DK Info 2019: Prof. Dr. Key Pousttchi “Banken betreiben Fassaden-Digitalisierung” – die Zusammenfassung
Waren es in den Vorjahren vor allem Produktthemen wie girocard kontaktlos, girocard mobile und girocard TOPP, so standen in diesem Jahr bei der DK Info (04. Juni) eher globale und strategische Themen (Europa, Instant Payments, GAFA) im Vordergrund. Die Auswahl der Referenten unterstrich dabei die globalere Sichtweise – so konnte man beispielsweise mit Herrn Burkhard Balz (Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank) und Prof. Dr. Key Pousttchi (Universität Potsdam) zwei hochkarätige Redner für diese Themen gewinnen.
von Klaus Igel
Die nunmehr fünfte DK Info fand wie in den Jahren zuvor wieder in Berlin statt und startete traditionell am Vorabend mit einem ungezwungenen „Get Together“ Event in der Microsoft Digital Eatery. Hier gab es schon mal eine gute Möglichkeit, sich in den Fachgesprächen thematisch auf die Veranstaltung einzustimmen.
Die Vortragsreihe wurde von Andreas Krautscheid (BdB) mit dem Thema „girocard: Die Erfolgsgeschichte geht weiter!“ eröffnet. Im vergangenen Jahr haben die Verbraucher gemäß einer Erhebung des EHI erstmals in Deutschland mehr mit Karte (209 Mrd.) als mit Bargeld (208 Mrd.) bezahlt. Hierfür zeichnet sich die girocard als beliebteste Bezahlmöglichkeit in DE in hohem Maße verantwortlich und das soll/wird nach eigener Einschätzung auch so bleiben.
„Die Digitalisierung ist in vollem Gange“, so lautete der Titel des anschließenden Vortrags. Mit Zahlen unterlegt wurde dabei der Marktstart der digitalen girocard bei den Sparkassen:
– 307.000 digitale Karten führten zu gut 2 Mio. Transaktionen und einem Umsatz von 44 Mio. Euro.
Für das Jahresende wurden mit CDVCM und der Transaktionsliste in der App zwei lang erwartete Erweiterungen angekündigt, die es bei der internationalen Konkurrenz schon eine Weile gibt.
Die Faktoren hinter dem Positivtrend der girocard hat Ingo Limburg in einem sehr anschaulichen und kurzweiligen Vortrag dargelegt. Hier einige interessante Statements:
– Seit Mitte 2015 wurde mit der girocard-Vermarktung begonnen
– 7,5 von 10 Kunden nutzten 2015 die girocard – 2019 stieg dieser Wert auf 92 Prozent
– 8,7 Prozent Zuwachs in der Generation 60+ im Jahresvergleich 2018/2019
– Die digitale girocard ist zwar 43 Prozent der Befragten bekannt, liegt aber in puncto Besitz (7 Prozent) und der Nutzung (4 Prozent) deutlich hinter der Plastikkarte.
Die Nutzungsquote der App „Mobiles Bezahlen“ der Sparkassen liegt mit 12 Prozent deutlich über der von Google Pay (6 Prozent) und Apple Pay (7 Prozent), aber noch deutlich hinter der Payback App (23 Prozent).”
Sofern kein deutsches System verfügbar wäre, würden Kunden und Händler lieber auf europäische als auf US-amerikanische/chinesische Lösungen setzen.
Schaut man sich die Entwicklung der Zahlen seit der girocard-Marketingoffensive 2015 an, so lässt sich ein Zusammenhang zwischen gutem Marketing und steigender Bekanntheit/Nutzung erkennen. Ich unterstelle, dass es bis 2015 deutlich mehr Kunden gab, die die girocard zwar genutzt aber nicht gekannt haben. Angesichts der Riesen-Marketingbudgets der GAFAs und amerikanischen Kreditkartenfirmen darf sich die DK beim Marketing nicht zurückhalten.
Weiter ging es mit Vorträgen aus der Praxis (bargeldloses Bezahlen im KMU Sektor, Automaten, Multiakzeptanzterminals). Gut zu sehen übrigens, dass das bargeldlose Bezahlen nunmehr auch verstärkt in Bäckereien (einer der letzten Bargeldbastionen im Handel) Einzug hält.
Beim Vortrag „Digitale Bezahlverfahren: Strategische Wirkung und Handlungsoptionen für die europäische Wirtschaft“ von Prof. Dr. Key Pousttchi wurde niemandem im Publikum langweilig –der Finger wurde in die Wunde gelegt und die eigene Komfortzone musste verlassen werden.
Bemerkenswerte und provokative Zitate aus dem Vortrag:
– „Banken betreiben Fassaden-Digitalisierung“
– „Wenn Digitalisierung ein Restaurantbesuch wäre, wären wir gerade beim Gruß aus der Küche“
– „Hauptgrund für die Nutzung mobiler Services ist mit Abstand Spaß/kill Time“
Darüber hinaus wurde das wissenschaftlich belegte Bedrohungspotential durch die GAFAs aufgezeigt – von der Margenabschöpfung über Szenarien mit/ohne GAFA-Lösungen.
Nachmittag im Zeichen von Europa/InstantPayments
Während die Infrastruktur europaweit standardisiert ist, positionieren sich die einzelnen europäischen Staaten bei Instant Payments doch sehr unterschiedlich im Markt.
In Deutschland/Frankreich werden beispielsweise Instant Payments als Premium-Produkt gesehen, während die Niederlanden damit gleich die ganze SCT Batchverarbeitung ersetzen.”
Allgegenwärtig war am Nachmittag das Bedrohungsszenario durch amerikanische und asiatische Lösungen, das in der Abschlussrede von Herrn Burkhard Balz mit dem Titel „Mehr Europa im Zahlungsverkehr – Herausforderungen für Markt und Politik“ nochmal thematisiert wurde.
Als eine der Kernforderungen gab Herr Balz die Bündelung aller Kräfte für ein europäisches Bezahlsystem aus. Die Basis für ein europaweites Zahlungssystem stellt aus seiner Sicht die Instant-Payment-Infrastruktur dar.
Es bleibt also spannend, mit welchen konkreten europäischen Produkten man den Angeboten wie Apple/GooglePay begegnen will/wird. Erste Gegenbewegungen gibt es bereits im Markt – Neben der möglichen Zusammenführung aller DK Payment-Lösungen („Deckname: xpay“) haben auch einige Mobile-Payment-Anbieter eine Initiative für mobiles Bezahlen in Europa gestartet.
Vielleicht gibt es dazu auf der nächsten DK Info am 23. Juni 2020 erste Antworten? Die diesjährige DK Info war in jedem Fall eine lohnenswerte Veranstaltung!Klaus Igel
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