CIBI Innovationstag 2024: „Glück und Hoffnung sind schlechte Wegbereiter bei Banken“
Mit Fokus auf die zwei Themenblöcke „Innovationen & Technologie“ sowie „KI in Anwendungsfällen“ diskutierten über 100 Finanz- und Technologieexperten beim mittlerweile 23. CIBI Innovationstag 2024 in München über Trends bei Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern. Die CIBI ist eine der Leitkonferenzen in diesem Umfeld und wird von ibi research (Universität Regensburg) ausgerichtet.
Zum Start gaben Dr. Anja Peters und Dr. Stephan Weber (beide ibi research) in ihrer ganz frischen Studie „Banking Trends 2024 – was bringen die nächsten drei Jahre?“ einen Überblick über Gedanken und Erkenntnisse bei Experten im Banken- und Finanzbereich. Die Ergebnisse in Kürze:
- Banking of Things BoT (Experten sind eher indifferent)
- Cloud Banking (die eine Lösung gibt es nicht, aber ohne geht auch nicht)
- Quantencomputing (abwarten, weil teuer)
- Resilienz (zunehmend unabdingbar).
BoT, Cloud und Quantencomputing : Wie schätzen Experten diese Trends ein?
Die Technologien im Bereich Internet der Dinge sind reif und Dr. Anja Peters geht davon aus, dass bis 2029 Wachstumsraten von über 18 Prozent bei IoT-Geräten denkbar sind – alltägliche Geräte, die mit Internet verbunden sind, können Daten senden und empfangen. Auf den ersten Blick zeichnen sich damit etliche naheliegende neue Einsatzmöglichkeiten im Banking ab, etwa Auswertung der Geolokalisierung des Smartphones im Kontext von Fraud Detection, Push-Angeboten oder Bewegungsverhalten in der Filiale oder auch der Zugang zu Selbstbedienungszonen via Smartphone.
Banking of Things (BoT) ist aber einfacher gesagt als getan. Auf den zweiten Blick zeigt sich nämlich, dass ein Engagement in IoT grundlegende Paradigmenwechsel und vor allem zahlreiche neue Fähigkeiten bedingt. BoT könnte Kreditinstituten zu neuen Geschäftsmodellen und Ertragsmodellen verhelfen, doch noch wartet man hier im Banken und Finanzdienstleiterkreis eher ab und zeigt sich indifferent: Denn wer weiß genau, wohin die Reise geht?
Anders hingegen beim Thema Cloud Banking. Die Cloud ist mittlerweile Bestandteil bei fast allen Kreditinstituten, man sieht eher strategische Risiken – etwa beim Thema Compliance und Datenschutz oder auch bei der Informationssicherheit. „Informationssicherheit , Cybersicherheit, Datenintegrität und Anbieterabhängigkeit“ fasst Dr. Stephan Weber, ebenfalls von ibi research, die Bedenken zusammen.
Grundsätzlich lässt sich bei der aktuellen ibi-Umfrage feststellen, dass beim Thema Cloud etwas Ernüchterung eingekehrt ist: Die Cloud sei kein Allheilmittel und man solle nicht alles in die Cloud auslagern, so ein Fazit der Umfrage. Bei der Cloud-Strategie für die kommenden drei Jahre zeigt sich daher auch, dass über 50 Prozent der befragten Experten im Banken- und Finanzbereich sagen, sie plädieren für eine „Cloud-too-Strategie“. Rund 40 Prozent will in die Cloud transferieren, was möglich ist und nur zehn Prozent setzen auf eine „Cloud-only-Strategie“.
Auch das Thema Quantencomputing weckt bei der Umfrage das Interesse der Banken- und Finanzexperten, doch: „Quantencomputing ist ein Expertenthema und es gibt kein One-size-fits-all“, so lässt sich zusammenfassen, was die Banken- und Finanzexperten von diesem Trend halten – aber auch, dass sie genau im der Finanzbranche (und bei Life Sciences) das meiste Potenzial erwarten. Doch gilt hier für viele noch: Abwarten und informieren – noch gilt die Technologie für viele zu teuer.
Resilienz in extremen Situationen
Dr. Carsten Esbach (BNP Paribas Deutschland) sprach im Rahmen der Konferenz ein weiteres omnipräsentes Thema an: Resilienz und Cybersicherheit. Esbach benannte dabei ganz konkret, warum er das Thema für sich und seine Bank so wichtig erachtet: „Wir hatten bei den Zugriffen in den letzten Jahren drei enorme Peaks, die alles davor übertrafen. Der erste Peak kam mit dem Brexit, der zweite nach der Wahl von Donald Trump und Peak Nummer drei traf uns mit dem ersten Lockdown.“ Es hat die Bank fast in die Knie gezwungen. Aber nicht nur wegen unvorhersehbarer Peaks sondern auch wegen der wachsenden Zahl an Cyberrisken setzt Esbach auf mehr Resilienz und meint:
Der nächste Pleitefall einer ordentlich geführten Bank wird wegen eines Cybervorfalls sein.”
Wie sollte daher ein zukunftsfähiges IT-System aussehen, das mit solchen unvorhergesehenen Peaks umgehen kann? BNP Paribas Deutschland setzt laut Esbach seither auf Zentralisierung. “Mittlerweile arbeiten alle Mitarbeitern mit denselben Tools, das erleichtert die Verwaltung ungemein.“ Aber er hat nicht nur die Verwaltung im Blick, für ihn ist auch die „Employee Experience ein massiver Hygiene-Faktor in der IT geworden.“
Innovationen besser managen
Eine wesentliche Voraussetzung für den Unternehmenserfolg ist die Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte und Dienstleistungen. Ein systematisches, methodengestütztes Vorgehen kann dabei helfen, die im Innovationsprozess unvermeidbar auftretenden Risiken zu minimieren und Innovationen erfolgreicher hervorzubringen. Doch wie könnte ein solcher Prozess aussehen? Was führt zum Erfolg, was hingegen lässt Ideen verpuffen?
Mit diesem wichtigen Thema setzen sich Fabian Ittner (DZ BANK) und Stephan Paxmann (Landesbank Baden-Württemberg) auseinander und erklärten auf dem CIBI Innovationstag 2024 die jeweiligen Herangehensweisen ihres Hauses. Bei der DZ Bank beispielsweise erarbeitet man etwa 200 Mikrotrends, die dann in 20 Makrotrends konsolidiert werden, die dann wiederum einen klar definierten Prozess durchlaufen: Vom Trendsscouting und der Analyse zum Trend Lab, das acht Tage dauert und 20 Personen aus ganzer Gruppe mit einbezieht und unterschiedlichste Blickwinkel ermöglichen soll. Fabian Ittner erklärt dazu ganz selbstkritisch:
In verschiedenen Labs (Innovation oder auch Prototyping etc.) werden die erarbeiteten Trends umgesetzt. Im vergangenen Jahr (2023) hat man bei der DZ BANK sich beispielsweise auf new payments, decentral finance, internet of things, open banking, KI und smart data, demographischer Wandel und new work, konzentriert.So wollen wir die Gruppe mit all ihrer Schrulligkeit abbilden.”
Auch Stephan Paxmann, LBBW setzt beim Innovation Management auf einen klaren Prozess, denn „Glück und Hoffnung sind schlechte Wegbereiter bei Banken“. Er ist überzeugt, dass Banken eine eigne Meinung zu den wesentlichen Trends haben sollten. Auch müssen für sein Dafürhalten Innovation einer klaren Struktur folgen.
Digitale Innovation ist kein Zufallsprodukt!”
Der Weg seines Hauses ist hierbei klar an Zwischenergebnissen ausgerichtet: Screening & Foresight plus Ideation, Incubation, deep dives, Positionierung, „Innovationsmanagement endet nicht bei der Idee, sondern bei der Produktion“. Für die Teilnehmer des CIBI Innovationstag 2024 hatte er auch ein konkretes Beispiel: Gen KI sei erst seit März 2022 strategisches Thema bei der LBBW.
Ganz nah am Leben: Ki und Betrug bei Versicherungen
Dass KI keine ferne Zukunftstechnologie ist, zeigte sich an weiteren Vorträgen, etwa von Peter Holmstoel (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft). Er machte an Hand von etlichen Praxisbeispielen deutlich, dass KI auch bei Cyberkriminellen angekommen ist. So bearbeiten mittlerweile viele Betrüger Bilder mit KI um Schadensfälle vorzutäuschen oder erstellen gefälschte Dokumente mittels Künstlicher Intelligenz. Auf der Seite der Versicherungswirtschaft lässt sich hingegen beispielsweise eine KI der Hochschule Neu-Ulm, nutzen, die Lügen in Gesprächen erkennt. Betrug bleibt also ein Hase- und Igel-Spiel mit Kriminellen, erweitert um Künstliche Intelligenz.
Fazit des CIBI Innovationstages 2024
Banking of Things BoT, Cloud und Quantencomputing werden Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister also auch in den kommenden Jahren weiter intensiv begleiten und an der Beschäftigung mit Cyber-Resilienz führt kein Weg vorbei. Um sich mit diesen Trends zielführend zu befassen, sollten die Unternehmen daher auf ein solides Innovation Management setzen. Doch keine Sorge: „Innovationen bedeuten nicht immer ein neues Geschäftsmodell, sondern die Geschäftsmodelle, die wir haben, effizienter machen“, so Stephan Paxmann. dk
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