Fidor Bank & FidorTecS: Kommt die erste FinTech-Bank Deutschlands jetzt groß raus?
Eigentlich war es ungerecht: die Münchner Fidor Bank war die erste FinTech-Bank Deutschlands. Trotzdem stand sie bisher oft im Schatten des hippen FinTechs Number26 mit seiner schicken Girokonto-App. Fidor hatte als Erste die Möglichkeiten des FinTech-Hubs erkannt und genutzt, konnte aber nie so richtig durchstarten. Fällt jetzt mit der Übernahme durch die französische Bankengruppe BPCE der Startschuss zum großen Überholmanöver?
von Tobias Baumgarten
Ja, Fidor ist Deutschlands erste FinTech-Bank – 2014 ging es richtig los (“Bankgeschäfte per API: Piraten, Banker, Revolution?“).Nicht nur erste FinTech-Bank, sondern Vorzeige-FinTech
Als der Begriff FinTech bei deutschen Bankvorständen noch ein unwissendes Achselzucken ausgelöst hat, waren die Münchener die erste Bank in Deutschland, die das Potenzial der Newcomer erkannte. Und die ersten, die sich getraut haben, ihnen über die eigene Banklizenz Zugang zum Kunden zu verschaffen.
Weitgehend unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit setzen sie mit FidorOS auf das wichtige Thema API (in dem Fall fOS – FidorOS – genannt) und ermöglichten damit FinTechs (via FidorTecS) eine einfache Anbindung ihrer Dienste an das Kernbanksystem. Die FinTechs konnten sich somit ganz auf ihre Geschäftsidee und das Frontend kümmern, Fidor kümmert sich um den Rest.
Wofür sich N26 und SolarisBank feiern lassen – war für Fidor schon vor einem Jahr ein alter Hut
Auch die Idee des FinTech-Hubs und des damit verbundenen Re-bundling der einzelnen FinTech-Angebote unter einem Dach hat Fidor vor allen anderen umgesetzt. Wofür sich N(umber)26 gerade mit der Anbindung von TransferWise und Vaamo feiern lässt, ist für Fidor und ihre Kunden längst ein alter Hut.
Aber während der Berliner Konkurrent ohne eigene Banklizenz in Kooperation mit der Wirecard Bank einen medialen Hype um ein eigentlich simples – und anfangs eher rudimentäres – Girokonto entfachen konnte, blieb Fidor stets ein eher blasser Nischenplayer.
Das dürfte sicherlich daran liegen, dass Number26 vom Start weg konsequent auf ‘mobile only’ gesetzt hat und sich damit deutlich von der Konkurrenz absetzen konnte. Eine schicke App fällt jedem Kunden sofort auf, die technischen Rafinessen von Fidor dagegen waren eher ein Thema für Nerds.
Und auch jetzt noch ist ‘mobile’ die große Baustelle der Münchner. Es gibt zwar eine App im zeitgemäßen Design, die allerdings nur Kontobewegungen anzeigt. Daneben gibt es noch eine App für den Geldnotruf, die aber ebenfalls ein Nischenthema ist.
Das eigentliche Banking aber wurde bisher ähnlich unspektakulär umgesetzt, wie bei jeder anderen Bank auch.”
Kommt jetzt endlich der große Angriff – und eine echte mobile-APP?
Es gibt also einige Baustellen, an denen Fidor dringend tätig werden muss, wenn man im Wettbewerb mit N26 in der Gunst der Kunden nicht noch weiter zurückfallen will. Deren Wachstum kann die Münchner nur neidisch werden lassen.
Und N26 wird jetzt sicherlich nicht nachlassen. Mit 40 Mio. USD frischen Venture Capital und der neuen Banklizenz wird hier das Innovationstempo sicherlich noch steigen.
Vor diesem Hintergrund hätte es kaum einen besseren Zeitpunkt für den Einstieg der französischen BPCE geben können.”
Das frische Kapital des neuen Eigentümers wird dringend benötigt, um endlich selbst wieder mehr Fahrt aufzunehmen und neue Produkte entwickeln zu können. Dringendste Baustellen sind eine sexy Banking App und neue Convenience-Funktionen für die Kunden. Hier dürfte sich die sehr aktive Community als echtes Asset und Ideenpool erweisen.
Dass CEO Matthias Kröner der Bank die Treue hält und sich der neue Eigentümer aus dem Tagesgeschäft heraushalten will, stimmt ebenfalls positiv. Wenn alles gut läuft, könnte sich Fidor einen spannenden Zweikampf mit N26 um junge, technikaffine Kunden liefern und damit den FinTech-Standort Deutschland entscheidend voranbringen.Tobis Baumgarten
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