KPMG-Studie: Sourcing-Potenziale ungenutzt – Finanzdienstleister setzen auf Cloud und KI
Von Public Cloud über generative KI bis Prozessautomatisierung: Obwohl die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern im Finanzsektor nichts Neues ist, steht die Branche vor einer Sourcing-Revolution. Selten war das Potenzial so groß. Die aktuelle Studie „Sourcing in der Finanzbranche“ (Website) von KPMG hat das Sourcing-Niveau der deutschen Finanzdienstleister untersucht. Die Autoren Daniel Wagenknecht und Olaf Rösener entdeckten dabei einen hohen Vernetzungsgrad – aber auch ungenutzte Potenziale.
von Daniel Wagenknecht, Partner bei KPMG und Olaf Rösener, Senior Manager KPMG
Viele Kunden eines großen deutschen Telekommunikationsunternehmens erinnern sich mit Schrecken an die vor einigen Jahren neu aufgesetzte Kundenbetreuung mit automatischer Sprachsteuerung: „Ich habe sie nicht verstanden“, lautete die Lieblingsantwort des Systems. Gespräche mit dem berüchtigten TelKo-Bot verursachten Wutanfälle von Flensburg bis Freilassing.Seitdem hat sich zum Glück einiges getan, denn Technologien wie generative KI haben Serienreife erlangt. Spätestens seit der Veröffentlichung von OpenAI im Herbst 2022 ist der Hype riesig und die Potenziale scheinen mögliche Macken und Kinderkrankheiten bei Weitem zu überwiegen.
Hohe Readiness, Ziel: Qualität
Auch Finanzdienstleister haben die Chance, von Technologie-Innovationen – zum Beispiel für die Prozessautomatisierung – zu profitieren, indem sie durch Sourcing ihre Effizienz steigern, Kosten senken und ihre Qualität erhöhen. Sie versprechen sich Zugang zu den Technologien Cloud (52 %), KI und Machine Learning (51 %), Robotic Process Automation (RPA, 35 %), Distributed Ledger Technology (DLT, 26 %), Internet of Things (IoT, 25 %), Quantencomputing (22 %) und Low- bzw. Low-Code-Plattformen.
Dieses Zusammentreffen eines hohen technologischen Reifegrads und einer hypervernetzten Welt macht Sourcing derzeit zu einem so spannenden Bereich in der Finanzbranche.”
Zumal 90 Prozent der Finanzunternehmen ihre eigene Sourcing Readiness als „hoch“ oder „sehr hoch“ einschätzen – die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für Sourcing also vorhanden sein sollten.
In diesem Kontext haben sich auch die Ziele gewandelt: Stand bis vor wenigen Jahren meist Kostenoptimierung im Fokus der Unternehmen, belegt heute die Steigerung der Qualität (46 %) Platz 1, gefolgt von Effizienzsteigerung (42 %) und finanzieller Flexibilität (40 %). Zudem bezeichnen 61 Prozent der Finanzdienstleister Sourcing als grundlegend für ihre Digitalisierung
Offshore-Sourcing kommt zu kurz
Durch das Auslagern bestimmter Geschäftsbereiche erreichen Finanzdienstleister nicht nur mehr Effizienz und Qualität, sie begegnen auch dem in Deutschland so akuten Fachkräftemangel: Je mehr Sourcing, desto mehr Personal steht vor Ort zur Verfügung, das sich um die Kernkompetenzen des Unternehmens kümmern kann. Eine Zahl fällt in diesem Zusammenhang besonders auf:
Nur acht Prozent der Institute setzen beim Sourcing auf Offshore-Modelle, also Dienstleister außerhalb Europas.”
Natürlich sind Datenschutzbestimmungen (39 Prozent der Unternehmen bezeichnen sie als Hindernisfaktor), Regulatorik (31 Prozent) und technische Anbindung (31 Prozent) im Nicht-EU-Ausland mitunter komplexer. Allerdings lohnt es sich trotzdem, diese Investitionshürden in Angriff zu nehmen.
Neue Dimension der Kosteneffizienz
Allerdings ist der Fachkräftemangel kein rein deutsches Phänomen. Rückläufige Geburtenraten und die Überalterung der Bevölkerung werden in Europa weiter um sich greifen und das Anwerben von Fachkräften in der gesamten EU in den kommenden Jahren schwieriger machen. Hinzu kommt: Kosteneffizienz außerhalb Europas spielt sich in einer anderen Dimension ab. Wollen die Institute hier mit internationalen Trends schritthalten, führt am Offshore-Modell in Zukunft kein Weg vorbei. Wie immer werden hier die Unternehmen Wettbewerbsvorteile haben, die den Trend frühzeitig erkennen.
Und noch eine Zahl sticht ins Auge:
Obwohl 96 Prozent der Unternehmen über ein effizientes, softwaregestütztes Sourcing Management verfügen und 40 Prozent dieses in eine übergreifende Compliance- und Risiko-Softwaresuite integriert haben, arbeiten die Institute mit vergleichsweise vielen Dienstleistern zusammen.”
Fast ein Drittel der Banken (28 %) hat zwischen 100 und 249 Sourcing-Partner. Das deutet einerseits auf einen hohen Integrationsgrad des Sourcing-Modells hin, andererseits aber auf eine noch zu wenig homogene Sourcing-Strategie. Je konsequenter die Branche Sourcing künftig umsetzt und auf kompetente, vertrauenswürdige Partner setzt, desto weiter wird diese Anzahl voraussichtlich sinken.
Die vollständige Studie „Sourcing in der Finanzbranche“ erhalten Sie hier nach Eingabe der Kontaktdaten.Daniel Wagenknecht und Olaf Rösener, KPMG/aj
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/214322
Schreiben Sie einen Kommentar