Deutsche Kreditwirtschaft positioniert sich zu Stablecoins und einer Digitalwährung
Das Thema der Digitalwährungen ist für die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) aus vielerlei Gründen von höherer Wichtigkeit. Denn zum einen sind Digitalwährungen ein Thema für eine wachsende Zahl an Unternehmen mit der Einbindung der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) in ihre Geschäftsprozesse. Zum anderen gibt es aber auch private Initiativen, etwa im Bereich der Stablecoins das Libra-Projekt, bei denen die DK das Recht, wenn nicht gar die Pflicht sieht, sich einzubringen. Nicht zuletzt gibt es Ideen seitens der Politik und des Eurosystems zur Evaluierung und möglichen Einführung von digitalem Zentralbankgeld. Grund genug, sich im Rahmen eines Positionspapiers in die Diskussion einzubringen. Das sind die wichtigsten Fakten und Argumente.
Die Zahlungsverkehrsabwicklung ist auf der Grundlage von Zahlungsverkehrsabkommen in Deutschland und auf europäischer Ebene detailliert und explizit geregelt und funktioniert grundsätzlich ohne Einschränkungen. Die Rahmenbedingungen seinen, so betont die Deutsche Kreditwirtschaft, beständig und verlässlich und würden regelmäßig auf den Prüfstand gestellt. Gleichzeitig verändern sich die Anforderungen in einer zunehmend digitalisierten und globalisierten Welt in Hinblick auf Zahlungsverkehrsabwicklung der Banken und Sparkassen stark.Im Mittelpunkt steht deshalb die Frage, in welcher Form und zu welchem Zweck zukünftig neue Formen digitalen Geldes erforderlich sind, wie etwa in Form von Krypto-Geld. Eine Klärung ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass es bereits aktuell eine Vielzahl effizienter (privater und gesetzlicher) Zahlungsmittel und -methoden gibt.“
Deutsche Kreditwirtschaft
Um Real-time-Verfügbarkeit könne es dabei nicht in erster Linie gehen, weil der Echtzeit-Zahlungsverkehr den Anforderungen schon jetzt gerecht werde. Im Rahmen des gesamteuropäischen Zahlungsverkehrs zielen die Finanzinstitute darauf ab, Instant Payments als neuen Standard zu etablieren. Doch gerade IoT-Konstrukte zielen in Zukunft auf automatisierte Zahlungsvorgänge ab, die mit den bestehenden Zahlungsverkehrsformaten nur unzureichend durchgeführt werden können. Als technologische Grundlage kann die Distributed Ledger Technologie (DLT) mit Nutzung sogenannter Smart Contracts dienen. Verträge lassen sich so abbilden, überprüfen und zur Auslösung von Zahlungsvorgängen nutzen.
Banken und Sparkassen wollen auch zukünftig sichere und den Kundenwünschen bestmöglich entsprechende Zahlungsverkehrsdienstleistungen anbieten. „Gerade die Diskussion um Libra, vor allem aber die entstehenden Anwendungsfälle im Zuge der digitalen Transformation, mache es notwendig, dass sich die Banken und Sparkassen der Entwicklung eines smart-contract-fähigen „eEURO“ zuwenden“, heißt es in dem Positionspapier.
Stablecoins brauchen enge Regeln
Auch wenn es um den aus dem Facebook-Umfeld stammenden Libra-Vorschlag inzwischen etwas stiller geworden ist – zahlreiche auch größere Unternehmen haben ihren Rückzug aus dem Projekt angekündigt oder ziehen sich schleichend und weitgehend inoffiziell daraus zurück – bleibt eine global verwendbare Stablecoin ein Thema, das die Bankenwelt über kurz oder lang betreffen wird. Die DK betont deswegen klar, dass die Verantwortung für die Währungsordnung auch zukünftig bei den souveränen Staaten bzw. der EU als Staatenverbund liegen müsse. „Jedes Geldangebot, sei es von Banken oder anderen privaten Unternehmen, muss daher in die staatlich vorgegebene Ordnung passen. Alles andere würde zu Insta-bilität führen.“
Und deren Regulierung erfordere eigene Regulierungsansätze, weil die bisherigen Regeln hierauf nur unzureichend anwendbar seien, heißt es. Noch wichtiger ist dabei allerdings, soviel ist auch der Deutschen Kreditwirtschaft klar, ein international abgestimmtes Vorgehen und entsprechende Koordination auf globaler Ebene.
Eine Einführung von Stablecoins dürfe nur erfolgen, wenn die Anbieter von Stablecoins nach dem Prinzip „same business, same risk, same rules“ der gleichen Beaufsichtigung unterliegen wie andere Marktteilnehmer auch. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die staatliche Währungssouveränität uneingeschränkt bestehen bleibe und dass die Finanz- und Währungsstabilität weiterhin oberstes Gebot habe. Wichtig sei zudem die Wertbeständigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Stablecoin – trotz bestehender Risiken, ein rechtssicherer Rückzahlungsanspruch für Stablecoin-Guthaben sowie Schutz vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Einführung von digitalem Zentralbankgeld
Nicht zuletzt befasst sich das Positionspapier der DK auch mit der Einführung von digitalem Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC), also Zentralbankgeld, das auf elektronischem Weg bereitgestellt wird. Es kann sich dabei um Einlagenkonten bei der Zentralbank („account based“) oder um Krypto-Tokens („token-based“) handeln. Digitales Zentralbankgeld kann der breiten Öffentlichkeit („general purpose“) zugänglich sein oder eng definierten Nutzergruppen („wholesale settlements“).
CBDC kann grundsätzlich die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Zahlungsverkehrssystems erhöhen, insbesondere, wenn weniger Bargeld verwendet wird und der private elektronische Zahlungsverkehr nicht effizient und wettbewerbsfähig ist. Darüber hinaus kann CBDC die staatliche Souveränität in einem Umfeld sichern, in dem global agierende privatwirtschaftliche Zahlungsdienstleister dominieren.“
Deutsche Kreditwirtschaft
CBDC könne aber auch gravierende Auswirkungen auf das Bankensystem haben, etwa weil die Flexibilität der Banken bei der Kreditvergabe im Konjunkturzyklus erheblich eingeschränkt werde, wenn es Geld bei den Geschäftsbanken teilweise ersetze. „Soll die Stabilität des Finanzsystems durch die Einführung von CBDC nicht gefährdet werden, müssen demzufolge CBDC-Varianten gewählt werden, mit denen solche Auswirkungen vermieden werden können“, erklärt die DK.
Der Generaldirektor der EZB für Marktinfrastruktur und Zahlungsverkehr, Ulrich Bindseil, hat in einem Arbeitspapier ein CBDC-Modell mit zweistufigem Zins entworfen. Bindseil geht dabei von der Ausgabe von CBDC an die breite Öffentlichkeit aus. Das Modell sieht eine zweistufige Verzinsung vor, mit der das Halten größerer Volumina von CBDC unattraktiv gemacht werden soll. Ein Maximalbetrag, der der Zahlungsfunktionalität des CBDC entspricht, wird höher verzinst als darüberhinausgehende Beträge, die der Wertaufbewahrungsfunktion dienen.
So soll sichergestellt werden, dass Mittelverlagerungen von Geschäftsbankengeld in CBDC begrenzt werden und die Position der Kreditinstitute nicht geschwächt wird. Auch dürfte sich so das Risiko von Bank-Runs in Krisenzeiten eindämmen lassen. Gegenwärtig bestehe aus Sicht der DK jedoch keine Notwendigkeit, die Einführung von CBDC im Euroraum mit Vorrang in Angriff zu nehmen. Denn die Gefahren für die Finanzstabilität und mögliche Einschränkungen im Kreditangebot der Banken und Sparkassen sind nicht ausreichend erforscht. Zudem bestehe kein ausreichender Zusatznutzen für die Bürgerinnen und Bürger, heißt es in dem Papier.
DK orientiert sich an EZB und G7-Staaten
In Zukunft könnte digitalem Zentralbankgeld in der Geld- und Währungsordnung jedoch eine bedeutsame Rolle zufallen, weswegen die DK die Anstrengungen von EZB und der G7 Lösungen für die technologischen Herausforderungen zu finden, welche die Stabilität des bestehenden Finanzsystems erhalten.
Nach Einschätzung der DK ist CBDC zur Stärkung der Leitwährung und insgesamt zur Sicherung sowohl der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa als auch für den Erhalt der wirtschaftspolitischen Handlungsfähigkeit mittel- und langfristig unerlässlich. Dazu müssen gemeinsam von Politik und Wirtschaft Ziele geschärft und passende Lösungen gefunden werden.“
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Doch die DK sieht hier ausschließlich die Funktion als Zahlungsmittel – diese dürfe die Rolle der Kreditwirtschaft als Teil der Volkswirtschaft nicht unterlaufen. Dies wäre etwa bei einem Übergang zu einem Geldsystem der Fall, in dem die Geldschöpfung bei Banken und Sparkassen massiv eingeschränkt ist und das Kreditangebot daher nicht mehr ausreichend an die im Konjunkturzyklus schwankende Nachfrage angepasst werden kann.
„Auch darf die Einführung von CBDC nicht die Gefahr von Bank-Runs im Krisenfall erhöhen. Sonst könnte die Einführung zu deutlich höheren Gefahren für die Finanzstabilität führen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaft insgesamt“, gibt die Deutsche Kreditwirtschaft zu bedenken. Der Zugang zu solchen CBDC für den Endkunden sollte daher über das bestehende Bankensystem erfolgen. Ein sicherer Zugang zu CBDC-basierten Werteinheiten und deren Verwendung im Bankgeschäft könne auf Basis bestehender und neu zu schaffender Infrastrukturen der DK erfolgen.
Aus Sicht der DK setzt die Einführung von CBDC die Schaffung einheitlicher rechtlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen voraus. Rechtssicherheit und angemessene Regulierungsstandards sind Grundvoraussetzungen für das Vertrauen der Öffentlichkeit in CBDC und dessen Akzeptanz durch alle Marktakteure.“
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Für die Einführung von CBDC als Zahlungsmittel sei es wichtig zu klären, ob es den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben soll (Annahmezwang) sowie ob und in welchem Umfang Zahlungen anonym erfolgen können (Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vs. Privatsphäre der Bürger).
Unterm Strich zeigt das Positionspapier, das zum kostenlosen Download bereitsteht, sehr gut den aktuellen Verhandlungsstand auf. Auch wenn angesichts der aktuellen Lage andere Themen stärker in den Fokus gerückt sind, werden die Zentralbanken und die Politik der entsprechend interessierten Staaten die Diskussion um die genannten Themen vorantreiben müssen. Die DK, so heißt es abschließend, sei bereit, am Diskurs mit den politischen Entscheidungsträgern und den Notenbanken mitzuwirken. Man arbeite parallel dazu aber auch an der Weiterentwicklung des Zahlungsverkehrs im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und der sich ändernden Kundenbedürfnisse.tw
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