. Komponenten.

Dieser Ansatz ist mehr technisch getrieben und ist eher geeignet für das zuvor beschriebene Refactoring.

Ein anderer Ansatz ist die Nutzung des „Strangler Fig-Patterns“. Dies beschreibt aus der fachlichen Sicht die Unterteilung der Mainframe-Anwendung in deren fachliche Anwendungsfälle. Parallel zur bestehenden Mainfraime-Anwendung wird die neue Applikation aufgebaut. Über eine Migrationskomponente werden nach und nach einzelne Anwendungsfälle von der alten auf die neue Anwendung umgeleitet und dort verarbeitet.

Unser bevorzugter Ansatz ist die Verwendung des „Strangler Fig-Pattern“, da durch die Unterteilung nach Anwendungsfällen im Folgenden die Tests stärker aus der fachlichen Sicht betrachtet werden können.”

Basierend auf der Migrationsstrategie muss zudem eine individuelle Teststrategie entwickelt werden.

Eine individuelle Cloud-Strategie ist entscheidend für die zu Anfang gesetzten Migrationsziele

Die Migration von Mainframe-Anwendungen auf moderne Plattformen ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine strategische Entscheidung, die langfristige Auswirkungen auf die IT-Infrastruktur und die Geschäftsprozesse eines Unternehmens hat. Eine der zentralen Fragen dabei ist: Wo und wie soll die neue Umgebung gehostet werden? Aus unserer Sicht bietet eine „Cloud-artige“ Umgebung die besten Voraussetzungen, um die Vorteile von Agilität, Skalierbarkeit und Innovation zu nutzen.

Warum eine Cloud?

Cloud-Umgebungen ermöglichen schnelle Ressourcenbereitstellung, bedarfsgerechte Skalierbarkeit und Kosteneffizienz durch Pay-as-you-go-Modelle.”

Ein weiterer Vorteil ist der Zugang zu modernen Technologien wie KI und Big Data, die auf Mainframes schwer umsetzbar sind. Durch kontinuierliche Modernisierung ist für Zukunftssicherheit gesorgt.

Die Wahl der Hosting-Strategie ist entscheidend für die Zukunft eines Unternehmens. Eine Cloud-Infrastruktur bietet Agilität, Skalierbarkeit und Innovationskraft. Eine Auswahl der passenden Hosting-Strategie sollte hier stark an den Zielen und auch Anforderungen des Unternehmens ausgerichtet sein.

Aufgrund der aktuellen Politischen Lage kann es zudem sinnvoll sein, hier über Alternativen zu den großen Hyperscalern nachzudenken.

Im Bereich EU-Cloud und Private Cloud Providern gibt es in den letzten Jahren immer bessere Angebote.”

Um diese umfassende IT-Transformation erfolgreich bewältigen zu können, empfehlen wir die Etablierung eines starken Plattformteams.

Fazit

Die Migration von Mainframe-Anwendungen in die Cloud stellt eine bedeutende strategische Herausforderung dar, die Unternehmen vor essenzielle Fragen zu ihrer IT-Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit stellt.

Um den Übergang erfolgreich zu gestalten, ist eine gründliche Analyse der bestehenden Herausforderungen sowie der definierten Migrationsziele unerlässlich.”

Die hohen Betriebskosten, der Fachkräftemangel, die mangelnde Agilität und die Integration in moderne IT-Landschaften sind nur einige der Aspekte, die betrachtet werden müssen.

Zudem ist die Implementierung einer individuellen Cloud-Strategie nötig. Cloud-Umgebungen bieten nicht nur Vorteile in Bezug auf Skalierbarkeit und Kosteneffizienz, sondern eröffnen auch Zugänge zu modernen Technologien, die für die Innovationskraft eines Unternehmens entscheidend sind. Bei der Auswahl der Verantwortlichkeiten für das Hosting ist es wichtig, die spezifischen Anforderungen und Ziele des Unternehmens zu berücksichtigen.Boris Bathow und Philipp Koch, Senacor Technologies

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