CIBI 2025: KI und Customer Centricity – bei digitalen Fragen eine gute Kombi

Der CIBI Innovationstag von ibi research zeigt seit über 20 Jahren, welche Trends Finanzinstitute in den nächsten zwei bis drei Jahren beschäftigen werden. 2025 lassen sich diese Trends laut CIBI auf zwei Schlagworte reduzieren: Customer Centricity und Künstliche Intelligenz. Denn beide spielen in allen Bank-relevanten Bereichen eine Rolle: Sei es, wenn es um den individuellen hyperpersonalisierten Umgang mit Kunden geht, im Inkasso oder auch bei der Cybersicherheit.

von Dunja Koelwel

Ein deep dive gleich am Anfang des CIBI 2025 Innovationstages am 26.3.2025: Dr. Anja Peters, Co-Geschäftsführerin bei ibi research und neben Dr. Georg Wittmann und Dr. Stefan Weber für das Programm der Konferenz zuständig, stellt die jährlichen Banking-Trends vor und das erste Thema: Autonome KI, also die Maximierung der Potenziale mit weniger menschlicher Interaktionen.

Doch 75 Prozent der im Rahmen der von ibi research erstellten Studie befragten Bank-Experten sehen ihre veraltete IT als nicht geeignet für den Einsatz von autonomer KI. Und weil autonome KI dazu noch viele Risiken in sich birgt, meinen 27 Prozent (voll und ganz), dass sich der Einsatz in der Finanzbranche auch auf Grund der Regulatorik deutlich verzögern wird (46 Prozent stimmen hier „eher zu“). Dabei wäre autonome KI doch so schön und viele der Befragten sehen sich daher im Zwiespalt, da sie durchaus den betriebswirtschaftlichen Nutzen sehen.

Ein interessantes Ergebnis dieser Umfrage gab es auch bei der Frage: ob man als Finanzinstitut den Einsatz von KI transparent kommunizieren sollte. 17 Prozent der befragten Institute stimmen voll und ganz zu, 34 Prozent stimmen eher zu. Bei der Umkehrfrage an Bankkunden, ob sie über den Einsatz von KI von ihrer Bank informiert werden wollen, befürchten 39 Prozent der Kunden, dass sie zu gläsern würden – und sie dies nicht wollen. 24 Prozent der Bankkunden hingegen erwarten den Einsatz von KI für bessere Produktvorschläge.

Customer Centricity – facettenreich und allgegenwärtig

Dr. Ralph Müller, COO bei der ING-DiBa stellt gleich zu Anfang seines Vortrages auf der CIBI 2025 klar: „Kunden verlangen heutzutage mehr von Banken ab, als sie das in den letzten Jahren getan haben. Sie wollen deutlich mehr Kundenorientierung und die technologischen Möglichkeiten geben uns auch die Mittel dazu. Daher gehe ich davon aus, dass wir uns als Banken verändern müssen und die Banken, die hier mitgehen, werden davon profitieren.“

Er hat auch eine Erklärung dafür, warum sich die Kunden und der Markt so verändert haben:

Kunden haben viel aus anderem Branchen, etwa dem E-Commerce gelernt, wie schnell und einfach Dinge sein können. Das wollen sie nun genauso bei ihrer Bank.”

Und zum anderen steigen Bigtechs wie Apple in den Markt ein, Neobanken wie Revolut mischen mit und nicht zuletzt gibt es erfolgreiche Beispiele von Digitalausgründungen aus dem Bankensektor, etwa Chase.

Müller: „Ein Institut muss daher immer bei allen Aktionen in den Vordergrund stellen: wie wirkt das auf den Kunden?“ Denn Kundenzufriedenheit macht sich nicht nur bei der geringerer Wechselbereitschaft aus, sondern sorgt auch für niedriger Akquisitionskosten, geringere Risikokosten, geringere Kosten für den Betrieb und nicht zuletzt für niedrigere Kosten in der Finanzierung. Und wie bereits erwähnt – die technologischen Möglichkeiten wie KI eröffnen diese Chancen.

Die Unternehmensberatung McKinsey formulierte dies in einer Studie 2023: Banken werden von KI am meisten profitieren.”

Wie läuft es nun bei der ING-Diba? Sie setzt bei der KI-basierten Digitalisierung auf folgende Faktoren:

• Volldigitalisierte E2E-Prozesse
• Pain Points erkennen und reduzieren
• 24/7 einfache Antworten

… „und natürlich auf einen exzellenten Service“, so Müller, der aber auch klarstellt: „Der Kunde darf nie mit der Technik alleingelassen werden, wenn er einen Mitarbeiter will, bekommt er ihn.“

KI und Customer Centricity war aber auch Thema eines Vortrages, bei dem man es weniger vermutet hätte. Anke Blietz-Weidmann, Präsidentin des Bundesverbandes Inkasso (BDIU) sieht ihre Branche als systemrelevant, weil sie heutzutage unter anderem den Cashflow vieler Unternehmen sichert. Blietz-Weidmann: „Die Zusammenarbeit mit unseren Auftraggebern beginnt heute meist bereits auf der Prozessebene und wir übernehmen komplett.“ In Deutschland gibt es hierbei etwa 5,5 Millionen überschuldete Menschen, das bedeutet etwa 97 Millionen offene Forderungen, wobei die meisten unter 250 Euro liegen. Blietz-Weidemann: „Um aus diesen Mengen unstrukturierter Daten Sinnvolles zu ziehen, hilft KI.“ Ein Beispiel: Falsche Identitäten besser auszuschließen oder auch in der Kommunikation mit den Schuldnern.

“Cybersicherheit ist ein Marathon auf Sprintgeschwindigkeit“

War vor etwa zehn Jahren Cybersicherheit eher ein Randthema, das in der Diskussion von Security-Experten angesiedelt war, ist es mittlerweile auch beim Gros der Banking-Experten angekommen. Das liegt sicherlich unter anderem auch darin, dass diverse Studien von Securityunternehmen – etwa Trend Micro im Jahr 2023 – belegen:

Banken und Versicherungen gehen im Branchenvergleich bei Cyberangriffen am häufigsten auf Lösegeldforderungen ein, die Finanzbranche zahlt in 23,8 Prozent der Fälle ein Lösegeld.”

Warum? Sebastian Scholtyschik, Berater in Defense Center von Finanz Informatik (FI) hat durchaus eine Erklärung dafür: „Zum einen liegt es an der Menge an Informationen und zum anderen an der Vertraulichkeit: Hier laufen sensible Informationen zusammen – was jemand verdient, wofür er es ausgibt etc. Daher ist der Hebel hier immens, hohe Lösegelder zu fordern und auch die Bereitschaft, zu zahlen.“

Ist IT-Sicherheit dabei mehr ein Fall für die IT-Abteilung oder für den Mitarbeiter? Auch hier hatte Sebastian Scholtyschik bei seinem Vortrag eine Antwort: „Der Mitarbeiter ist mehr gefragt, denn das Einfallstor für Angriffe ist meist der Mitarbeiter. Es muss sichergestellt sein, dass der Mitarbeiter sich über die Bedrohungen bewusst ist, weiß, wie er sich schützen kann und wenn ein Angriff stattgefunden hat, weiß, wie er reagieren muss.“ Er findet: IT Sicherheit ist eine Netzwerkaufgabe: Man sollte die Informationen im Unternehmen teilen, mit Kollegen aus anderen Unternehmen, mit Experten und so weiter, damit man lernt. Denn Cybersicherheit ist keine Oneman-Show, es ist eine Team-Aufgabe – ein Marathon in Sprintgeschwindigkeit.

Noch lange nicht alles:

• Einblicke in die Welt von Sustainability-Linked Loans und Green Bonds – Herausforderungen für ESG Finanzierungsformate (Dr. Haiko Stefan, Helaba)
• Ökosystem Volksbank – mehr als nur Bank (Prof. Leonhard Zintl, Volksbank Mittweida)
• Diskussion über die Zukunft der Banken  (u.a. Boris A. Strucken, FIS – Fidelity Information Services, Prof. Leonhard Zintl, Volksbank Mittweida)
• Customer Centricity meets AI (Dr. Kevin Yam, coeo Group )
• Cyberresilienz aus Sicht der Bundesbank – Bedrohungen erkennen & Chancen zur Stärkung der Resilienz nutzen (Steffen Herrmann, Deutsche Bundesbank)
• Talk: Cybersicherheit – hohe Relevanz und dennoch ohne Impact? (u.a. Joachim Astel, noris network; Dr. Hermann Hienz, Sopra Steria Next Banking, Sebastain Scholtyschick, FI)

Fazit

Über 110 Teilnehmer – eine große Zahl an alljährlich wiederkommenden Teilnehmern und auch etliche neue Konferenzbesucher – und elf Vorträge bzw. Diskussionsrunden haben auch nach über 20 Jahren CIBI Innovationstag gezeigt: Ein neutraler und fundierter Austausch zu den zukunftsrelevanten Branchenthemen ist wichtig – oder wie zwei Gen Z-Teilnehmerinnen der Commerzbank formulierten: „Als Berufsanfänger haben wir manchmal einen anderen Blick auf neue Technologien, aber der Austausch mit älteren Kollegen und die Themenvielfalt hat uns viel Neues gezeigt. Wir kommen bestimmt wieder.dk