ARCHIV24. April 2024

Joachim Nagel: „Der digitale Euro, eine Frage des Vertrauens“

Dr. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, sprach auf der DZ Bank Capital Markets Conference 2024 über die Notwendigkeit der Einführung eines digitalen Euros und die aktuellen Herausforderungen der Geldpolitik. In seiner Rede am Pariser Platz in Berlin betonte er die dramatische Veränderung im Zahlungsverkehr und die anhaltende hohe Kerninflation trotz der jüngsten Maßnahmen des Eurosystems. Nagel bekräftigte, dass der digitale Euro als sichere und umfassend einsetzbare Alternative zu Bargeld geplant sei, die das Vertrauen in das finanzielle System stärken und die europäische Unabhängigkeit fördern soll.

Joachim Nagel, der Präsident der Deutschen Bundesbank, eröffnete den dritten Tag der DZ Bank Capital Markets Conference 2024 mit einer bedeutenden Rede zur Zukunft des Zahlungsverkehrs und der Geldpolitik, gehalten am symbolträchtigen Pariser Platz in Berlin.

Nagel begann seine Rede mit einer Betrachtung der historischen und aktuellen Bedeutung des Veranstaltungsortes, des Pariser Platzes, der „ein Symbol der Transformation” darstellt. Diese Einleitung leitete über zu seinem Hauptthema: die Transformation im Zahlungsverkehr und die Reaktion der Zentralbank darauf.

Der Präsident zeichnete ein Bild der Entwicklung im Zahlungsverkehr seit 1998, als das Brandenburger Tor für den Autoverkehr geöffnet wurde und Bargeld noch das dominante Zahlungsmittel war. Heute sieht die Lage anders aus: „Banknoten und Münzen sind zwar immer noch das bevorzugte Zahlungsmittel am Verkaufsort, aber der Anteil der Bargeldzahlungen am Einzelhandelsumsatz hat sich in etwa halbiert,“ erklärte Nagel. Inzwischen haben sich bargeldlose Zahlungsmethoden stark verbreitet, eine Entwicklung, die sich voraussichtlich fortsetzen wird.

Der digitale Wandel hat die Zahlungslandschaft radikal verändert. Wir erleben viele neue Akteure, darunter FinTech-Start-ups und BigTechs, die erfolgreich in den Zahlungsverkehrsmarkt eingetreten sind und dort eine herausragende Stellung eingenommen haben. Durch das Angebot innovativer und bequemer Zahlungsmittel haben sie die etablierten Anbieter von Zahlungslösungen herausgefordert.“

Dr. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank

Vertrauen schaffen in digitalen Zahlungsverkehr

Ein zentrales Thema seiner Rede war das Projekt des digitalen Euros, das darauf abzielt, eine Zentralbank-Digitalwährung (CBDC) einzuführen. Dr. Nagel betonte die Notwendigkeit dieses Schrittes in die digitale Sphäre. Zur Geldpolitik führte Nagel aus, dass die Eurosystem-Antwort auf den jüngsten Inflationsanstieg entschlossen und kraftvoll war. „Seit Juli 2022 haben wir unsere Leitzinsen in zehn aufeinanderfolgenden Schritten um insgesamt 450 Basispunkte erhöht,” erklärte er und fügte hinzu, dass diese Maßnahmen zu einem signifikanten Rückgang der Inflation geführt haben, von zweistelligen Werten im Herbst 2022 auf 2,4 Prozent im März 2024. Er äußerte jedoch Bedenken bezüglich der anhaltend hohen Kerninflation und betonte, dass das Eurosystem weiterhin datenabhängig entscheiden werde, wie es vorangeht.

Beim digitalen Euro unterstrich Nagel die Bedeutung von Vertrauen im Zahlungsverkehr, welches „die Seele des Geldes“ sei. Er betonte die Notwendigkeit, in digitalen Zeiten eine vertrauenswürdige und sichere alternative Zahlungsmethode zu bieten, und versicherte, dass der digitale Euro hohe Datenschutzstandards bieten und den Zugang zu Zahlungsmethoden demokratisieren werde.

Uwe Nölke/Bundesbank

Die meisten Menschen würden mit dem digitalen Euro bezahlen, indem sie die bestehende Online-Banking-App ihrer Bank oder die digitale Euro-App auf ihrem Smartphone nutzen. Aber auch Personen, die kein Smartphone besitzen, sollten digitale Euro-Zahlungen vorzunehmen können. Eine Option, die derzeit vom Gesetzgeber erörtert wird, ist die Ausgabe physischer Karten, die auch Personen ohne Bankkonto zur Verfügung stehen würden.“

Dr. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank

Neue Technologien als sinnvolles Wagnis

Abschließend nutzte Nagel ein historisches Beispiel, um die potenzielle Bedeutung des digitalen Euros hervorzuheben: „Ken Olsen, der Gründer der Digital Equipment Corporation, sagte 1977, es gebe keinen Grund, warum jemand einen Computer in seinem Haus haben wolle. Wie falsch er lag!“ Ähnlich, so Nagel, könnte die öffentliche Meinung sich ändern, sobald die Menschen die praktischen Vorteile des digitalen Euros sehen würden.

Die Rede endete mit einer positiven Vision für die Zukunft des digitalen Euros, den Nagel als einen zukünftig zentralen Bestandteil der Zahlungslandschaft ansah, ähnlich wie der Pariser Platz heute im Herzen Berlins steht.tw

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