Diamond-Star-Award: Convenience schlägt Zins – die SWK-Bank-Geschäftsführer im Interview
Beim „Banken im Umbruch“ nahmen sie den Diamond-Star-Award von Handelsblatt und Euroforum mit – für den „Couchkredit“: Die SWK-Bank-Geschäftsführer Ulf Meyer und Michael Moschner. Nun geben sie im IT Finanzmagazin-Interview überraschende Einblicke, warum Convenience den Zins schlägt, was Menschlichkeit der Scrum-Entwicklungsmethode voraus hat und weshalb der Desktop-Computer als Kredit-Abschluss-Medium längst Geschichte ist.
Herr Meyer, Sie haben da was gewonnen. Wie ist denn das passiert?
Ulf Meyer: Es gab die Ausschreibung zum Diamond Star Award von Handelsblatt und Euroforum. Wir sahen das leider erst kurz vor Bewerbungsschluss. Setzten uns dann aber unverzüglich mit unserem Projektteam zusammen und schauten, ob eine Bewerbungsunterlage zeitnah erstellt werden kann. Die beiden federführenden Projektmitglieder beurteilten das Ganze optimistisch.
Daraufhin stellten wir innerhalb von drei Tagen alle geforderten Informationen zusammen und berichteten detailliert von unseren ersten Projekt-Erfahrungen und der Umsetzung unseres Couchkredites.”
Nach dem Einreichen unserer umfangreichen Unterlagen bekamen wir dann die Nachricht, unter die letzten Drei gekommen zu sein – neben der NRW- und der Deutschen Bank. Das hat uns natürlich schon ein bisschen Stolz gemacht, mit zwei so großen Banken in die Endausscheidung gekommen zu sein. Als wir einige Wochen später vor Ort in Frankfurt zum Sieger gekürt wurden, war der Jubel groß. Wir sahen uns bestätigt, mit dem Couchkredit – ich will nicht sagen alles richtig gemacht, aber doch ein tolles und wegweisendes Produkt erstellt zu haben. Der Sieg bezog sich übrigens auf die Kategorie „Digital Banking“. Da geht es unter anderem auch um die Nachhaltigkeit eines Produktes und um das Neuartige an ihm.”
Mit dem Couchkredit haben wir die gesamten Prozessketten so geschickt verbunden, dass wir einen komplett medienbruchfreien Ratenkredit anbieten können. Das hat die Jury offensichtlich überzeugt. Was uns sehr, sehr freut.
Ein interessanter Punkt in den Bewerbungsunterlagen war die Frage nach den ‘Learnings’ – da haben wir lange überlegt. Das Learning lautete, und das war auch der wesentliche Treiber des Projektes, dass die Scrum-Projektmanagement-Methodik manchmal zu langsam für die SWK Bank war.”
Ist Scrum zu langsam?
Ulf Meyer: Ja, das haben wir tatsächlich so notiert. Scrum ist manchmal zu langsam für die SWK Bank.”
Was ist denn schneller?
Michael Moschner: Tatsächlich das Zusammenzusitzen, das miteinander arbeiten, das direkte Programmieren. Die Erwartungshaltung der unterschiedlichen Teilnehmer immer sofort einzufangen, abzustimmen und umzusetzen. Vor allen Dingen die anfänglichen Ideen, wie das Produkt am Schluss aussehen soll – und dann alles darauf zu fokussieren. Und es gibt natürlich Teile in dem Prozess, die man so noch nicht kannte. Dann fängt man an, möglichst schnell eine Art Workaround zu bauen. Was wir aber immer verfolgen, ist das Ziel, das Produkt so hinzubekommen, dass es für den Kunden möglichst geschmeidig ist. Dem wird alles untergeordnet. Dann arbeitet man eben später noch einmal nach, um das Ziel zu erreichen.
Auf den Punkt gebracht: Das menschliche Miteinander schlägt Scrum?
Ulf Meyer: Ich habe lange überlegt, was eigentlich so ein Projekt-Team wirklich ausmacht. Und wie ich das mit anderen Branchen vergleichen kann, mit anderen Unternehmen und so weiter. Und ich glaube ein ganz wichtiger Punkt ist, dass bei uns keine Egomanie herrscht.
Wenn Sie Egomanen in einem solchen Projekt beziehungsweise in den Abstimmungsrunden sitzen haben, dann bremsen diese die anderen aus – und damit das gesamte Projekt.”
Hatten Sie schon solche Egomanen in einem Team? Und wenn ja, was haben Sie mit denen gemacht?
Michael Moschner: Ich glaube in der SWK Bank war das nie so ein Thema. Das kennen wir teilweise aus Projektteams anderer Unternehmen, möglicherweise auch anderer Banken.
Wir sind sehr offen und konstruktiv im Umgang miteinander, sehr umtriebig, offen für neue Dinge und haben eben nicht den Anspruch, den ein Einzelner für sich in so einem Projekt haben könnte.
Die Begeisterung bei Mitarbeitern zu wecken bedeutet auch, ihnen Freiräume zu geben und konsensfähige Entscheidungen zu treffen. Da bringt sich nämlich jeder ein. Dann wird gemeinsam ein Schuh daraus.”
Und das ist das Gute. Wenn wir zwei uns einschlössen, um ein Produkt zu entwickeln, wäre das Resultat nicht halb so gut. Weil wir viel zu viel vergessen würden.
Das heißt, die Begeisterung dämpft die Egomanie der Mitarbeiter?
Ulf Meyer: Da gibt es ja so einen Spruch: “Das Bessere ist nie der Feind des Guten”. Jede Idee, die in so ein Projekt kommt, wird wertgeschätzt. Sie wird gleichermäßen besprochen, überdacht und dann am Ende des Tages entschieden.
Klingt jetzt, wenn ich Sie so höre, als ob sie auf der Suche nach Mitarbeitern wären.
Michael Moschner: Wir stellen Mitarbeiter natürlich nur langfristig ein und nicht für irgendwelche Projekte. Nicht nach dem Motto: “Gucken mal, was draus wird”. Wir suchen Leute, wenn wir Dinge für zukunftsfähig erachten und wissen, dass entsprechende Arbeit auf uns zukommt.
Und was übrigens immer besser funktioniert ist das ‘Self Recruting’: Wir fragen in unserer Belegschaft: “Kennst du jemanden, der jemanden kennt?”. Und das ist richtig erfolgreich.”
Daran sehen wir auch, dass unsere Mitarbeiter Ihr Unternehmen mit Begeisterung in ihr Privatleben integrieren. Und selbstverständlich gehen wir auf solche potenziellen Bewerber dann aktiv zu. Die sind meistens positiv überrascht. Und dann haben wir wieder einen loyalen Mitarbeiter mehr.
Recruiting über das eigene soziale Netzwerk sozusagen.
Michael Moschner: Genau.
Also zurück zum Couchkredit. Sie standen da also dann auf der Bühne mit dem Ding und haben in die großen Augen der Deutschen Bank Mitarbeiter geschaut.
Ulf Meyer: Offen gesagt wusste ich nicht, wo die Mitbewerber saßen. Ich war schon mächtig stolz, als ich das Ding in der Hand hielt, weil es gezeigt hat: „Wir sind damit auf dem richtigen Weg – und auch die Jury hat das anerkannt und die Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit des Produktes betont.
Während dieser Zeit zeichnete er sich u.a. verantwortlich für den Ausbau der Kreditentscheidungs- und Bestandsbewertungssysteme mittels Neuronaler Netze bzw. Scorekarten, für die Einführung des Passivgeschäftes und der Kfz-Finanzierungen.
Wie haben Sie das mit Ihren Leuten gefeiert?
Michael Moschner: Wir feiern noch, wir feiern das jeden Tag. Nein im Ernst, wir haben es bescheiden gefeiert. Bescheiden, weil es für uns auch immer nur eine Zwischenetappe ist. Viel mehr macht es uns stolz, dass der Produktname Couchkredit zum Programm geworden ist. Unsere Mitbewerber, unsere Kollegen z.B. aus dem Bankenfachverband sprechen vom Couchkredit. Das heißt, wir sind zwar nicht da, wo das Tempo-Taschentuch angelangt ist, aber Couchkredit ist bereits acht Monate nach der Markteinführung ein gängiger Begriff – das ist schon cool.
Was kommt jetzt. Wie geht es weiter?
Michael Moschner: Gute Frage. Das ist erstmal schwer zu toppen. Wir werden uns nun auf den Ausbau des Couchkredites konzentrieren. Bei allen technischen Lösungen und bei aller Schnelligkeit und Einfachheit aus Sicht des Kunden, müssen wir natürlich auch sehen, dass wir genau dort zur Stelle sind, wo der Kunde das Produkt benötigt.
Ulf Meyer: Couchkredit mit einer Video Legitimation und einer qualifizierten elektronischen Signatur ist eben noch nicht das Standardprodukt in der Wahrnehmung des Endkunden. Daran gilt es jetzt erst einmal zu arbeiten, das Produkt weiter auszurollen und weiter bekannt zu machen. Auch die Produktparameter hinterfragen wir weiter. Wir haben dort zum Beispiel den maximalen Kreditbetrag von 5.000 auf 12.000 Euro erhöht. Aber mit Blick auf die Zukunft arbeiten wir auch schon wieder an ganz anderen interessanten Lösungen, für die der Couchkredit letzten Endes das Fundament bildet. Wir möchten nämlich den Ratenkredit im weitesten Sinne weiter entwickeln.
Michael Moschner: Ja und da ist sicherlich im nächsten Jahr mit einigen interessanten Ideen von uns zu rechnen.
Hinzu kommt, dass dieses ganze Thema Couchkredit, wenn wir es als gekapseltes System sehen, natürlich nicht nur im Internet einsetzbar ist, sondern auch am Point of Sale. In großen Autohäusern könnte beispielsweise dem Endkunden ein Tablet in die Hand gedrückt werden, mit dem er seine Daten eigenständig erfasst.”
Ulf Meyer: Zusammengefasst haben wir also die Kreditsumme erhöht, die Laufzeiten verändert und valide Erfahrungen über die Systemwelt, die Antragsqualität und die Antragsteller gesammelt. Wir begannen damit, viele Kunden, die das Kreditangebot nutzten, anzurufen und ihnen Fragen zum Service zu stellen.
Und tatsächlich waren 89,4 Prozent der Kunden mit dem Kreditangebot voll zufrieden. In der letzten Tranche der Befragung waren das über 500 Teilnehmer. Hier kann Repräsentativität unterstellt werden.”
Haben sie auch die gefragt, bei denen es abgelehnt wurde?
Ulf Meyer: Das haben wir vorher gemacht. Da waren die Fragestellungen einfach weniger technischer Natur, sondern eher: “Warum wurde ich abgelehnt.” “Was war los?”. Und häufig ist es ja so, wenn ein Kunde eine negative Bonität hat, ist er sich dieser sehr bewusst.
Wie viele Kredite wurden denn nun pro Monat vergeben?
Michael Moschner: Seitdem wir Ende Januar starteten, haben wir bisher eine hohe vierstellige Zahl an Anträgen tatsächlich ausgezahlt. Tendenz steigend – mit Erweiterung des Kreditbetrags auf 12.000 Euro erst recht.
Seit Mitte der 1990er Jahre beschäftigt er sich mit dem Bankgeschäft im Internet. Dabei spezialisierte er sich vor allem auf den effizienten Einsatz modularer Prozesse im Kredit- und Einlagenbereich sowie die stetige Weiterentwicklung der Bedienfreundlichkeit sämtlicher Systeme. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann machte er seine erste Station bei der netbank AG. Dort baute er das Konto- und Kartengeschäft auf und entwickelte das Kreditgeschäft entscheidend weiter.
Und wer ist so der typische Kunde?
Ulf Meyer: Der typische Couchkredit-Kunde ist um die 30 Jahre alt. Ledige und Verheiratete halten sich ungefähr die Waage. Er ist eher männlich und stark internetaffin. So unsere Erfahrungen.
Der Desktop-Anteil der Antragssteller beträgt nur etwa 25 Prozent. Entsprechend schließen 75 Prozent „mobile“ ab. Und das war unser Ziel.”
Wie kommen Ihre Kunden darauf, per Smartphone oder Tablet einen Kredit abzuschließen? Warum mobile?
Ulf Meyer: Mobile bedeutet Tablet oder Smartphone. Solche Kreditnehmer schätzen den Komfort. Ich glaube, die Zeit ist vorbei, in der man sich an den Rechner gesetzt hat, um einen Kreditantrag zu stellen. Die Menschen liegen heute, um in diesem Bild zu bleiben, auf der Couch oder im Sessel und hantieren mit ihren Tablets.
Der Kunde nimmt den Ratenkredit auf, weil er zum Beispiel ein Konsumbedürfnis befriedigen will. Er möchte sich ein Elektrofahrrad, eine neue Couchgarnitur oder was auch immer kaufen. Der Kredit ist nur das Vehikel dafür.”
In den Lebenssituationen, in der er sich mit neuen Garnituren oder Elektrofahrrädern auseinandersetzt, muss er sich nach der Kaufentscheidung zeitnah darum kümmern, das Produkt zu bezahlen beziehungsweise zu finanzieren. Mit uns kann er das ganz einfach am Esstisch oder eben auf der sprichwörtlichen Couch tun – ein Bequemlichkeits- und Komfort-Aspekt.
Aber müsste dann der Kredit nicht direkt in der Kaufstrecke sein?
Michael Moschner:
Nein, das läuft anders. Das ist nicht unbedingt der Internetkunde, der das Elektrofahrrad im Internet kauft.”
Das ist der Kunde, der das beschließt, weil er gerade mit dem Nachbarn gesprochen hat, und dann überlegt, dass ein Elektrofahrrad jetzt das Richtige für ihn wäre. Anschließend nimmt er zweieinhalbtausend Euro auf und geht damit zum Fahrradhändler und legt das Geld direkt auf den Tisch. Was Ulf Meyer vorhin angedeutet hat, spielt jetzt auch wieder mit: Das kann die komplette Abwicklung, inklusive Zahlungsverkehr hintendran, bedeuten. Also ein Kredit, der quasi als Zahlungsmittel am Point of Sale tatsächlich zur Verfügung steht und somit zum Bezahlen bereits an der Kasse genutzt werden kann.
Interessant ist zudem, dass Bequemlichkeit und Schnelligkeit dem Kunden etwas wert sind. Die Diskussion über die Zinshöhe gerät damit ein bisschen in den Hintergrund.”
Ich glaube, es geht nur um das große attraktive Gesamtpaket, das man dem Kunden anbietet. Der Preis dafür ist dann nicht mehr von primärem Interesse. Natürlich muss man attraktive Konditionen bieten – aber am Schluss des Tages zählt für die Kunden immer der Gesamtnutzen.
Würden Sie so weit gehen zu sagen, dass das Thema Convenience das Thema Zinshöhe schlagen kann? Also wenn etwas richtig bequem ist, sind die Kunden auch bereit, einen deutlich höheren Zins zu zahlen?
Ulf Meyer: Er muss ja nicht deutlich höher sein – aber der Zins ist dann vielleicht nicht mehr das, womit man sich vorne anstellen muss. Wissen Sie, heute sind wir ja durch die Tech-Unternehmen dieser Welt getrieben und sie sind nur dabei, wenn sie einen Zins haben, der ausweislich bei den Besten ist.
Wenn sie aber Convenience bieten, dann müssen sie den Zins nicht in den Vordergrund stellen, sondern können sagen ‘Hör mal – und trotzdem ist der Zins noch günstig’ – aber es ist eben nicht das Dringlichste. Und der Kunde wird sich durch solche Angebote, durch Bequemlichkeit und durch Convenience eher überzeugen lassen, als durch Preistreiberei nach unten.”
Ein klasse Schlusssatz. Vielen herzlichen Dank für das ausführliche Interview!aj
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/59968
Schreiben Sie einen Kommentar