Kartenzahlung 2023 – girocard mit oder ohne CoBadge?
Im Artikel Kartenzahlung 2023 – eine Strategie wird noch gesucht haben wir beleuchtet, wie sich einzelne Banken auf die anstehenden Änderungen beim Co-Badge der girocard vorbereiten. In diesem Artikel wollen wir die Frage des girocard CoBadge aus Sicht der Verbraucher, des Handels und der Zahlungsdienstleister betrachten.
von Rudolf Linsenbarth
Ein Thema im vorigen Beitrag war die seit 2 Jahren währende Einführung der Sparkassen girocard (Website) mit Debit Mastercard CoBadge. Mittlerweile hat sich der Nebel gelichtet und es gibt nun Klarheit bei der Digitalisierung dieser neuen girocard. Sowohl in der Android-eigenen Lösung als auch bei Apple Pay wird sie als eine einzige Karte virtualisiert, die sich in der Folge dann genauso verhalten soll wie das Plastik-Pendant. Damit scheinen zumindest die Sparkassen ihre neue girocard-Strategie offensichtlich gefunden zu haben.Und was bedeuten die girocard CoBadge-Strategien nun aus Sicht der Verbraucher, des Handels und der Zahlungsdienstleister?
Der Verbraucher
Autor Rudolf LinsenbarthRudolf Linsenbarth beschäftigt sich mit Mobile Payment, NFC, Kundenbindung und digitaler Identität. Er ist seit über 15 Jahren in den Bereichen Banken, Consulting, IT und Handel tätig. Linsenbarth ist profilierter Fachautor und Praktiker im Finanzbereich und kommentiert bei Twitter (@holimuk) die aktuellen Entwicklungen. Alle Beiträge schreibt Linsenbarth im eigenen Namen.Für den Kunden bedeutet die Abschaffung des Co-Badge zunächst eine weitere Plastikkarte mehr im Geldbeutel. Einem Karten-Junkie, dessen Portemonnaie bereits über genügend Fächer verfügt und der sowieso gewohnt ist, seine Karten anlassbezogen auszuwählen, dürfte das wahrscheinlich egal sein.
Wer aber von seiner Bank in Zukunft zwei Karten an die Hand bekommt, muss sich in Zukunft schon ein bisschen intensiver mit den Akzeptanz-Logos beschäftigen. Auch wenn die girocard in Deutschland sehr weit verbreitet ist, überall funktioniert sie dann doch nicht mehr. Da wären zum Beispiel die Modekette Primark oder Händler, die ein mPOS-Terminal wie das von SumUP oder Zettle verwenden.
Wer die Karte vor allem zum Bezug von Bargeld einsetzt, ist dagegen mit der girocard gut bedient. Für Cash an der Ladenkasse oder beim kostenfreien Bargeldbezug in einem der vier Geldautomatenverbünde ist die girocard meist das propagierte Kartenprodukt der Wahl.
Am Ende des Tages ist dem Kunden egal, womit er bezahlt. Es muss vor allem funktionieren. Das wird in der derzeitigen Situation am besten über eine girocard mit Co-Badge abgebildet. Wenn das auch für die virtuelle Karte gilt, umso besser!”
Der Handel
Den Handel sollte man nicht als monolithischen Block betrachten, die Interessen divergieren in Abhängigkeit von der Größe eines Händlers und seiner Branchenzugehörigkeit erheblich.
Händler, die sowohl girocard als auch Mastercard und VISA akzeptieren, müssen bei den beiden letzteren mit höheren Transaktionsgebühren rechnen. Eine Verschiebung des Zahlungsmix in Richtung der US Schemes bedeutet also höhere Kosten. Aber hier gilt die Binsenweisheit:
Die Flut hebt alle Boote!”
Wenn also alle Händler in einer Branche mit denselben strukturellen Kosten konfrontiert werden, richtet sich der Blick zuerst auf die Wettbewerber.
Wir beobachten seit vielen Jahren eine Angleichung der Akzeptanzstruktur. Das heißt die Einführung einer neuen Zahlungsart ist meist nicht auf einen Händler beschränkt, sondern erstreckt sich über die gesamte Branche. Sehr schön zu beobachten bei den Bäckern. Galten diese jahrelang als Verweigerer der Kartenzahlung, hat sich die Situation hier erheblich geändert. Mit Einführung der Kartenzahlung in den Backstuben hatten einige noch auf girocard only gesetzt.
Am Ende setzte sich dann aber die Erkenntnis durch, dass die Akzeptanz von Mastercard und VISA, gerade im Hinblick auf den Einsatz von Apple und Google Pay Sinn macht.”
Probleme mit „hohen“ Transaktionsgebühren haben vor allem Branchen, bei denen der Kassenbon öfter mal im 4-stelligen Bereich liegt. Hier ist es schon relevant, ob das Disagio bei einer bestimmten Zahlart 0,5 % höher ist. Beispiele dafür sind Apotheken und Fahrradhändler, die dann wenig verwunderlich, öfter nur die girocard akzeptieren.
Der Erhalt der girocard hat für den Handel aber noch weitere Aspekte. Sie bietet dem Handel die Möglichkeit, auf das Lastschriftverfahren ELV auszuweichen. Das führt zu einer komfortablen Position gegenüber den Banken bei den Verhandlungen über die girocard-Händlerentgelte. Bei den Interchange-Gebühren von Mastercard und VISA gibt es dagegen keinen Spielraum. Die Scheme Fees sind ebenfalls vorgegeben. Wer gut verhandelt, kann eventuell aber vielleicht einen Werbekostenzuschuss für ein bestimmtes Zahlverfahren abgreifen.
Das oben beschriebene Szenario gilt aber nur für die Großen der Branche, mittlere und kleine Händler müssen die Preisvorgaben der Branche akzeptieren. Zumindest Kleinunternehmer mit geringer Bon-Höhe wie Imbissbuden haben mittlerweile durch die neuen mPOS-Angebote von SumUP und Zettle eine Alternative.
Am Ende des Tages gibt eine girocard mit CoBadge dem Handel einen breiteren Gestaltungsspielraum, den dieser auch entsprechend nutzt.”
Die Zahlungsdienstleister
Beim klassischen Akzeptanzvertrag für eine Kartenzahlung hat der Dienstleister bei den Produkten von Mastercard und VISA eine höhere Marge als bei der girocard. Das nationale Karten Scheme bedeutet aber auch eine Eintrittsbarriere für internationale Wettbewerber. Zudem bieten einige Netzbetreiber ihren Kunden das ELV-Verfahren offensiv an und fahren damit wirtschaftlich anscheinend sehr gut.
Ein Ende des CoBadge hat für diese Branche nur Auswirkungen, wenn das langfristig zur Einstellung der girocard führt.”
Fazit
Die girocard ist derzeit das dominierende Zahlverfahren im deutschen Einzelhandel. Eine hundertprozentige Abdeckung wird zwar nicht mehr erreicht, aber die Akzeptanz ist doch wesentlich höher als bei den Debit-Karten von Mastercard und VISA. Im Augenblick liegt man also mit einer CoBadge-girocard auf der sicheren Seite.
Wenn nun ein Teil der Banken den Kunden die girocard nur noch als kostenpflichtiges Zusatzprodukt anbietet, wird natürlich auch die Anzahl der Kartenzahler steigen, die frustiert ein girocard-only-Geschäft verlassen. Das könnte wiederum zur Folge haben, dass die Zahl dieser Geschäfte sinkt. In solch einem „Regelkreis“ wird die girocard an Bedeutung verlieren.
Das Fortbestehen der girocard liegt also im Zusammenspiel von Banken, die am CoBadge festhalten und Händlern, die ausschließlich das nationale Zahlungssystem akzeptieren.Rudolf Linsenbarth
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