Die PSD2 eröffnet neue Perspektiven! Interview mit Carlos Gómez-Sáez, CardProcess-Vorsitzender
Seit zwei Monaten ist die überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 in Europa rechtsverbindlich. CardProcess ist hiervon als Zahlungsdienstleister und auch als Issuing Processor der genossenschaftlichen FinanzGruppe betroffen. Rudolf Linsenbarth hat mit Carlos Gómez-Sáez, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung von CardProcess auf der EuroCIS über die ersten Auswirkungen und die weitere Entwicklung bei CardProcess gesprochen.
Herr Gómez-Sáez, wie ist ihr bisheriges PSD2-Fazit?
Wir haben nicht nur die Anforderungen für neue Regularien aus der PSD2 umgesetzt, sondern in die Basis für wettbewerbsfähige neue Finanzdienstleistungen investiert.Mit der PSD2 werden uns Perspektiven eröffnet, über die wir bisher nicht nachdenken konnten, weil sie in Europa rein rechtlich nicht umsetzbar gewesen waren.”
Wir stehen in allen Geschäftsfeldern diesen Entwicklungen positiv gegenüber und beobachten, wie sich die Resonanz auf die veränderten Angebote gestaltet. Es geht also mit gleichem oder eher noch erhöhtem Tempo weiter. Jetzt konzentrieren wir uns auf die Geschäftsmodelle, die sich darauf aufbauen lassen.
Von welchen Geschäftsmodellen sprechen Sie?
Die Etablierung von smarten Konzepten zur Kundenbindung und -gewinnung mit attraktiven Mehrwerten für die Zielgruppe bedeuten eine der wichtigsten Chancen, die mit der PSD2 ergriffen werden können.”
CardProcess hat auf solche Konzepte schon vor der Erneuerung der Richtlinie einen Fokus gelegt und beispielsweise 2016 für Burger King eine Terminalanwendung für das Bezahlen mit Payback-Punkten entwickelt. Darüber hinaus können Volksbanken Raiffeisenbanken Händlerkunden zugeschnittene Lösung für die Abwicklung von Gutschein- und Bonuskarten anbieten – ein attraktives Produkt für das Firmenkundengeschäft.
Wir unterstützen auch Modelle, die sowohl Händler als auch Karteninhaber integrieren. Die VR-BankCard Plus ist eine girocard für Kunden der Volksbanken Raiffeisenbanken, die sich an ihrer Bank mit genossenschaftlichen Anteilen beteiligen. Die Mitglieder erhalten Vergünstigungen bei Partnern wie zum Beispiel dem Europapark Rust, dem SWR3 Club oder dem Handelsblatt. Diese Form der Kundenbindung wollen wir weiterverfolgen und zu einem Mehrwertprogramm im Handel ausbauen. Der Status als E-Geld-Institut hilft uns, Anwendungen zu realisieren, bei denen Geldbeträge auf elektronische Trägermedien gespeichert werden, beispielsweise für Prepaid-Karten, Wallet-Lösungen und Loyalty- Programme.
Ein Bereich, bei dem sich die klassischen Zahlungsdienstleister extrem schwer tun, sind die Fußballstadien. Die Pleite von Just Pay war im Prinzip eine Steilvorlage, trotzdem ist es nicht gelungen, hier die „Closed-Loop-Systeme“ oder Bargeld durch klassische Kartenzahlung zu ersetzen. Woran liegt das?
Hier haben wir noch wenig Erfahrungswerte. Natürlich sollte auch in den Stadien ein Zahlverfahren angeboten werden, dass weit verbreitet ist und auf den Karten basiert, die die deutschen Banken emittieren. Ich denke mir, ein Fußballverein ist wie ein Händler, der nur 20 Mal im Jahr für jeweils fünf Stunden öffnet, dann aber eine Verfügbarkeit aller Terminals von 99,99 Prozent benötigt. Das kann man nur gewährleisten, wenn die technische Infrastruktur vorhanden ist.
Sobald die kontaktlosen Karten flächendeckend ausgerollt sind und entsprechend eingesetzt werden, kommen auch die Stadionbetreiber – wie die meisten Händler – den Wünschen der Fans nach.”
Für die großen Filialunternehmen sind kontaktlose Kartenzahlungen bis auf wenige Ausnahmen Standard. Wie aber bringen Sie kleine Unternehmen – hier im speziellen das Bäckerei-Handwerk und die Imbisse – dazu, ihre Angebote zu verbessern?
Wir bieten mit VR pay Kompakt ein extrem attraktives Preis- und Leistungspaket. Händler, die auf Basis einer „Flat-Rate“ den Einstieg in die Kartenakzeptanz suchen, sind hier gut bedient. Zusätzlich bieten wir Händlern mit Kleinstbeträgen unter 25 Euro das Terminal ohne PIN-Pad (TOPP).
TOPP ist eine Lösung, die in erster Linie für die Automaten- und Vending-Branche entwickelt wurde. In diesen Geräten ist das Verbauen von PIN-Pads sehr aufwändig. Die Deutsche Kreditwirtschaft prüft derzeit in einem Pilotprojekt, inwieweit bei Händlern und Dienstleistern mit durchschnittlichen Warenkorbwerten bis 25 Euro die PINPad-Eingabe bei kontaktlosem girocard-Einsatz entfallen kann. CardProcess nimmt an diesem Projekt ebenfalls teil. [siehe “DK-Pilotprojekt mit der VR-Bank: Kontaktlos Terminal ohne PIN-Pad – Schnell Zahlen im Schnellimbiss“, Anm. der Red.]
Die PIN-Eingabe ist auch Thema des technischen Regulierungsstandards (RTS) der European Banking Authority (EBA). Da wird jetzt für Zahlungen unter 25 Euro in festgelegten Abständen eine PIN-Eingabe verlangt. Mit einer CDVCM-Lösung, wie sie Apple Pay bietet, ist das Problem obsolet. Wird es dadurch bei den Kunden eine Bewegung weg von der Karte hin zu Mobile geben?
Kartenzahlung, da bin ich mir sehr sicher, wird auch über die kommende Dekade hinaus ein viel genutztes Zahlverfahren bleiben.”
Erfreulicherweise haben auch nur 1,25 Prozent unserer Kunden mit kontaktlosen Karten diese Funktion deaktiviert, was für die Einfachheit des kontaktlosen Bezahlens spricht.”
Zu guter Letzt geben Sie uns bitte noch Ihre Einschätzung: Wird Apple Pay 2018 in Deutschland starten?
Der Start von Apple Pay in Deutschland wird von uns begrüßt, die Neuerungen rund um das iPhone erleben eine mediale Aufmerksamkeit, die wir mit keiner unserer Werbekampagnen erreichen können. Von daher würde Apple Pay den gesamten Themenkomplex kontaktloses Bezahlen, Mobile Payment und Wearables befeuern.
Je eher das passiert, desto besser!”
Herr Gómez-Sáez, vielen Dank für das Gespräch!Rudolf Linsenbarth
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