IT-Dienstleister Datagroup kauft sich Portavis und will FIS-Anbieter werden – Max H.-H. Schaber im Interview
Nach der Übernahme des ehemaligen Shared Service Centers der IKB Deutsche Industriebank AG, ikb Data, akquiriert Datagroup mit Diebold Nixdorf Portavis erneut ein Unternehmen im Banken- und Finanzbereich. Insgesamt hat das Unternehmen bereits 24 Mal zugeschlagen. Bei Portavis würde die Datagroup (sofern das Kartellamt zustimmt) daraufhin mit 68 Prozent Hauptgesellschafter der Portavis werden, neben der Hamburger Sparkasse und der Bremer Sparkasse. Im Interview erklärt Max H.-H. Schaber(VV) die Hintergründe und Erwartungen.
Herr Schaber, es heißt, Datagroup wolle verstärkt Dienstleister für Banken und Finanzdienstleister werden. Warum? Was reizt Sie an der Branche?
Die Finanzbranche spürt auf der einen Seite wachsenden Druck hin zu Digitalisierung, auf der anderen Seite ist es aufgrund der starken Regulierung oft nicht einfach, diese voranzutreiben. Genau hier möchten wir als Maschinenraum der Digitalisierung unterstützen und zwar mit unserem bankenspezifischen IT-Know-how und natürlich Services, die den entsprechenden gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen entsprechen. Mit der Datagroup Financial IT Services haben wir den ersten Schritt getan, mit Portavis verstärken wir uns in diesem Bereich – vorbehaltlich der Zustimmung durch das Bundeskartellamt natürlich.Und was liefert Ihnen Portavis (das von Diebold Nixdorf kommt), was Ihnen bisher fehlte?
Portavis bietet zentrale und dezentrale IT-Services, darunter unter anderem die Installation, Storage, Firewalls bis hin zu Datenbanken und Applikationsmanagement. Das Ganze mit spezifischem Blick und unter Berücksichtigung der entsprechenden regulatorischen Anforderungen, wie zum Beispiel Business Continuity Management, Security Anforderungen, MARisk und BAIT. Wir sehen hier eine sehr gute Ergänzung zu unserem bestehenden Kernportfolio, Corbox, einer modularen Suite von IT-Services, mit denen wir die gesamte Unternehmens-IT abdecken können. Natürlich kommen mit Portavis auch viele Know-how-Träger, eine in der heutigen Zeit sehr knappe Ressource in Form von gut ausgebildeten Mitarbeitern mit an Bord.
Werden diese Portavis-Teile dann in der Datagroup aufgehen – oder wird es eigenständig bleiben?
Viele Unternehmen, die wir akquirieren, behalten ihren eigenständigen Charakter, das ist Teil unserer Strategie, so auch bei Portavis. Seit unserem Börsengang haben wir über 20 Unternehmen übernommen,
Portavis wäre – nach Zustimmung des Bundeskartellamtes – unsere 24. Akquisition.”
Dabei achten wir immer auf einen ganzheitlichen Ansatz und den Kontakt auf Augenhöhe, nicht nur mit unseren Kunden. Wir sprechen davon, Unternehmen einzugliedern. Damit meinen wir eine sehr behutsame Vorgehensweise, die die Stärken der hinzukommenden Unternehmen mit denen von Datagroup optimal verbindet. Natürlich wird das Branding angepasst und zentrale Dienste gemeinsam genutzt. Das hat sich bewährt, da so ein reger Austausch stattfindet, gleichzeitig aber die Kultur, das Verantwortungsbewusstsein und die oft über Jahre gewachsenen Kundenbeziehungen bestehen bleiben. Letztendlich bewahren wir die Assets, die wir gekauft haben. Die Gesellschaften selbst bleiben eigenständig, um den Charakter von mittelständischen Schnellbooten zu erreichen.
1983 gründete Max H.-H. Schaber die Datapec, Gesellschaft für Datenverarbeitung mbH und legte damit den Grundstein für die spätere Datagroup. Zuvor war er als System-Ingenieur, später als Assistent der Geschäftsleitung der Friedrich Co. Gesellschaft für Software- und System-Entwicklung mbH tätig. Sein Studium im Bereich Maschinenbau an der Universität Stuttgart sowie an den Fachhochschulen Augsburg und Reutlingen schloss er 1981 als Diplom-Ingenieur (FH) ab.
Und ändert sich dadurch etwas in der Angebotspalette von Portavis?
Das bestehende Portfolio bleibt erhalten, es wird aber durch unser einzigartiges Corbox-Portfolio ergänzt. Als Beispiele sehen hier im Bereich der Automatisierung Robots-as-a-Service genannt, also Robotic Process Automation aus der Cloud mit KI-Komponenten. Corbox entwickelt sich ständig weiter, so werden aktuell neue Produkte für den hochregulierten Finanzbereich geschaffen. Exemplarisch steht hier eine Lösung im forensischen Bereich.
Was bieten Sie nun, was andere nicht können?
Datagroup sieht sich als Maschinenraum der Digitalisierung, das bedeutet, durch standardisierte, hochqualitative IT-Services ermöglichen wir unseren Kunden, die Digitalisierung ihrer Prozesse voranzutreiben.
Mit Portavis und Datagroup Financial IT Services bringen wir das nötige bankenspezifische IT-Know-how mit, um neue Services mit Fokus auf die Finanzwelt zu entwickeln und auch damit Kunden aus diesem Segment noch besser von unseren bestehenden Services profitieren können.”
So haben wir zum Beispiel für eine Landesbank in einem aktuellen Transitionsprojekt den neuen Landesbank-Standard abgebildet und von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abnehmen lassen. Das Transitionsprojekt umfasste den Rollout von ca. 2.000 Bankarbeitsplätzen (Neuaufbau eines Clients unter Windows 10) sowie den Aufbau und Migration aller Bankanwendungsservern. Eine weitere Herausforderung bestand in der Einführung neuer Technologien im Arbeitsplatzumfeld (wie z.B. Einführung eines sichereren Browsers, Skype-Einführung, etc.). Zusätzlich wurde die Sicherheitsinfrastruktur mit den aktuellsten Anforderungen im Bereich SIEM, Identity Management Systeme für Standarduser als auch für die Administration. Dies Mischung aus Transformation und Transition konnte im regulierten Umfeld durch die Datagroup mit einer hohen Kundenzufriedenheit umgesetzt werden.
Was wäre Ihr Wunsch – wie sollen die Kunden von Portavis-Übernahme profitieren?
Wir erhoffen uns, durch die gemeinsame Arbeit, schnellere Innovationszyklen bei Produkten mit einem Fokus auf den Finanzbereich, also neue Dienstleistungsangebote mit höherer Verfügbarkeit.”
Zum Beispiel können wir über unsere Rechenzentrums-Architektur mit einem gespiegelten Datacenter mit einer Distanz von 10 km in Düsseldorf und einem zweiten gespiegelten Datacenter in Frankfurt, die über 200 km voneinander entfernt sind, den höchsten Anforderungen bezüglich Störfallsicherheit und Disaster-Recorvery entsprechen. Ein weiteres Merkmal ist die gemeinsame Nutzung unserer Shared Service Center, zum Beispiel im Bereich Service Desk. Hier entwickeln wir einen Know-how-Pool speziell für Bankkunden.
Haben Sie schon einen nächsten Übernahmekandidaten? Wo engagiert sich Datagroup möglicherweise als nächstes in der Finanzwirtschaft?
Zu laufenden M&A-Prozessen können wir keine Stellung nehmen.”
Generell sind wie jedoch daran interessiert, über Akquisitionen weiter zu wachsen und die Konsoldierung des IT Services Marktes voranzutreiben. Unser Fokus liegt hierbei ausschließlich auf Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben und überwiegend hier aktiv sind, vor allem mit einem Fokus auf den Mittelstand. Wir werden in nächster Zeit sicherlich wieder von uns hören lassen.
Herr Schaber, vielen Dank für das Interview.aj
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