EVENTS & MESSEN13. Juni 2017

BVR: 73. Bankwirtschaftliche Tagung – Wahrheiten, Martin Schulz und mehr Investitionsausgaben

Pfannemüller

Familientreffen – von manchen ungeliebt, aber doch für viele Unverzichtbar. Man trifft sich in gewohnter Regelmäßigkeit mit dem Ziel eines Austauschs. Und so hatte auch die mehrtägige, 73. Bankwirtschaftliche Tagung der Volksbanken und Raiffeisenbanken etwas von einem Familientreffen. Geladen waren die Vorstände der gut 970 Institute sowie der zum genossenschaftlichen Verbund gehörenden Unternehmen.

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von Laura Pfannemüller

Wie auf jedem guten Familientreffen sollte die Tagung auch dazu dienen, im geschlossenen Kreis über unangenehme Wahrheiten sprechen zu können. Daher wird sich dieser Artikel mit den beiden presseöffentlichen Programmpunkten beschäftigen: der Diskussion von Mitgliedern der Bundestagsfraktionen und einer anschließenden Rede des SPD-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Martin Schulz.

Im Diskussionsteil legten Ralph Brinkhaus, CDU, Dr. Gerhard Schick, Grüne und Carsten Schneider, SPD ihre Standpunkte dar. Der Vertreter der Fraktion Die Linke konnte aufgrund einer Zugverspätung, verursacht durch einen Personenschaden, nicht teilnehmen. Nach einer kurzen Abgrenzung der Einflussbereiche der deutschen Politik, in der die Nicht-Zuständigkeit für das für Deutschland zu niedrige Zinsniveau zum Ausdruck gebracht wurde, entspann sich die Diskussion rund um das Thema Einkommen.

So nutzte Dr. Schick die Gelegenheit, um ein steuerliches Familienbudget zu postulieren und eine Garantierente zu fordern. Dies sprach er insbesondere vor dem Hintergrund der ins besondere in Ballungsgebieten steigenden Mieten an, die für eine familiäre Haushaltsrechnung einen deutlich höheren Einfluss hätten als eine Einkommenssteuerentlastung.

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Sind 300.000 Euro Jahresgehalt genug?

Lebhaft wurde es, als Carsten Schneider die Auffassung vertrat, die Vergütungen der vor ihm sitzenden Vorstände seien zu hoch, die Zahl 300.000 EUR Jahresgehalt wurde genannt; beantwortet durch ein Raunen im Saal.

Autorin Laura Pfannemüller
Laura Pfannemüller ist Manager bei der Unternehmensberatung zeb und beschäftigt sich mit Innovationen im Banking und ihren Auswirkungen auf die Branche. Zudem ist sie verantwortlich für BankingHub.de und Fintech-Hub.eu.
Ralph Brinkhaus vertrat dagegen die Auffassung, jedes Haus müsse seine Vorstandsvergütungen vor seinen Aufsichtsgremien, Gesellschaftern, Kunden und Mitarbeitern rechtfertigen. Was die Höhe angehe, sah er die Politik in keiner bestimmenden Position.

Weiter ging es mit in weiten Teilen bekannten oder erwartbaren Positionen zu Eurobonds, einer Finanztransaktionssteuer, der Erbschaftssteuer und der Einlagensicherung. Gegen Ende nahm die Diskussion noch einmal Fahrt auf, als Ralph Brinkhaus die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines neuen Investitionsprogramms auf europäischer Ebene stellte, mit dem Hinweis, man könne dies auch bereits heute tun, dazu sehe er wenige Investitionsfälle in Deutschland. Eine Aussage, der der nachfolgende Redner heftig widersprach.

Insgesamt vermisste man jedoch deutliche und klare Aussagen zu Innovationen, Digitalisierung und echten Zukunftsthemen.

Martin Schulz – der Genosse ist bei den Genossen angekommen

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Dieser nachfolgende Redner, SPD-Vorsitzender und Kanzlerkandidat Martin Schulz, nutzte die Gelegenheit, vor Bankvorständen und nicht zuletzt Multiplikatoren zu sprechen, um diesen in überschwänglicher und fast schon präsidialer Manier zu danken – u.a. für den Beitrag der genossenschaftlichen Banken für die Gesellschaft insgesamt, für das Schaffen von Arbeitsplätzen und die Kreditversorgung von Unternehmen.

Inhaltlich thematisierte Martin Schulz seinen bisherigen Schwerpunkt „Gerechtigkeit“, eine gegenüber dem amerikanischen Präsidenten skeptische Haltung sowie einem trotz allem optimistischen Blick in die Zukunft, trotz vieler Herausforderungen. Nach ca. 25 Minuten stellte er mit dem Eintritt für ein Wagniskapitalgesetz, der beschleunigten Einführung von e-government, dem Abbau von Bürokratie und der Absage an die Bundesländer, Schulen als pädagogische Experimentierfelder anzusehen, konkrete Forderungen.

Eingehend auf die Ausführungen von Ralph Brinkhaus sprach sich Martin Schulz für die Erhöhung der Investitionsausgaben aus, u.a. zur Sicherung des wirtschaftlichen Wohlstandes in der Zukunft, und auch zum Wohl der jüngeren Generation, was ihm ein besonderes Anliegen war. Er endete mit einem klaren Bekenntnis zu Europa, indem er noch einmal den Gemeinschaftsaspekt der EU heraushob und auf den Aspekt der Stabilität – mit dem Hinweis auf aktuelle politische Turbulenzen betonte er das hohe Maß an Sicherheit, das Europa in der EU genießt.

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Damit endete an diesem Konferenztag das offizielle Programm, an das sich die Abendveranstaltung anschloss und welches den zweiten von drei für die Teilnehmer intensiven Tagen abschloss. Intensiv, wie es Familientreffen nun mal sind.Laura Pfannemüller

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