Lex Apple Pay: Kopfschmerzen in Cupertino? Der Kommentar von Rudolf Linsenbarth
Gestern (14.11.) wurde ein Gesetz verabschiedet, das am Tag davor im Finanzausschuss des Bundestages beschlossen wurde. Im Kern ist es eigentlich ‘nur’ eine Änderung des Geldwäschegesetzes, fügte ihm aber auch den Paragraph 58a mit dem sperrigen Namen „Zugang zu technischen Infrastrukturleistungen bei der Erbringung von Zahlungsdiensten oder dem Betreiben des E-Geld-Geschäfts“ hinzu. Diesen Paragraphen könnte man auch “Lex Apple Pay” nennen – und er wird als Drucksache 19/15163 den Kaliforniern Kopfschmerzen verursachen. Kommentar & Einordnung
von Rudolf Linsenbarth
Die Drucksache 19/15163 sagt kurz gefasst: Ein Unternehmen, das über eine technische Infrastruktur (z.B. eine NFC Schnittstelle) verfügt, die zum Erbringen von Zahlungsdienstleistungen (z. B. kontaktloses Bezahlen) beiträgt, ist auf Anfrage eines Zahlungsdienstleisters (z. B. einer Bank) verpflichtet, diese Infrastruktur gegen angemessenes Entgelt zur Verfügung zu stellen.Allerdings gibt es zwei Einschränkungen:
1. Absatz 1 gilt nicht, wenn es sich im Zeitpunkt der Anfrage bei dem Systemunternehmen nicht um ein Unternehmen handelt, dessen technische Infrastrukturleistungen von mehr als 10 Zahlungsdienstleistern in Anspruch genommen werden oder das mehr als 2 Millionen registrierte Nutzer hat. 2. Das Unternehmen ist ausnahmsweise nicht verpflichtet, die technische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, wenn sachlich gerechtfertigte Gründe für die Ablehnung der Zurverfügungstellung vorliegen (z.B. die Sicherheit der technischen Infrastrukturleistungen sind dadurch konkret gefährdet). Die Ablehnung muss nachvollziehbar begründet sein.Und das bedeutet …
Nimmt man aus dem ersten Satz die doppelte Verneinung dann werden hier nur Infrastrukturanbieter adressiert, die eine gewisse Größe haben, also Startups und kleinere nationale Initiativen sind explizit ausgenommen. Das gibt dem Ganzen den Anstrich eines Lex Apple Pay.
Die zweite Einschränkung ist schon breit diskutiert worden. Aber insbesondere der letzte Satz: “Die Ablehnung ist nachvollziehbar zu begründen”, dürfte es aus meiner Sicht Apple schwer machen, Sicherheitsgründe für eine Ablehnung in den Vordergrund zu schieben.
Apple wird das so nicht stehen lassen
Aber man darf sich nichts vormachen, auch wenn Apple sich gerne als weißer Ritter darstellt, der nur das Wohl seiner Kunden im Auge hat, ist es doch ein Konzern, der knallhart auf Profitmaximierung getrimmt ist und weiß, wie er seine Interessen durchsetzen muss. Die richtigen Durchwahlen im Kanzleramt scheinen jedenfalls bekannt zu sein.
Welche Auswirkungen haben wir jetzt von diesem Gesetz zu erwarten?
Ich denke in naher Zukunft keine. Die Juristen von Apple werden wahrscheinlich versuchen, dieses nationale Verfahren auf europäischer Ebene auszuhebeln und möglicherweise wird ihnen das auch gelingen. Allerdings hat das Gesetz auch etwas sehr Positives, bisher mussten die Banken immer in die sehr dichten Abwehrlinien von Apple rennen und waren dabei nicht sonderlich erfolgreich. Am erbittertsten wurde dieser Kampf bisher in Australien ausgetragen – wie hier beschrieben ist: Apple wins Australian court ruling against banks to retain Apple Pay control.
Bei dem Thema geht es auch nicht nur um den Zugang zur NFC Schnittstelle, sondern auch um die Knebelverträge, die die Banken mit Apple abschließen müssen, um auf dem iPhone stattzufinden. Die zugehörigen NDA’s verhindern effektiv, dass man sich anschließend darüber beschweren kann.
Mit diesem Gesetz muss Apple erstmalig selber in die Bütt und gerät damit unter Rechtfertigungsdruck. Trotzdem ist davon auszugehen, dass wir gerade nur die Ouvertüre zu einer über Jahre anhaltenden rechtlichen Auseinandersetzung erleben.”
Als Beispiel kann man hier den 4 Jahre andauernden Browserkrieg mit Microsoft ansetzen: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Stationen-im-Microsoft-Kartellverfahren-69791.html
Aber nehmen wir mal für einen kurzen Augenblick an, die deutschen Banken erhalten wie gewünscht den Zugriff auf die NFC-Schnittstelle im nächsten Jahr. Wird es dann eine Flut innovativer Payment-Produkte auf dem iPhone geben? Wahrscheinlich eher nicht! Der Blick auf die Banklösungen in der Android-Welt ist da nicht besonders vielversprechend. Seit 1½ Jahren warte ich jetzt auf die Umsetzung von CDCVM der Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Wearables hat man anscheinend noch nicht überhaupt auf der Roadmap und selbst kleine Verbesserungen wie eine schnellere und übersichtlicher Transaktionshistorie wurden noch nicht umgesetzt.
Aus dieser Perspektive braucht man sich in Cupertino also keine Sorgen zu machen und wird den Widerstand wahrscheinlich über kurz oder lang aufgeben (müssen).”
Was aber auch kommen könnte, die Jungs in Kalifornien sind so sauer, dass man intensiv zurücktritt und die eigene Kreditkarte als nächstes in Deutschland forciert oder aber die girocard in Apple Pay erst mal auf Eis legt.
2020 verspricht in dieser Hinsicht extrem spannend zu werden.Rudolf Linsenbarth
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