FinTech-Portrait: SumUp wechselt in “Corona-Modus” und will nun Kunden aus der Patsche helfen
Das schnell wachsende Startup SumUp schaffte den Umstieg ins Home Office – und will jetzt mit einem Rettungsfond seinen Kunden unter die Arme greifen, denn viele kleine Händler und Läden stehen durch die Corona-Krise vor dem Bankrott. Die will man retten – und damit die eigenen Kunden bewahren.
Seit dem 12. März ist beim Payment-Anbieter SumUp in Berlin kaum noch etwas wie zuvor. Denn seit diesem Montag arbeiten die über hundert Mitarbeiter aus dem Home Office. Die Corona-Krise hatte auch das schnell wachsende Startup erfasst, das Terminals für bargeldlose Zahlungen im Einzelhandel anbietet. Zielgruppe sind besonders kleine Händler, Läden, Cafés und Restaurants – die jetzt um ihrer Existenz kämpfen müssen.Das große Büro am Berliner Alexanderplatz wurde bis auf weiteres geschlossen, um Ansteckungen der Mitarbeiter mit dem neuen Virus zu verhindern. Der Umzug vom hippen Großraumbüro in die Heimarbeit klappte reibungslos, berichtet Mareike Kaempf. Ihr Jobtitel lautet: “Country Growth Lead – Germany”.
SumUp, 2012 von Daniel Klein und Marc-Alexander Christ gegründet, machte 2019 rund 200 Mio. Euro Umsatz, hat seinen Hauptsitz in London und große Büros in Berlin-Mitte, Köln, Sao Paulo, Sofia, Amsterdam, Dublin, Boulder, Warschau, Santiago de Chile, Vilnius, Kiew, Luxemburg, Kopenhagen und New York. Zu den Investoren gehören unter anderem HV Holtzbrinck Ventures, Groupon und BBVA, SumUp arbeitet mit Visa und Mastercard zusammen.
Wir sind für die Phase im Home Office sehr gut vorbereitet, da die benötigten Technologien und Tools für unsere 15 Büros auf drei Kontinenten bereits vorhanden sind, um sämtliche Meetings auch online abzuhalten – und wir können so ohne Unterbrechung auch weiterhin als Unternehmen voll agieren.”
Mareike Kaempf, Country Growth Lead – Germany
1.700 Mitarbeiter zogen nach dem Berlin-Test ins Home Office
Nach dem erfolgreichen “Umzugs-Test” in Berlin zogen weltweit alle 1.700 Mitarbeiter ins Home-Office. Ein einmaliger Vorgang, der “absolut reibungslos” funktionierte, wie auch Paul O’Callaghan im Firmenblog berichtet. Zur Kommunikation wurde zuerst ein neuer Slack-Kanal eröffnet (“#getrennt-aber-gemeinsam”). Hier wurden Tipps zur Heimarbeit, Anekdoten und – nicht zuletzt – Fotos von Haustieren geteilt. Slack statt Smalltalk im Office, Videokonferenzen mit Zoom statt Meetings in einem der Konferenzräume am Alex.
SumUp profitierte dabei auch von der Erfahrung, die einige Mitarbeiter bereits mit dem Arbeiten im Home Office hatten, und dass die IT auf Remote-Arbeiten eingerichtet war. Mitarbeiter konnten ihre Firmen-Laptops mit nach Hause nehmen und sich per WLAN in die Dienste und Tools einloggen – wie im Office. Nur auf Tischkicker und Tischtennis, Sitzsäcke und Gratis-Getränke muss bis nach der Corona-Krise verzichtet werden. Das Office in Berlin sieht wie ein klassisches Startup-Büro aus, mit großen Holztischen, einer Kaffeebar, Telefonzellen und Tischfussball. Die meisten Mitarbeiter sind jünger (um die 30), viele kommen aus dem Ausland, Office-Sprache ist Englisch, Deutschkenntnisse sind keine Voraussetzung. Es weht ein Hauch von Google und Co. durch die Großraum.
Die Kunden kämpfen ums Überleben
Während der durch Corona erzwungene Wechsel ins Home Office ohne Verzögerung klappte, bekamen die Kunden des Zahlungsdienstleisters durch den Lockdown erhebliche Probleme. Zuerst stieg die Zahl der Kartenzahlungen im Bargeld-Land Deutschland rapide an, es vervierfachten sich die Zugriffszahlen aus Vor-Corona-Zeiten. Besonders kontaktlose Kartenzahlung war plötzlich stark gefragt, da dies die Ansteckungsgefahr minimiert. Die weißen Terminals, die SumUp den Händlern anbieten, mussten nicht mehr zur Pin-Eingabe und Bestätigung berührt werden. Dann mussten viele Cafés, Restaurants und Läden schließen. Die massiven Ausgangs- und Zugangsbeschränkungen sorgten dafür, dass die Anzahl der Kunden bei vielen Läden zurückging.
In dieser für viele Händler schwierigen Zeit besteht unsere oberste Priorität darin, diese Unternehmen dabei zu unterstützen, digitale Zahlungen anzunehmen und so dazu beizutragen, ihre Geschäfte am Laufen zu halten und ihre Einnahmequellen stabil zu halten. Wir arbeiten zudem mit Hochdruck an weiteren Lösungen, die ihnen die Geschäftstätigkeit erleichtern.”
Mareike Kaempf, Country Growth Lead – GermanySo seien “Distanzzahlungen” ohne physischen Kontakt jetzt gebührenfrei für den Händler, die sonst ein paar Prozente Provision pro Transaktion an SumUp zahlen und die mobilen weißen Eingabe-Terminals kaufen, ohne weitere Kosten und Vertragsbindungen. Diese wurden 2016 eingeführt, im gleichen Jahr fusionierte SumUp mit Payleven. Seit 2018 gibt es ein Kartenterminal mit 3G-Mobilfunkteil, im gleichen Jahr wurden die Dienstleister Debitoor und 2019 Shoplo gekauft. Anfang 2020 setzten mehr als zwei Millionen Händler weltweit SumUp ein und die SumUp Card für Händler wurde eingeführt.
Vorschüsse von 500 Euro sind möglich
Damit können Händler laut SumUp Zahlungen entgegennehmen und tätigen. Geschäftszahlungen sollen damit schneller und einfacher abgewickelt werden können, verspricht der Anbieter. “Die Karte garantiert Auszahlung für den nächsten Tag – auch an Wochenenden – und gibt damit kleineren Händlern den sehr wichtigen zeitnahen und flexiblen Zugriff auf ihr Geld”, so SumUp.
SumUp hat mit seinen Terminals Echtzeit-Einblicke in die Zahlungsaktivitäten hunderttausender Händler in Deutschland. “Konkret bedeutet das, dass SumUp Geschäftsinhabern sofort auch sehr kleine Geldvorschüsse schnell und unbürokratisch bereits ab einer Höhe von 500 Euro bereitstellen kann”, teilt der Anbieter mit.
Mehr als 7,2 Mio. kleine Unternehmen könnten dichtmachen
Anhand seiner Echtzeit-Daten sieht SumUp bereits jetzt die massiven Auswirkungen der Virus-Krise, die besonders auf Mikro- und Nano-Händler treffen: So verloren in Italien rund 5,3 Millionen und damit 90 Prozent aller Kleinunternehmer mehr als zwei Drittel ihrer Einnahmen. Aktuell rechnet SumUp damit, dass das geplante Hilfspaket für mehr als eine halbe Million seiner Händler notwendig sein wird. Europaweit könnten in den kommenden Wochen sogar 45 Millionen kleine Händler betroffen sein und damit circa 112,5 Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.
In Deutschland gibt es laut SumUp rund 2,5 Millionen Kleinunternehmen sowie 5,5 Millionen Nano-UnterFirmen. Diese sind für ca. 70 Prozent der Beschäftigungen verantwortlich, das waren 2018 ungefähr 32 Millionen Deutsche. “Aufgrund der momentanen Krise werden deutschlandweit voraussichtlich mehr als 7,2 Millionen kleine Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit einstellen müssen”, so die SumUp-Chefs.
Rettungsfond mit einer Million Euro gestartet
Rettungsfond mit einer Million Euro gestartet
Rettungsfond mit einer Million Euro gestartet
Um die Kunden zu unterstützen und auch finanziell zu entlasten, hat SumUp die Transaktionskosten für Distanz-Zahlungen für seine Händler ausgesetzt und die Rechnungs- und Online-Shop-Lösung erweitert – ohne zusätzliche Kosten für den Händler. Auch einen Rettungsfond für sehr kleine Händler wurde gegründet. Sein Umfang: eine Million Euro. Er soll Vorschüsse zur Verfügung stellen, um die in der Krise erlittenen Umsatzverluste auszugleichen. Er soll “mit weiteren Beiträgen aus der Privatwirtschaft aufgestockt werden”, teilt das Unternehmen mit.
SumUp-CEO Daniel Klein erklärt in einer Mitteilung:
Wir finden, dass kein Unternehmen aufgrund dieser Pandemie scheitern sollte und setzen alles daran, dies zu verhindern. Unser Fonds ist offen für jeden, der Klein- und Kleinstunternehmer in dieser schweren Zeit unterstützen möchte.“
Auch die Bundesregierung will mit milliardenschweren Hilfspaketen verhindern, dass die Corona-Krise, die längst auch eine Wirtschaftskrise ist, dazu führt, dass zehntausende Kiosks, Spätkaufs, Büdchen, Cafés, Kneipen und Restaurants schließen müssen.hd
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