Gemeinsam stark und gefährlich – deutsche FinTechs verbünden sich
Banken sehen FinTechs längst nicht mehr nur als Konkurrenten, sondern immer öfter auch als Partner. Doch auch immer mehr deutsche Finanz-Startups verbünden sich untereinander, wie der „FinTech-Kooperationsradar“ von PwC zeigt. Diese FinTech-Netzwerke können zur Gefahr für klassische Finanzdienstleister werden. Banken kooperieren insgesamt häufiger, Versicherer investieren hingegen höhere Summen und schließen mehr internationale Bündnisse.
Deutsche FinTechs kooperieren nicht nur immer häufiger mit Banken und Versicherern, wie der „FinTech-Kooperationsradar“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeigt, sondern schließen zunehmend auch Bündnisse untereinander. Neue Zahlen von PwC zählen insgesamt auch 219 Fälle, in denen Finanz-Startups mit anderen Finanz-Startups zusammenarbeiten – wobei allein seit Anfang 2017 mehr als 91 dieser Bündnisse hinzugekommen sind. Beeindruckend ist generell die rasante Zunahme von Kooperationen, deren Anzahl sich in den letzten drei Jahren fast verzehnfacht hat.
FinTech-Netzwerke gefährden klassische Finanzdienstleister
Die PwC-Studie macht auch eine weitere Entwicklung sichtbar: FinTechs kooperieren nicht nur mit reinen FinTechs, sondern häufig auch mit Unternehmen, die artverwandte Dienstleistungen anbieten oder Produkte anbieten, die Bankdienstleistungen benötigen, wie etwa Finanzierungen. Sehr beliebt sind darüber hinaus auch Bündnisse zwischen FinTechs und Medienfirmen. Insgesamt 92 dieser Kooperationen hat die PwC-Studie ermittelt. In 86 Prozent dieser Fälle beteiligten sich die Medienunternehmen finanziell an den FinTechs, eine operative Zusammenarbeit hingegen wurde nur in 9 Fällen vereinbart.
Für die traditionelle Finanzindustrie ist das ein alarmierender Trend. Denn wenn aus den FinTech-Netzwerken eigene Komplettangebote entstehen, dann werden die Startups auf mittlere Sicht doch noch zu einer Gefahr für die angestammten Banken und Versicherer.“
Sascha Demgensky, Leader FinTech bei PwC in Deutschland
„In letzter Konsequenz werden die FinTech-Netzwerke immer komplexer. Wenn es den Startups gelingt, diese Komplexität zu managen, dann könnte den etablierten Finanzdienstleistern in den nächsten Jahren doch noch ernsthafte Konkurrenz erwachsen“, erklärt Demgensky. Gleichwohl: „Es ist mitnichten so, dass die Frontlinien dabei zwingend zwischen alter und neuer Finanzwelt verlaufen müssen. Stattdessen werden sich die Grenzen immer mehr verwischen“, glaubt der PwC-Experte.
Banken und Versicherer agieren recht unterschiedlich
Auch bei Banken und Versicherungen stehen Kooperationen mit FinTechs längst hoch im Kurs. Dabei verfolgen die klassischen Finanzdienstleister allerdings höchst unterschiedliche Strategien. Einerseits arbeiten die deutschen Banken viel öfter (562 Fälle) mit FinTechs zusammen als die Versicherungen (294 Kooperationen). Dafür zeigen zumindest die großen Versicherungskonzerne bei ihren Kooperationen mehr finanzielle Risikofreude und setzen auch deutlich mehr auf internationale Bündnisse. Bei den Banken liegt die Commerzbank mit 73 Bündnissen vor der Deutschen Bank mit 58. In der Assekuranz führt die Münchener Rück mit 67 Kooperationen vor der Allianz mit 54.
Groß sind die Unterschiede, wenn man untersucht, wo die jeweiligen FinTech-Partner ihren Sitz haben. So kollaborieren die deutschen Banken in 84% aller Fälle mit ebenfalls deutschen Finanz-Startups – während bei den Versicherungen in 59% der Fälle eine der beiden Kooperationsparteien aus dem Ausland kommt. Was außerdem auffällt: Die Versicherungen sind seit 2012 schon 32 Kooperationen mit Techanbietern jenseits der FinTech-Branche eingegangen – wohingegen es bei den Banken nur 24 sind. Innerhalb Deutschlands sind geographisch vor allem zwei Zentren führend. Die Bankenmetropole Frankfurt am Main liegt klar vorne bei Kooperationen zwischen Banken und FinTechs. Auf dem zweiten Platz liegt München mit einer ganz anderen Struktur – hier gibt es bei weitem die meisten Kooperationen zwischen Versicherungen und InsurTechs. Erst mit großem Abstand folgt Berlin auf Platz 3 knapp vor Hamburg und Köln.
Ein weiterer Unterschied: Die Banken kooperieren bevorzugt (78%) mit sogenannten B2B-FinTechs, also mit Startups, die keinen direkten Zugang zum Endkunden haben, sondern deren Stärken eher darin liegen, die Banken bei der Digitalisierung ihrer Prozesse zu unterstützen. Dagegen handelt es sich bei den Kooperationspartnern der Versicherungen in 57% der Fälle um B2C-FinTechs.
Über die PwC-Studie
Für den PwC FinTech-Kooperationsradar wurden 1.588 einzelne Kooperationen u. a. zwischen FinTechs, klassischen Finanzdienstleistern und Technologie-Unternehmen recherchiert und analysiert. Als Basis der Analyse dient die Barkow Consulting FinTech Money Map – Datenbank für FinTech-Startups, FinTech-Venture Capital und FinTech-Kooperationen. Die Daten werden durch kontinuierliche Analyse und Auswertung relevanter Nachrichtenquellen und öffentlicher Datenbanken gewonnen. Die vollständigen Ergebnisse zum kostenlosen Download erhalten Sie hier. pp
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