Machine Learning als Schlüssel zu effektiver Transaktionsüberwachung
Die Digitale Transformation bringt dem Finanzsektor nicht nur Vorteile und Annehmlichkeiten. Im Zuge des Schutzes vor cyberkriminellen Tätigkeiten, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind herkömmliche Kontrollmechanismen angesichts der wachsenden Datenmengen häufig überfordert. Banken stehen zudem unter immer größerem Druck, Geldflüsse effektiv auf die Einhaltung von Gesetzen zu kontrollieren. Subhasis Bandyopadhya, Head of BFS und Ralf Reich, Head of Continental Europe bei Mindtree erklären, wie Machine Learning und Künstliche Intelligenz bei der Transaktionsüberwachung unterstützen können.
von Ralf Reich und Subhasis Bandyopadhyay, Mindtree
Wie viele andere Industrien auch befindet sich der Finanzsektor aufgrund der Digitalisierung im Umbruch. Neben Vorteilen durch verschlankte Prozesse oder neue Apps und Tools, die Kunden den Gang zur Bankfiliale ersparen, stellen die täglich wachsenden Datenmengen eine Herausforderung für Banken dar.Besonders die Kontrolle zur Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Vorschriften gestaltet sich zunehmend schwierig. Ein Report der Boston Consulting Group zeigt, dass sich die Anzahl einzelner Vorschriftenänderungen, die Banken weltweit einhalten müssen, seit 2011 mehr als verdreifacht hat. Dies hat durchschnittlich zu 200 Überprüfungen pro Tag geführt.
Da Aufsichtsbehörden ihre Kontrollen vor allem in Bezug auf Transaktionsüberwachung verschärft haben, riskieren Banken hohe Bußgelder für Nichterfüllung der Vorschriften. Seit 2008 waren es 321 Milliarden US-Dollar, davon alleine 590 Millionen Euro für die Deutsche Bank. Die Financial Conduct Authority (FCA) sprach die höchste jemals verhängte Strafe aus, weil die Bank nicht in der Lage war, Geldwäschen im Wert von zehn Milliarden Euro nach Russland zu unterbinden.
Datenvolumen verhindern traditionelle Analysemethoden
Die zuverlässige Kontrolle von Transaktionen gemäß geltender Richtlinien gestaltet sich aus mehreren Gründen in der heutigen Zeit schwierig.
Die Kombination aus immer weiter wachsenden Datenmengen und dezentralisierten Transaktionssystemen erschweren eine Integration von Monitoring-Systemen. Als Folge wird es für Menschen unmöglich, sämtliche Transaktionen im Blick zu haben und effiziente Kontrollen zu gewährleisten.”
Zudem erschwert es die zunehmende Komplexität traditionellen Monitoring-Systemen, die Einhaltung von Richtlinien durchgängig im Blick zu behalten. Sie stehen alleine schon vor der Herausforderung, Schwellenwerte und Parameter festzulegen, die zuverlässig vor Verstößen gegen Vorschriften zu warnen. Sind die Werte zu niedrig angesetzt, wird das System mit einer hohen Anzahl an Warnungen gefüllt, die alle zeitnah analysiert werden müssen. Wenn die Werte wiederum zu hoch veranschlagt sind, sinkt infolgedessen die Alarmquote, sodass das Unternehmen möglicherweise nicht alle verdächtigen Aktivitäten erkennen kann. Darüber hinaus stellt das Erkennen und schnelle Vorgehen gegen Fehlalarme (false positives) eine weitere Herausforderung dar.
Machine Learning und Künstliche Intelligenz
Die Bewältigung großer Datenmengen und die Entlastung der damit betrauten Mitarbeiter ist kein Problem, das sich auf den Finanzsektor beschränkt. Für solche Aufgaben kommen in vielen anderen Bereichen daher bereits Machine Learning und Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Plattformen mit diesen Technologien können die quantitativen und repetitiven Aufgaben schneller und zuverlässiger bewältigen als Menschen. Außerdem verfügen sie über die Fähigkeit, selbst dazu zu lernen und Schlüsse zu ziehen. Im Gegensatz zu statischen Vorgehensweisen alter Monitoring-Systeme brechen Machine-Learning-Systeme nicht unter der komplexen Datenlast zusammen, sondern entwickeln sich kontinuierlich anhand neuer Datenpunkte und Nutzeranalysen immer weiter. Dadurch sind sie besser in der Lage, Transaktionen zu identifizieren, die echte Risiken darstellen.
Subhasis Bandyopadhyay ist Head of BFS Practice, ebenfalls bei Mindtree. Bandyopadhyay leitet den BFSI-Bereich (Banking, Financial services and Insurance) bei Mindtree. Er ist verantwortlich für das Angebot an BFSI-Lösungen, Domain-Consulting, Allianzmanagement und den Aufbau von Domain-Kompetenzen und bietet entsprechende Führung an.
Kommt es beispielsweise zu ungewöhnlichen Abweichungen im Wert oder dem Umfang von Transaktionen, sind die Plattformen schneller in der Lage, diese zu bemerken als Menschen, da sie sie in Echtzeit mit historischen Daten abgleichen können. Gleiches gilt für die Identifikation schneller und ungewöhnliche Geldströme, die Überprüfung sanktionierter und politisch auffälliger Einzelpersonen sowie die Suche nach Aktivitäten bekannter terroristischer Organisationen. Allein vom Sicherheitsstandpunkt her profitieren Finanzinstitute also schon von den iterativen Analysen und Lernkapazitäten dieser Plattform.
Weitere Anwendungsgebiete des Machine Learning finden sich beispielsweise im Kreditrisikomanagement, wo anhand der Tilgungshistorie von Kunden Empfehlungen für Kreditvergaben erfolgen können oder beim Kundenservice anhand der Erstellung umfangreicher Kundenprofile. Da es sich bei allen Modellen um iterative Prozesse handelt, verbessern sich diese mit fortschreitendem Einsatz immer weiter und können so immer präzisere Vorhersagen treffen und Empfehlungen abgeben.
Abstand zu FinTechs halten
Die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung und strenge regulatorische Anforderungen sorgen für massive Umwälzungen im Finanzsektor. Damit sich etablierte Banken erfolgreich dafür wappnen können und die FinTech-Konkurrenz auf Distanz halten, ist es von entscheidender Bedeutung, neue Technologien – vor allem Machine Learning – schnellstmöglich einzubeziehen, um die Vorteile in allen Bereichen ausnutzen zu können. Der Verzicht auf die herkömmlichen starren Systeme und die Einführung innovativer neuer Plattformen wird nicht nur die Betriebskosten für Banken erheblich senken, sondern auch die Verarbeitung großer Datenmengen reibungslos gestalten. Nur so können sie Alarmprognosen verbessern und tagtäglich präzise Ergebnisse liefern.aj
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