Fachkräftemangel: Unternehmen finden leichter Kapital als gute IT-Mitarbeiter
Der Payment-Dienstleister Stripe hat eine internationale Studie zur Rolle von Entwicklern in Unternehmen veröffentlicht. Anhand der Studie wird klar, dass sich Unternehmen inzwischen mehr um das Finden passender Entwickler Sorgen machen müssen als um die Beschaffung von Kapital. Bemerkenswert ist dabei schließlich, dass sich Entwickler im Schnitt 17 Stunden in der Woche mit der Wartung veralteter Software befassen müssen und zu wenig in neue Systeme investiert wird. An der aktuellen Stripe-Studie nahmen mehr als 1.400 Entwickler und Führungskräfte aus fast 30 Branchen teil.
Mit der fortschreitenden Entwicklung von Technologie ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Software-Ingenieuren auf einem Höchststand – auch und gerade aufgrund der noch guten wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Die Studie des Technologieunternehmens Stripe untersucht, wie Unternehmen heute ihre Tech-Talente einsetzen und was sie ändern könnten, um deren Produktivität zu steigern, neue Produkte zu entwickeln sowie neue und sich abzeichnende Trends schneller zu erschließen.Deutlich wird dabei, dass Entwickler den Unternehmenserfolg drastisch erhöhen können, wenn sie effektiv eingesetzt werden. Ein produktiverer Einsatz der weltweiten Entwicklerressourcen könnte die globale Wirtschaftsleistung in den nächsten zehn Jahren um 2,6 Billionen Euro steigern.
Zugang zu Entwicklern schwerer als zu Kapital
Führungskräfte berichten, dass der Mangel an gut ausgebildeten Entwicklern eine der größten potenziellen Gefahren für ihr Unternehmen darstelle. Tatsächlich sorgen sie sich mehr um den Zugang zu qualifizierten Entwicklern (34 Prozent) als um den Zugang zu Kapital (27 Prozent). Gute Entwickler können zudem den Schritt in neue Märkte oder Produktbereiche beschleunigen und Unternehmen dabei helfen, sich stärker zu differenzieren. Allerdings geht es nach den Erkenntnissen der Studie nicht nur darum, wie viele gut ausgebildete Entwickler Unternehmen einstellen; entscheidend ist vor allem, wie diese eingesetzt werden.
Obwohl viele Führungskräfte angeben, dass es eine Priorität für sie sei, die Produktivität ihrer Entwickler zu steigern, verbringt der durchschnittliche Entwickler mehr als 17 Stunden pro Woche damit, sich mit Wartungsproblemen wie Debugging oder Refactoring zu beschäftigen. Zusätzlich fallen im Schnitt noch vier Stunden pro Woche für die Wartung veralteter Software-Systeme an. Dies entspricht insgesamt weltweit über 25 Milliarden Euro an Opportunitätskosten. Fast zwei Drittel der Entwickler sind der Auffassung, dass klare Prioritäten, Verantwortlichkeiten und langfristig gesetzte Produktziele die eigene Produktivität verbessern würden.
Führungskräfte in allen Ländern haben den deutlich gewachsenen Wettbewerb in der Technologiebranche erkannt. Deshalb stellen sie in den nächsten fünf Jahren Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Entwicklung sowie Personal in den Vordergrund. Sowohl Entwickler als auch die obersten Führungskräfte sind sich einig, dass Künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge und die API-Economy heute den größten Einfluss auf ihr Geschäft haben. Die Entwickler sind dabei allerdings weniger überzeugt als die Führungskräfte, dass ihre Unternehmen bereit sein werden, diese Trends für sich zu nutzen. Zusätzlich sind Entwickler besorgt, nicht über die richtige Technologieinfrastruktur und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu verfügen.
Deutschland hinkt hinterher – auch wegen veralteter Software
Im letzten Jahr hat die Zahl an Entwicklern und Software-Ingenieuren in Unternehmen weltweit zugenommen. Allerdings gaben in Deutschland lediglich 46 Prozent der Befragten an, dass dies auch in ihrem Unternehmen der Fall war – im weltweiten Vergleich ist das der niedrigste Wert der betrachteten Länder. Hinzu kommt, dass veraltete Software-Systeme die Produktivität in Deutschland besonders stark einschränken: 60 Prozent der Befragten stimmten in Deutschland der Aussage zu, dass Entwickler zu viel Zeit mit veralteten Systemen vergeuden. In den USA hingegen geben das “nur” 47 Prozent an. Das kann allerdings in einigen Bereichen auch damit zu tun haben, dass Deutschland hier schon lange über entsprechende Systeme verfügt, während in anderen Märkten entsprechende Business Cases erst nach und nach entstehen.
Mit unserer Studie konnten wir zeigen, dass Entwickler eine oft unterschätzte Ressource in Unternehmen sind, deren Einfluss allerdings überall zu steigen beginnt. Es wird einmal mehr deutlich, dass Führungskräfte in Deutschland Entwickler stärker einbeziehen und unterstützen sollten, um deren Produktivität zu erhöhen und den Nutzen für das Unternehmen zu steigern. Für die Zukunft des Standorts Deutschland wird es entscheidend sein, wie Unternehmen in die Erneuerung ihrer Software-Systeme investieren und wie sie ihre Entwickler einsetzen.”
Felix Huber, Nordeuropachef von Stripe
Im Rahmen der Studie wurden Entwickler, technische Leiter und Führungskräfte über die geschäftlichen Herausforderungen, Softwareentwicklungspraktiken und zukünftigen Investitionen ihrer Unternehmen befragt (Zeitraum Oktober 2017 bis März 2018, online durchgeführt). 1.440 Entwickler und Führungskräfte aus fast 30 Branchen nahmen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA und Singapur an der Studie teil. In Deutschland wurden 279 Personen befragt.
Die Studie deckt sich mit ähnlichen Untersuchungen aus dem vergangenen Jahr, in denen es um den Fachkräftemangel im IT-Umfeld von Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern ging. Die komplette Studie „Der Entwickler-Koeffizient” steht zum kostenlosen Download (in englischer Sprache) zur Verfügung. tw
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