STUDIEN & UMFRAGEN22. Dezember 2021

ING-Studie: Deutsche schätzen Barzahlungen wieder mehr

Der pandemiebedingte Vormarsch von bargeldlosen Zahlungen ist keine Einbahnstraße. Eine neue Umfrage der ING zeigt, dass nach dem Tief im Mai 2020 die Abkehr von Barzahlungen zuletzt wieder abgenommen hat. Die Entwicklung verläuft allerdings je nach Ausgabenart unterschiedlich.

Der Anteil der Barzahler ist von 2020 auf 2021 nur noch langsam zurückgegangen, im Lebensmittelhandel stagnierte er sogar. <Q>ING
Der Anteil der Barzahler ist von 2020 auf 2021 nur noch langsam zurückgegangen, im Lebensmittelhandel stagnierte er sogar. ING

 

Das Bemühen, die Covid-19-Pandemie durch Kontaktbeschränkungen einzudämmen, zeigte auch Wirkung beim Einkaufen und Bezahlen. Zum einen bat der Einzelhandel häufig darum, elektronisch oder gar kontaktlos zu bezahlen. Gerade kleinere Geschäfte, die bislang keine Kartenzahlungen angeboten hatten, rüsteten nun erstmals entsprechende Terminals nach. Zum anderen verlagerten sich zusätzliche Teile des Konsums in den Online-Handel, so dass die Gelegenheiten zum Barzahlen reduziert wurden.

Nach einer Sprunghaften Veränderung zu Beginn der Pandemie gehen die Anteile derjenigen, die mehr auf Karte und weniger auf Bargeld setzen nun langsam wieder zurück <Q>ING
Nach einer sprunghaften Veränderung zu Beginn der Pandemie gehen die Anteile derjenigen, die mehr auf Karte und weniger auf Bargeld setzen nun langsam wieder zurück ING

Viele Experten gingen davon aus, dass die Auswirkungen der Pandemie den Trend weg vom Bargeld beschleunigen werde: eine kontinuierliche Entwicklung nach unten, die zumindest zeitweise steiler verläuft, aber eben nur eine Richtung kennt. Die jüngste Umfrage der ING (kostenloser Download) zeigt nun jedoch einen Swing-back: Der Anteil der Konsumentinnen und Konsumenten, die pandemiebedingt mehr mit Karte bezahlen als vor Corona, ist wieder gesunken.

Gewöhnungseffekt bei Corona

Die Deutschen und ihr Bargeld, das ist eine ganz besondere Beziehung – in der es allerdings durch die Pandemie ein wenig zu kriseln begann. Die Strategie, physische Kontakte zu vermeiden, zeigte auch beim Einkaufen Wirkung. Im Mai 2020 gaben 44 Prozent der Befragten an, weniger Bargeld zu verwenden. Inzwischen ist ein Gewöhnungseffekt eingetreten. Im November 2021 sind es nur noch 34 Prozent, die weniger Bargeld verwenden als vor der Pandemie. Das bestätigt sich auch bei der Frage nach dem Einsatz von Giro- und Kreditkarten. Die waren im Mai von 42 Prozent der Befragten vermehrt genutzt worden, im November 2021 sind es ebenfalls nur noch 34 Prozent.

Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich bei der Verschiebung vom stationären zum Online-Handel. Auch dieser langfristige Trend war durch die Pandemie weiter befeuert worden, bekommt aber zumindest aus dieser Richtung nun etwas weniger Schub als noch vor anderthalb Jahren. Nur noch 35 Prozent geben jetzt weniger im Laden aus als vor Corona, zu Beginn der Pandemie war es noch mehr als die Hälfte gewesen – allerdings waren zuletzt die Geschäfte auch weitgehend geöffnet, anders als während der Lockdown-Phasen.

Damit einher geht ebenso die Sparneigung. Während zu Beginn der Pandemie teils aus Mangel an Konsumgelegenheiten, teils aber auch aus Vorsicht die Ausgaben zurückgefahren wurden und mehr Geld auf der hohen Kante landete, war hier bereits Ende 2020 ein deutlicher Rückgang zu bemerken, mit einem weiter leicht sinkenden Anteil im November 2021. Umgekehrt hatte es aber auch Konsumentinnen und Konsumenten gegeben, die weniger Geld zurücklegen konnten, sei es weil Desinfektionsmittel, Masken und Vorräte gekauft wurden, oder weil im Lockdown Einkommensverluste entstanden waren. Auch hier ist nun ein Rückgang zu beobachten.

Unterschiedliche Entwicklungen

Schaut man genauer hin, zeigt sich, dass sich die Trends je nach Art der Ausgaben durchaus unterscheiden. So dominierte zu Beginn von Corona das Zahlen mit Karte und Handy im Supermarkt bei den regelmäßigen Lebensmittelkäufen. Die bargeldlosen Zahlarten erreichten laut der ING-Umfrage einen Anteil von 60 Prozent, der sich im vergangenen Jahr nicht mehr geändert hat. Anders sieht es bei kleineren Ausgaben zwischendurch aus, zum Beispiel für einen Kaffee oder ein Mittagessen: Hier geben über 70 Prozent der Befragten an, derartige Ausgaben üblicherweise noch mit Bargeld zu bestreiten. Das gleiche gilt für Taxifahrten.

Die Zahlungspräferenzen unterscheiden sich in den unterschiedlichen Altersgruppen erheblich. <Q>ING
Die Zahlungspräferenzen unterscheiden sich in den unterschiedlichen Altersgruppen erheblich. ING

Auch hier zeigt sich aber, dass die pandemiebedingte Dynamik nachzulassen scheint: Während der Barzahler-Anteil in den verschiedenen Ausgabenarten von 2019 auf 2020 um bis zu 20 Prozentpunkte zurückgegangen war, lag der größte Rückgang von 2020 auf 2021 nur noch bei 9 Prozentpunkten und betraf den Bereich öffentliche Verkehrsmittel. Generell scheint zu gelten: Je größer der Rückgang im vergangenen Jahr, desto geringer ist er in 2021.

Die Zahlungsgewohnheiten sind allerdings auch eine Frage des Alters und ändern sich in der Regel nur langsam. Mit der Corona-Pandemie wurde das „Herauswachsen“ aus der Bargeld-Vorliebe einer ganzen Generation übersprungen. Die Verschiebung, die sich vor einem Jahr gezeigt hatte, entsprach von ihrer Größenordnung her ungefähr dem Unterschied zwischen den jüngeren und den älteren Altersgruppen der Befragung. So zahlen beispielsweise im Vergleich zu den Älteren (ab 35 Jahren) von den Jüngeren (18 bis 34 Jahre) das Taxi nur halb so viele, das Mittagessen, Kaffee und Snacks sowie öffentliche Verkehrsmittel nur etwa zwei Drittel noch bar. hj

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