Digitale Geschäftsmodelle – was bedeuten sie für Versicherer und deren Kernsysteme?
Verbraucher fordern heute mehr Self-Service-Funktionen und haben höhere Erwartungen an die Reaktionszeit des Kundenservice. Amazon.de ist ein gutes Beispiel für die Art der Kundenerfahrung, die immer mehr Verbraucher von ihrem Versicherungsunternehmen erwarten. Neue Technologien durchdringen alle Geschäftsbereiche und Interaktionen mit Kunden. Die Positionierung als „digitales Unternehmen“ ist wichtig. In Artikeln, Diskussionen und Konferenzbeiträgen der Versicherungsbranche ist diese Erkenntnis allgemein präsent.
Aber was bedeutet es wirklich, ein digitales Unternehmen zu sein?
von Glynda Gill, Product Strategy Director, Digital bei Guidewire
Ein „digitales Geschäftsmodell“ bedeutet für die meisten Leute Verkauf und Service – zum Beispiel Omni-Channel Self-Service-Funktionalität zur Verbesserung der Kundenbindung. Tatsächlich ist die Konzeption einer überzeugenden Kundenerfahrung ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Strategie für digitale Geschäftsmodelle. Aber unsere Gespräche mit Versicherern haben auch ergeben, dass operative Kernsysteme eine wichtige Rolle bei der digitalen Transformation spielen. Die Transformation in ein digitales Unternehmen erfordert mehr als die Einführung automatisierter Abläufe zur Reduzierung von Papierbergen. Kernsystemfunktionen müssen integriert werden, um digitalen Verkauf und Kundenservice zu ermöglichen.Doch was sollen Versicherer tun, deren Kernsystem mit modernen digitalen Anforderungen nicht fertig wird? George Grieve, CEO von CastleBay Consulting, hat sich in seinem Artikel „Getting There from Here“ mit dieser Frage beschäftigt. Er schreibt, dass fortschrittliche Technologien wie mobile Lösungen und Portallösungen „abhängige Technologien“ sind, und dass bei „daten- und funktionsarmen, unflexiblen Kernsystemen, die Einführung innovativer Technologien schwierig, teuer und unbefriedigend ist.“
Der falsche Weg: Self-Service vermeiden, Automatisierung umgehen
Einige Versicherer mit unflexiblen Altsystemen versuchen, das Problem durch die Entwicklung von Webseiten zu umgehen, die keinen echten Self-Service bieten. In diesem Fall verwenden Kunden Formulare auf der Webseite, deren Inhalt dann manuell in das Kernsystem eingegeben wird. Andere Versicherer müssen komplexe operationale Logik rekodieren und Daten für jeden einzelnen Kanal duplizieren.
Diese Patchwork-Lösungen können zwar kurzfristig Abhilfe schaffen, haben aber langfristig negative Auswirkungen auf die Gesamtbetriebskosten (TCO), da sie Markteinführungen drastisch verzögern, wenn Änderungen an verschiedenen Stellen erforderlich sind. Glücklicherweise ist die Einführung wichtiger digitaler Verkaufs- und Servicefunktionen bei modernen Kernsystemen einfacher.
So machen Sie es richtig
Vollautomatisierte Abwicklung (STP) und Kunden-Self-Service: Um unterbrochene, formular-basierte Angebotsverfahren zu vermeiden und echten Self-Service zu bieten, müssen Kernsysteme eine vollautomatisierte Abwicklung unterstützen, einschließlich automatisiertem Underwriting, Tarifierung und Dokumentenerstellung. Kunden, die ihre Transaktionen nicht in einer Sitzung abschließen können und ihre Fragen nicht sofort beantwortet bekommen, werden sich anderswo umsehen.
Workflow-Flexibilität: Der Bearbeitungs-Workflow für interne Desktop-Anwender ist nicht derselbe wie für Verbraucher und Versicherungsnehmer. Workflows sollten optimiert und an Anwender, Geräte oder Kanäle angepasst werden. Viele Altsysteme sind bei Interaktionen mit Anwendern unflexibel und unterstützen keine unterschiedlichen Workflows.
Omnikanal-Fähigkeit: Kunden möchten auswählen können, über welchen Kanal oder welches Gerät sie unterschiedliche Versicherungsdienstleistungen nutzen. Sie erwarten einen nahtlosen Wechsel zwischen verschiedenen Geräten mit einer konsistenten, dem jeweiligen Kanal angemessenen Erfahrung, ohne eine wiederholte Eingabe von Daten oder Informationen. Das ist ein entscheidender Faktor der „Multi“- und „Omni“-Channel-Erfahrung. Um dies zu ermöglichen, müssen Kernsysteme eine einheitliche Darstellung für Verbraucher präsentieren und mit einer einzigen Datenbasis arbeiten – für alle Systeme und Kanäle. Jeder Kanal muss alle Informationen des Versicherungsnehmers bereitstellen und Transaktionen in allen Kanälen sollten in Echtzeit über eine gemeinsame Datenbank mit allen Kundendaten ausgeführt werden. Viele Altsysteme sind batch-orientiert und nutzen policenzentrierte statt kundenzentrierte Datenmodelle. Daher können sie das Omnichannel-Modell nicht unterstützen.
Personalisierte Kundenerfahrung: Nachdem Versicherer geräteübergreifende Self-Service-Funktionen eingeführt haben, steht die Anpassung und Personalisierung von Kundenerfahrungen oft an nächster Stelle. Vorstellbar wäre zum Beispiel ein unterschiedliches Branding, abhängig davon, von wo aus der Verbraucher auf die Seite zugreift – von einem gesponserten Link auf Facebook, der Seite eines Porsche-Händlers oder der Websuche nach „Oldtimer-Versicherung“. Diese angepasste Erfahrung sollte jedoch über Äußerlichkeiten wie Hintergrundbilder und Logos hinausgehen. Dynamische Cross- und Up-Selling-Nachrichten könnten zum Beispiel an Informationen über Kunden und deren bisherige Transaktionen und Interaktionen angepasst werden, während differenzierte Angebote, Leistungen und Preise basierend auf Kundensegmentierungsregeln oder Kampagnen angezeigt werden. Diese umfassendere Personalisierung muss vom Kernsystem unterstützt werden, um die Kosten einer Duplizierung von Kundeninformationen, Produktdefinitionen und Verarbeitungsregeln zu vermeiden.
Für ein nachhaltiges digitales Geschäftsmodell müssen Versicherer die Funktionskapazitäten moderner Kernsysteme nutzen und diese Systeme mit ihren Verkaufs- und Service-Kanälen kombinieren. Nur so bleiben sie in der dynamischen digitalen Welt von heute wettbewerbsfähig.aj
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