Co-Creation ersetzt klassische Beratung: Banken und FinTechs als gleichberechtigte Partner
Galten Banken bis vor Kurzem als Herrscher über das Geld, setzen sie heute zunehmend auf das Know-how von FinTechs. Die Technologie der innovativen Player ermöglicht ihnen, tiefe Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten und mit modernen Geschäftsmodellen in neue Märkte einzusteigen. Die Kooperation ist zwar eine Herausforderung, trägt jedoch mit der richtigen Strategie Früchte.
von Aleksandar Jeremic, Geschäftsführer fino und Ssonja Peter, Senior Management Consultant borisgloger consulting
Ein Erfolg versprechender Ansatz liegt in der Co-Creation bzw. Co-Innovation. Sie ist der Management- und Technologieberatung BearingPoint zufolge aktuell die häufigste Form der Zusammenarbeit in Deutschland – aus guten Gründen. Denn um hochkomplexe Projekte in Eigenentwicklung zu realisieren, genügen die Kapazitäten von Banken und Versicherungen meist nicht und standardisierte Dienstleistungsverträge reichen nicht weit genug. Bei der Co-Creation treiben Banken und FinTechs mit ihren jeweiligen Stärken Projekte als gleichberechtigte Partner voran. So lässt sich ein ganzes Universum an Lösungen sinnvoll mit Banking-Anwendungen und -Funktionen verknüpfen.Weitreichende Features für mehr Komfort
So können Banken und Versicherer im gegenwärtigen Zeitalter von Open Banking verschiedenste Anwendungen mit PSD2-konformen Schnittstellen ausstatten. Über diese Access-to-Account-(XS2A)-Lösungen haben Kunden die Möglichkeit, ihre Konten zu integrieren. Ohne dass sie sich manuell in diese einloggen müssen, stehen ihnen Funktionen wie „Umsätze einsehen“ oder „Zahlungen ausführen“ dort zur Verfügung, wo sie sie benötigen.
Die Anwendungen bieten verschiedenste Services, die FinTechs ebenfalls realisieren – beispielsweise über die Integration via REST-API. Dazu zählen Dokumenten-Services wie das automatische Abholen von Dokumenten aus Portalen, das Extrahieren von Informationen via OCR und das Kategorisieren von Transaktionen. Standard-Regelwerke erkennen viele Daten automatisch und ermöglichen dennoch eine individuelle Anpassung an die Belange der Anwender. Diese erhalten einen unmittelbaren Mehrwert. Während eine Vertragserkennung hilft, die unterschiedlichen Verträge im Blick zu behalten und ein Vertragsmanagement diese digital organisiert, sorgt eine Vertragsoptimierung für eine komfortable Feinjustierung des Portfolios. Denn in nur wenigen Sekunden können Verträge über Drittanbieter mit Alternativen verglichen werden und das Implementieren weiterer Funktionen, etwa zur Kündigung, ermöglicht einen einfachen Wechsel. Das Heraussuchen der Kontaktdaten von Zahlungspartnern und Ausfüllen von Papieren entfallen. Dank App haben Kunden die Möglichkeit, den Kontowechsel sogar bequem per Smartphone zu erledigen, wie diverse Beispiele von Banken zeigen.
Ein vollautomatischer Kontowechselservice, eine ZKG-konforme Kontowechselhilfe und ein Depotwechselservice gehören bereits zum Standard.“
Aus Informationen Erkenntnisse gewinnen
Banken oder Versicherungen wiederum können die aus Zahlungsströmen und Dokumenten erhobenen Daten mit weiteren Informationen anreichern und diese zu ihrem Vorteil nutzen. Zum Beispiel lassen sich eingegebene Adressen in Echtzeit auf ihre Korrektheit überprüfen, das zentrale elektronische Transparenzregister abfragen und Handelsregisterauszüge abrufen. Via REST-API werden Auszüge, Gesellschaftsverträge, Gesellschafterlisten oder Bekanntmachungen in die gewünschte Anwendung übertragen, optional mit den darin enthaltenen Daten in strukturierter Form. Ergänzend dazu kann ein Media-Screening implementiert werden, das nach der Webpräsenz eines Unternehmens oder einer Person sucht, einen Abgleich zum Impressum vornimmt und Nachrichten aggregiert. Dies ermöglicht es Banken, per Mausklick umfassende Informationen über Kunden und Geschäftspartner zu erhalten, um unter anderem das Risiko zu beurteilen. Weitere Anwendungsfälle: eine automatisierte Know-your-Customer-Prüfung und das Anbieten passgenauer Produkte und Services. Möglich ist auch, mehrere Einsatzszenarien zu kombinieren.
Erfolgsentscheidend ist, die verfügbaren Informationen so zusammenzuführen, um daraus Erkenntnisse zur jeweiligen Lebenssituation zu gewinnen, Handlungsempfehlungen abzuleiten und die Umsetzung direkt anzustoßen.“
Dann können Geschäftsmodelle heranwachsen, die Akzente setzen und bestehenden überlegen sind.
Beispiele für ergänzende Banking-Lösungen
– OCR-Service
– Logo-Integration
– Klassifizierungsservice
– Storage-Lösungen
– Echtzeit-Adressprüfung
– KYC-Automatisierung
– Handelsregister- und Transparenzregister-Abruf
– Media-Screening
– Profile-Lösungen
– Konto- bzw. Depotwechselservice
Autor Aleksandar Jeremic, fino Aleksandar Jeremic ist gelernter Bankkaufmann, nach seinem BWL-Studium ist er von Köln nach Frankfurt gezogen. Dort war er in der Bankenbranche für Großprojekte verantwortlich, z. B. die Entwicklung von Filialmodellen oder die Implementierung von agilen Arbeitsweisen. Nach seinem Wechsel zum FinTech fino (Webseite) digital übernahm er dort die Geschäftsführung und verantwortet die Entwicklung und Vermarktung von Produktlösungen rund um das Thema Finanztransaktionen.
– Logo-Integration
– Klassifizierungsservice
– Storage-Lösungen
– Echtzeit-Adressprüfung
– KYC-Automatisierung
– Handelsregister- und Transparenzregister-Abruf
– Media-Screening
– Profile-Lösungen
– Konto- bzw. Depotwechselservice
Dafür müssen oft verschiedene Lösungen optimal miteinander kombiniert werden. Es gilt, die zum jeweiligen Geschäftsmodell passenden auszuwählen und sie dann so zu implementieren, dass sie nahtlos ineinandergreifen – eine Aufgabe, die nicht einfach ist. Denn einige Produkte stehen zum Beispiel als Managed Services oder SaaS bereit, andere als Whitelabel-Lösungen, API- & UI-Komponenten oder SDKs. Sie können in die bestehende Infrastruktur integriert oder als webbasierte Services genutzt werden. Auch der Versand von Ergebnissen per E-Mail ist möglich. Um hier eine effiziente Prozesskette aufzubauen und beständig weiterzuentwickeln, ist es wesentlich, dass Banken und FinTechs Hand in Hand arbeiten. Das setzt eine kluge Auswahl des Partners voraus.
Das sind aus unserer Sicht die Schlüsselindikatoren für die Wahl eines Partners:
- Haben Bank und FinTech dasselbe Verständnis einer Customer Experience?
- Schließt die Kooperation mit dem FinTech die Qualifikationslücken?
- Erschließen beide in der Kooperation Neukundenpotenziale?
- Gemeinsames Kunden- und Werteverständnis: Wollen wir das Gleiche für unsere Kunden? Nur wenn diese Frage transparent ausgefochten wird, wird die Kooperation nachhaltig funktionieren.
- Welches Ziel verfolgt die Bank? Steht Payment, Compliance oder Smart Data im Fokus? Dementsprechend sollte die Wahl auf ein FinTech fallen, das auf diesen Bereich spezialisiert ist und das kompatibel zu der bestehenden Infrastruktur ist.
Autor Ssonja Peter, borisgloger consulting Das Bankgeschäft kennt die Betriebswirtin und Bankkauffrau Ssonja Peter bis ins Detail. Seit 2000 hat sie in verschiedenen Führungspositionen in deutschen Großbanken den Wandel der Branche mitgestaltet. Aktuell ist sie als Senior Management Consultant bei borisgloger consulting (Webseite) gemeinsam mit einem Team kundenverantwortlich für ein Transformationsprojekt einer großen deutschen Bank sowie eines großen Automobilherstellers.
Ein Vorteil:
Co-Creation lässt sich individuell organisieren, einschließlich der Vergütungsmodelle. Letztere können zum Beispiel einen fixen Preis beinhalten und/oder nutzungsabhängig und damit erfolgsbasiert sein.”
Dementsprechend vielfältig sind die Lösungsansätze. Zunächst steht die Zielsetzung im Fokus, um daraus die geeignete Form der Zusammenarbeit abzuleiten. Wie stark werden die Services der FinTechs benötigt? Fokussiert die Bank zunächst nur auf eine Zusammenarbeit in einzelnen Bereichen oder soll flächendeckend transformiert werden? So kaufen Banken, die auf wenige personelle und fachliche Ressourcen zurückgreifen können, die Dienstleistungen der FinTechs ein. Andere setzen auf eng verknüpfte Kooperationen, um voneinander zu lernen und sich so ideal zu ergänzen. In aller Konsequenz integrieren Banken die FinTechs und deren Technologien in ihre bestehenden Strukturen oder gründen eigene FinTechs als Tochterunternehmen aus. Unterm Strich läuft alles auf eine Frage hinaus: Wie gestaltet man eine Kooperation so aus, dass Anreize für diese beidseitig attraktiv sind?
Co-Creation-Fazit
Mit strategisch konzipierter und umgesetzter Co-Creation kann es Banken gelingen, Neues und Bewährtes gewinnbringend miteinander zu verknüpfen, sprich: tiefe Kundenbeziehungen beizubehalten und gleichzeitig technologisches Know-how zu nutzen. Auf diese Weise ist es möglich, dass sie ihre Stärken als etablierte Player weiterentwickeln und gekräftigt in neue Märkte einsteigen.Aleksandar Jeremic, fino und Ssonja Peter, borisgloger consulting
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