EPI: Parallele Projekte im Zahlungsverkehr sorgen bei Banken für Unmut
Kann die European Payments Initiative (EPI) Europas Zahlungsverkehr revolutionieren? Thomas Walkner, Managing Principal bei Capco, beleuchtet im Interview, wie diese paneuropäische Lösung versucht, etablierte Giganten wie PayPal herauszufordern und die Zersplitterung im Markt zu überwinden. Doch das wird nicht leicht.
Herr Walkner, erst sollte paydirekt (heute giropay) PayPal Paroli bieten, jetzt die European Payments Initiative (EPI). Nach jahrelanger Hängepartie soll es diesen Sommer mit einer eigenen Peer-to-Peer (P2P)-Payment-Funktion klappen (ähnlich der Lösung von Kwitt). Aber macht das Vorgehen Sinn und hat eine Chance?
Paydirekt genauer gesagt giropay gelten als nationale Lösungen. Kwitt ist die entsprechende App bzw. Wallet-Lösung dazu. Bei EPI ist die Idee, eine ganzheitliche Lösung für Europa aufzusetzen – ein einheitliches Konzept für den gesamten europäischen Raum. Aus meiner Sicht ist das Potenzial in Europa gegeben, um eine solche Lösung erfolgreich einzuführen. Die Frage, die sich jedoch stellt, ist wie EPI vermarktet wird und wie die Initiative letztendlich die Akzeptanz bei Händler und Nutzer befriedigt.Wo liegt der zentrale Unterschied zu den anderen Versuchen? Warum soll es jetzt plötzlich funktionieren?
Zentraler Vorteil von EPI ist die internationale Ausrichtung und die Verteilung der Entwicklungskosten auf mehrere Teilnehmer in einigen Kernmärkten.”
In Deutschland sind es die Deutsche Bank, Sparkassen und Genossenschaftsbanken und in Frankreich die großen BNP Paribas, Credit Agricole und Societé Generale, dann noch ING und ABN als relevante Player. Das erleichtert natürlich den Zugang zu einer beachtlichen Anzahl an Kunden.
Mit einem entsprechenden Umsetzungskonzept sollte dadurch rasch eine kritische Masse erreicht werden können, um den Betrieb zu starten und auszubauen.”
Bei den Händlern wissen wir, dass die Sympathie zu US-Riesen wie PayPal aufgrund anfallender Gebühren nicht allzu hoch ist. Dies dürfte im E-Commerce dazu beitragen, die Akzeptanz zu erhöhen und für eine Verbreitung zu sorgen. Gleichzeitig muss die Lösung in puncto Usability höchsten Standards genügen, um aus Nutzersicht gegen die Konkurrenz zu bestehen.
Ist die Dominanz der US-Tech-Riesen denn noch zu brechen?
Innerhalb Europas ist die Akzeptanz und Nutzung von PayPal und Co. in Großbritannien und Deutschland sehr hoch. Flächendeckend sind die Nutzerzahlen in den weiteren europäischen Ländern allerdings nicht so hoch.
Während PayPal und Klarna bei deutschen Nutzern sehr beliebt sind, ist das Bild in Europa hinsichtlich der Lösungen fragmentierter, als hiesige Nutzer glauben.”
Teilweise gibt es eigene nationale Lösungen, die schon im Nachbarland kaum jemand kennt. Darin liegt die Chance für EPI:
Eine europäische Lösung mit der Sicherheit europäischer Banken.”
Das weckt Vertrauen in die Bezahlmethoden. Mit einem gelungenen Konzept zur Umsetzung sehe ich hier durchaus Möglichkeiten.
Hierzulande wird man die Platzhirsche allerdings nicht von heute auf morgen ersetzen können. Über die Erhöhung der Akzeptanz der Händler kann jedoch sehr wohl eine Veränderung herbeigeführt werden, dies kann zumindest die Präsenz deutlich erhöhen. Rund um den Start der Lösung wird es Marketingmaßnahmen brauchen, um schnell eine nennenswerte Anzahl Nutzer zu gewinnen. Die Neobroker zeigen bereits, wie es funktionieren kann, Interesse seitens der User zu generieren. Ohne weitere Investitionen wird es nicht gehen.
Einige Banken und Länder sind komplett ausgestiegen. Kann man da noch von einem europäischen Scheme sprechen?
Wenn wir von der EPI-Gründung ausgehen und die aktuellen, noch aktiven Gründungsmitglieder anschauen, so gab es in der Tat deutliche Veränderungen. Insbesondere die südeuropäischen Länder wie Spanien oder Italien haben EPI bis auf Weiteres den Rücken gekehrt, zeitlicher Verzug und Zweifel am Erfolg waren hier die primären Gründe. Die aktuellen Zugpferde von EPI sind Frankreich, Deutschland und die Benelux-Staaten. Tatsächlich ist die Schwächung enorm, zumal auch hier Institute abgesprungen sind.
Die ersten Monate nach der Einführung werden also darüber entscheiden, wie hoch die breite Wahrnehmung für das Projekt ist.”
Das wird eine Menge Engagement und Ressourcen brauchen. Mit entsprechender Strahlkraft wäre das Projekt sicher auch wieder attraktiver.
Wenn nun SCT Inst als Standard in der Payment Services Directive 3 (PSD3) kommt, werden dann paydirekt/giropay, EPI & Co. gänzlich überflüssig?
In der Tat müssen Banken derzeit an verschiedenen Stellen Zahlungsverkehrsprojekte abwickeln. Bis dato noch weitgehend unter dem Radar fliegen etwa erforderliche IT-Umstellungen bei klassischen SEPA-Überweisungen – hier wird die Überprüfung des Zahlungsempfängers und die Umstellung des Verfahrens für Sanktionen und Embargovorgaben ebenfalls fällig. Ein Unterfangen mit technischer Sprengkraft. Auch durch die Frist aus Brüssel bei Instant Payments (IP) drückt der Schuh bei einigen Instituten akut.
Bei IP besteht massiver Druck, die Systeme zu modernisieren. Wie passende Geschäftsmodelle aussehen könnten, steht derzeit weniger im Fokus.”
EPI ist mit den angekündigten Lösungen schon weiter. Mit der PSD3 wird eine noch bessere Integration der mobilen und digitalen Kanäle gewährleistet. Doch klar ist schon heute: Entscheidend für die neuen digitalen und mobilen Lösungen wird das Handling für den Nutzer sein.
Kannibalisieren sich diese Projekte?
Klar ist, dass es einen starken Wettbewerb gibt und sich dieser weiter verstärkt. Die Kunden dürfte dies freuen, auch für Händler ergeben sich daraus Wahlmöglichkeiten und letztendlich Kostenvorteile. Bei den Banken herrscht reges Treiben, so gilt es doch, mehrere Zahlungsverfahren gleichzeitig aufzubauen bzw. vorzuhalten. Neben SEPA und SWIFT eben auch Instant Payments, das gerade zum Pflichtprogramm für die EU-Banken wird.
… und dann noch Central Bank Digital Currency (CBDC). Wenn Sie einen Tipp abgeben müssten: Was wird sich durchsetzen?
Bei CBDC sprechen wir aktuell von einer möglichen Markteinführung zum Ende dieses Jahrzehnts. PayPal und Klarna sind etabliert, Wero, die App von EPI, soll im Sommer kommen. Instant Payments müssen alle Banken im Oktober 2025 anbieten.
Auf dieser Grundlage müssen Institute erst einmal auf die kurzfristig verfügbaren Lösungen setzen und eventuell weitere Funktionalitäten zu einem späteren Zeitpunkt ergänzen.”
Es wird auch Nutzer geben, die nicht primär in Höchstgeschwindigkeit zahlen wollen und für diese wird womöglich eine Buy now pay later (BNPL)-Lösung in einer App die favorisierte Variante sein. Der digitale Euro – sollte dieser auch nach den EU-Wahlen bestätigt werden – sorgt auf Seite der Banken aktuell aber tatsächlich nicht für Jubelstürme.
Wenn man sich den technischen Aufwand ansieht – in welche Reihenfolge würden Sie paydirekt/giropay, SCT Inst/PSD3, Swift/GPI, EPI und CBDC setzen?
Aus meiner Sicht müssen die regulatorischen Lösungen zuerst angegangen werden, somit eine klare Priorität für Instant Payments, die erforderliche SEPA-Anpassung und wahrscheinlich mittelfristig CBDC. SWIFT wird als etabliertes aber auch komplexes Zahlungsverfahren weiter bestehen. EPI, als Initiative der Banken, sehe ich an nächster Stelle und paydirekt/giropay werden wohl in EPI aufgehen.
Wie viele Parallelwelten müssen Banken aufrechterhalten? Würden Sie eine Prognose für das Jahr 2030 wagen?
SEPA und Instant Payment werden umgesetzt, auch schon deshalb, weil außereuropäische Institute Instant Payments erst im Jahr 2027 umsetzten müssen. SWIFT wird für internationale Zahlungen und in Währung der Standard bleiben. CBDC sollte dann auch gestartet sein, somit wird es diese Parallelwelten geben. Erst in den 30er Jahren könnte dann die Konsolidierung starten, damit Banken weniger Parallelwelten vorhalten müssen. Die große Herausforderung derzeit besteht darin, neben der technischen Umsetzung strategisch neue Geschäftsmodelle auf Basis dieser Lösungen zu schaffen.
Herr Walkner, vielen Dank für das Interview.aj
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