Last Man Standing – CardProcess der letzte Netzbetreiber in Banken-Hand
Die Fusionen unter den Zahlungsdienstleistern erfolgen mit immer größeren Geschwindigkeiten und die Konzentration nimmt rapide zu. Wobei hier jetzt nicht Sinn oder Unsinn des Mergers Thema des Artikels sein soll. Heute geht es um die Auswirkungen auf die Struktur der Zahlungsnetzbetreiber. Nur diese technischen Dienstleister können die girocard-Autorisierungen zu den vier Kopfstellen der Bankverbände weiterleiten. Netzbetreiber sind also ein essentielles Bindeglied beim Zahlvorgang mit der girocard.
von Rudolf Linsenbarth
Wer wissen will, welche Unternehmen dazu in der Lage sind (also Autorisierungen zu den vier Kopfstellen der Bankverbände weiterzuleiten), findet eine komplette Liste beim Bundesverband der Electronish Cash Netzbetreiber ( https://b-ec-n.de ). Fun Fact: Lustig, das die Zahlungsdienstleister der girocard sich noch mit ec-Kürzel schmücken. Macht aber nichts – diese Unternehmen sind nur Insidern bekannt und girocard heißt ja gefühlt immer noch ec-Karte.Also die BS-Payone ist jetzt nicht mehr im Besitz der Sparkassen, damit hat sich die vorletzte Bank aus dem aktiven Netzbetrieb zurückgezogen. Die Deutsche Bank ist zwar im Besitz der VÖB-ZVD Processing GmbH, hier betreibt man aber nur noch pro forma ein einziges Terminal, um die Netzbetreiber-Lizenz nicht zu verlieren. Den Rest hatte man schon vorher versilbert und an die SIX Payment Solution verkauft. Bei SIX Payment werden jetzt einige Leser aufhorchen, genau dieses Unternehmen ist ja gerade von ATOS Worldline übernommen. Wordline hat damit jetzt schon zwei Netzbetreiber – SIX und die vor einigen Jahren erworbene PaySquare. Ingenico spielt jetzt in der gleichen Liga und besitzt ebenfalls 2 Netzbetreiber.
Krösus im Club der Mehrfach-Eigentümer ist aber Concardis, mittlerweile selber vom dänischen Zahlungsverkehrsspezialisten Nets übernommen. Das Frankfurter Unternehmen nennt mittlerweile zwei Netzbetreiber sein Eigen, nämlich Concardis (vormals ICP), cardtech und hält an der WEAT eine wesentliche Beteiligung. Man darf gespannt sein, wann hier die Synergien gehoben werden und eine Zusammenlegung erfolgt. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob es in Zukunft überhaupt noch Netzbetreiber braucht, um eine Kartenzahlung zu autorisieren. Vor der Beantwortung ist vielleicht ein Blick auf die Branchen, aus denen die Eigentümer kommen recht aufschlussreich.
Netzbetreiber | Konzern | Branche | |
---|---|---|---|
1 | BS PAYONE GmbH | Ingenico | Technologieunternehmen/ Terminalhersteller |
2 | BP Europa SE | BP | Handel |
3 | CardProcess GmbH | DZ Bank | Bank |
4 | cardtech Card & POS Service GmbH | Nets | Payment Provider |
5 | DB Vertrieb GmbH | Deutsche Bahn | Handel |
6 | Douglas Informatik & Service GmbH | -- | Handel |
7 | Elavon Financial Services DAC | U.S. Bancorp | Payment Provider |
8 | Concardis GmbH | Nets | Payment Provider |
9 | Ingenico Payment Services GmbH | Ingenico | Technologieunternehmen/ Terminalhersteller |
10 | InterCard AG | Verifone | Technologieunternehmen/ Terminalhersteller |
11 | LAVEGO AG | -- | Payment Provider |
12 | PaySquare SE | Worldline | Technologieunternehmen/ Terminalhersteller |
13 | REWE | REWE | Handel |
14 | SIX Payment Services (Europe) S.A. | Worldline | Technologieunternehmen/ Terminalhersteller |
15 | VöB-ZVD Processing GmbH | Deutsche Bank | Bank |
16 | Shell Deutschland Oil GmbH | Shell | Handel |
17 | TeleCash GmbH & Co. KG | First Data | Payment Provider |
18 | transact Elektronische Zahlungssysteme GmbH | Euronet Worldwide | Payment Provider |
19a | WEAT Electronic Datenservice GmbH | Nets, First Data | Payment Provider |
19b | WEAT Electronic Datenservice GmbH | Westfalen AG, AGIP | Handel |
Wem Netzbetreiber gehören
Von den 19 Netzbetreibern sind 6,5 im Besitz eines reinen Zahlungsdienstleisters, 5 gehören einem Terminalhersteller (wobei ich da Worldline mal großzügig mit hinzunehme), 5,5 sind im Besitz des Handels und 2 verbleiben im Besitz einer Bank, eigentlich nur einer da VÖB-ZVD am Markt nicht mehr aktiv ist.
Wenn man schaut, wer in letzter Zeit hier massiv zugekauft hat, dann stechen vor allem die Terminalhersteller hervor. Ingenico mit dem Erwerb der Easy-Cash und Payone, Verifone mit Intercard und ATOS Worldline schließlich mit Paysquare und SIX. Für sie wird es immer wichtiger, die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren, um bei technischen Entwicklungen nicht plötzlich abgehängt zu werden. Wer mit dem technischen Fortschritt nicht Schritt hält, verliert wie ICP den Anschluss.
Im Handel bewegst sich nichts – noch …
Wenig Bewegung gab es im Netzbetrieb des Handels. Ausnahme ist die WEAT. Der Name steht für die Gründungsmitglieder Westfalen, ELF, AGIP und TOTAL. Mittlerweile sind nur noch Westafalen (20%) und AGIP (20%) an Bord die restlichen Anteile besitzen jetzt Concardis (40%) und First Data (20%). Es ist jetzt nicht zu erwarten, dass BP, REWE oder Shell sich ebenfalls schnell von ihren Aktivitäten trennen. Bei der Douglas Informatik sieht das aber schon anders aus. Durch die Zerschlagung der Gruppe kämpft nun jeder für sich allein, wenn Douglas Informatik beim Rennen um den besten Preis die Luft ausgeht, kommt auch hier die Stunde der Wahrheit. Ob für die Deutsche Bahn auf Dauer ein eigener Netzbetrieb einen Sinn ergibt, wenn die meisten Karten nicht mehr am Schalter oder Fahrkartenautomaten, sondern über eine App gekauft werden, ist auch so ein Punkt.
Bei Payment Providern ist Größe alles
In Bezug auf die Größe steht LAVEGO ohne Partner oder einen starken Konzern im Hintergrund da. Hier sehe ich zumindest einen weiteren Übernahmekandidaten.
Jetzt kann man sich auch überlegen, wie es mit CardProcess weitergeht. Die Tendenz spricht eher nicht dafür, dass das Unternehmen in seiner jetzigen Struktur so bestehen bleibt.”
Zum einen sehen Banken Ihre Kernkompetenz nicht mehr im Netzbetrieb. Die aus Bankensicht interessanteren Bereiche sind die Zahlungsautorisierung und das Karten-Processing. Ein Bereich, den sich die Fiducia mit 50,2% Mehrheitseigener an der CardProcess vielleicht auch gerne einverleiben möchte. Nur was passiert dann mit dem Netzbetrieb? Den könnte zum Beispiel die EURO-Information S. A. übernehmen. Das Unternehmen aus der Crédit Mutuel Gruppe ist in Frankreich bereits der größte Zahlungsdienstleister und zudem bereits mit 5% an CardProcess beteiligt.
Die französische Bankengruppe würde bestimmt gerne eine Übernahme wie die der Targobank wiederholen. Da passen Cardprocess, Douglas Informatik und Deutsche Bahn Netzbetrieb perfekt ins Beuteschema.
Update: 7.6.2018 21:00: Bei der Recherche zu den Eigentümerverhältnissen führte uns Google auf die folgende Seite: https://www.cardprocess.de/index.php/component/content/category/7-unternehmen (die Informationen sind mittlerweile entfernt worden). Demnach habe cardprocess die folgenden Gesellschafter:
1. Fiducia GAD AG 50,2 %
2. DZ Bank AG 39,8 %
3. DG Verlag 5 %
4. EURO-Information S. A. 5 %
Nach erscheinen dieses Artikels erhielten wir den Hinweis von Cardprocess, dass der Fiducia Anteil zu Anfang diesen Jahres von der DZ Bank übernommen wurde. Bei den anderen Gesellschaftern gab es keine Veränderung.
Dies ist kann man als Bekenntnis der DZ Bank zu einem eigenständigen Zahlungsdienstleister werten. Zudem passt es zur bodenständigen Tradition der Genossenschaftsbanken. Wir vom IT-Finanzmagazin bleiben am Thema!Rudolf Linsenbarth
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