DN Experience Days: „Das ist der erste Geldautomat in unserem Pavillon, der gesprengt wurde“
Auf den DN Experience Days bot Diebold Nixdorf drei Tage lang Gelegenheit zu intensivem Branchen-Austausch mit 200 Teilnehmern. Im Fokus der Bargeldversorgung steht weiterhin die Sicherheit. GAA quo vadis? Von Fertigungstiefe bis Festsprengstoff.Ein gesprengter Geldautomaten-Pavillon steht vor dem Eingang. Innen reichlich verbogenes Blech, in der Einbauluke fehlen Bildschirm und Bedienfelder, ebenso Stücke des massiven Beton-Gehäuses. „Das ist der erste Geldautomat in unserem Pavillon, der gesprengt wurde“, erklärt Peter Langanki, Leiter des Teams für Filialtransformation und physische Sicherheit bei Diebold Nixdorf anlässlich der DN Experience Days in Paderborn (Website).
Die Sprengung hat zwar geklappt, aber Beute konnten die Täter nicht mitnehmen.“
Als „Entenangeln“ beschreibt Bernd Küppers vom Rheinischen Sparkassen- und Giroverband bei der anschließenden Podiumsdiskussion das Herankommen an die Beute in gesprengten Pavillons: Die Täter können nur nach einzelnen Banknoten fischen. In Nordrhein-Westfalen sei die Dichte an Pavillons „vergleichsweise hoch“, denn manche Institute hätten bereits ein Drittel ihrer Geräte durch Sprengung verloren.
Die nordrhein-westfälischen Sparkassen als Haupt-Betroffene haben deshalb bisher etwa 70 Millionen Euro in das Thema Geldautomatensicherheit investiert.“
Bernd Küppers vom Rheinischen Sparkassen- und Giroverband
Dass es den Geldinstituten längst nicht mehr nur um das Verhindern von Beute und Sachschäden geht, betont Olaf Mang, Direktor der Sparkasse Saarbrücken. „Wir machen keine Wirtschaftlichkeitsanalyse, es geht vorrangig darum, dass keine Menschen zu Schaden kommen.“ Denn inzwischen verwenden die Täter fast ausschließlich Festsprengstoff mit einer deutlich höheren Sprengkraft als eingeleitetes Gas.
Wir können von Glück reden, dass es bislang noch keine Toten und Verletzten gab.“
Thomas Stieff, Kriminalhauptkommissar beim Bundeskriminalamt (BKA)
In den vergangenen Jahren hat sich die Tätergruppe der Geldautomatensprenger weiter professionalisiert. Sie umfasst aktuell etwa 2.000 Personen, die fast alle aus den Niederlanden stammen. „Sie fahren nach der Tat mit höchstmotorisierten Fahrzeugen mit 250 bis 300 Stundenkilometern und teils ohne Licht über die Autobahnen. Selbst wenn wir sie verfolgen könnten, können wir sie nicht ohne Gefährdung unserer Beamten oder Unbeteiligter stoppen. Deshalb lassen wir sie fahren und ermitteln hinterher“, schildert Stieff und wünscht sich von der Bankbranche:
Für die Ermittler wäre der Einsatz von Tracersubstanzen beim Einfärben der Banknoten hilfreich.“
Ein flächendeckender Einsatz von Einfärbelösungen in den Kassetten der Geldautomaten hat in Nachbarländern wie Frankreich, den Niederlanden und Polen die Anzahl der Angriffe auf Geldautomaten quasi gestoppt. Dort wurde sie per Gesetz vorgeschrieben – während die Branche und die Politik in Deutschland seit geraumer Zeit darüber diskutieren, ob ein solches Gesetz nötig sei oder die Eigenverantwortung der Branche ausreicht. „Für die Sparkassen in NRW ist das Gesetz keine Drohkulisse“, sagt RSGV-Fachbereichsleiter Küppers. Alexander Küsel, Leiter Sach-Schadenverhütung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, stimmt dem zu: „Banken und Sparkassen haben die Wahl, entweder in Prävention zu investieren oder in Versicherungsprämien.“ Bereits jetzt gebe es Höchstentschädigungen je Schadensfall und Bonus- sowie Malusregelungen.
Die Täter entwickeln sich rasant schnell weiter, da müssen wir mithalten.“
Stefan Leßmann, Leiter des Kompetenzzentrums Sicherheit Banking DACH bei Diebold Nixdorf
Beim anschließenden Medien-Roundtable „Banken, Bargeld und die Zukunft“ präsentierte Helena Müller, Vice President Banking Europe bei Diebold Nixdorf, die Internationale Konsumentenstudie zur Bargeldnutzung (wir berichteten bereits).
Jörn Förster, Standortleiter und Senior Vice President, Supply Chain, berichtete über die Entwicklung des Standorts Paderborn. Die mit rund 2.000 Mitarbeitern weltweit größte Produktionsstätte des Unternehmens werde auch in Zukunft die wichtigste Versorgungsquelle für den europäischen Markt sowie zahlreiche Regionen darüber hinaus und Ursprung vielzähliger Eigenentwicklungen wie Cash Recycling- und Selbst Check-Out-Systemen bleiben.
Diebold-Nixdorf, der Produktions-Rundgang
In der anschließenden Werksführung betont Produktionsleiterin Tanja Werres die „einmalige Fertigungstiefe mit allem rund um Blech und Mechatronik“. Rund 40 Tonnen Stahl werden in Paderborn täglich bearbeitet. Von der Vorfertigung mit Biegen, Stanzen, Abkanten und Schweißen der Bleche über Galvanisieren Lackieren bis zum individuellen Customizing und den Qualitätstests geschieht alles im Flussprinzip. „Ähnlich wie in der Automobilindustrie“, sagt Werres. Und fügt hinzu: „Es gibt aber keinen Mitarbeiter, der alle etwa 40 Zusammenbau-Schritte kennt und im Detail weiß, wie ein Geldautomat aufgebaut ist.“
Einen ausführlichen Galerie-Beitrag (mit vielen Impressionen aus der Fertigung) veröffentlicht IT Finanzmagazin am kommenden Mittwoch.Anja Kühner
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