Bitkom: “Drei von vier Internetnutzern erledigen Bankgeschäfte online” … und verzichten auf Filialen
Den Überweisungsschein mit dem Kuli ausfüllen oder Kontoauszüge am Automaten ausdrucken gehört für die große Mehrheit der Internetnutzer der Vergangenheit an. Mehr als drei Viertel (76 Prozent) erledigen ihre Bankgeschäfte inzwischen online. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 2016, als erst 70 Prozent der Internetnutzer auf Online-Banking gesetzt haben. Und der Anteil könnte weiter wachsen, denn weitere 8 Prozent geben aktuell an, sie könnten sich vorstellen, auf Online-Banking umzusteigen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 1.006 Bundesbürgern im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die heute vorgestellt wurde.
Schon heute gingen 3 von 10 Online-Banking-Nutzern (29 Prozent) überhaupt nicht mehr in eine Filiale, sondern erledigen alles online. Jeder Zweite (51 Prozent) nutzt Online-Banking überwiegend, geht aber hin und wieder in eine Filiale. Gerade einmal 17 Prozent der Online-Banking-Nutzer sagen, dass sie überwiegend Filialen besuchen und die Online-Funktionen nur ab und an verwenden.Online-Banking ist für die große Mehrheit der Internetnutzer Alltag. Es ist sicher, jederzeit verfügbar und vor allem: bequem. Das Finanzwesen lässt sich durchgängig digitalisieren, die Bankenwelt steht in den kommenden zehn Jahren vor einem ganz grundlegenden Umbruch.“
Achim Berg, Bitkom-Präsident
Bankenlandschaft steht vor dem Umbruch: Digitalangebote wichtiger als die Marke
Bislang gibt nur jeder Dritte (34 Prozent) an, schon einmal sein hauptsächlich genutztes Girokonto gewechselt zu haben, gleichwohl dürfte der Bitkom-Studie zufolge die Bankenlandschaft vor gravierenden Veränderungen stehen. Inzwischen sind den Kunden bei der Wahl ihrer Bank digitale Angebote wichtiger als eine bekannte Marke. So geben 57 Prozent an, dass ihnen Digitalangebote wie Online-Banking, Banking-Apps oder auch Online-Beratung bei ihrer Bank wichtig sind, nur 47 Prozent sagen dies über die Bekanntheit der Marke.
Entsprechend sagen 9 Prozent der Befragten, dass sie ihr Konto bereits bei einer reinen Online-Bank haben, 8 Prozent planen einen Wechsel innerhalb der kommenden zwölf Monate. Und weitere 19 Prozent geben an, dass sie sich grundsätzlich vorstellen können, ihre Bankgeschäfte bei einer reinen Online-Bank ohne Filialen zu erledigen.
Aber auch völlig neue Wettbewerber sind für viele Kunden interessant. So sind jeweils 4 von 10 Bundesbürgern offen dafür, ihre Bankgeschäfte wie Überweisungen oder Einlagen über neue Finanzdienstleister wie Paypal oder Payback (42 Prozent) oder über Internetunternehmen wie Apple, Google oder Amazon (38 Prozent) zu tätigen. „Wir erleben so etwas wie eine Entzauberung der Bankenwelt“, sagte Berg. „Das grundsätzliche Phänomen sehen wir auch in anderen deutschen Leitindustrien, etwa dem Automobilbau. Dort genießen neue Anbieter wie Tesla oder Digitalunternehmen großes Ansehen, wenn es um neue Technologien wie selbstfahrende Autos geht. Eine solche Entwicklung galt im Finanzbereich, in dem die Kunden besonders vorsichtig und konservativ sind, lange für undenkbar – diese Zeiten ändern sich jetzt.“
Großes Interesse an Technologien wie Banking mit Sprachassistenten
Derzeit stehen vor allem einfache Funktionen beim Online-Banking hoch im Kurs. So prüfen 99 Prozent der Online-Banking-Nutzer auf diesem Weg ihren Kontostand, 92 Prozent tätigen Überweisungen und 72 Prozent verwalten ihre Daueraufträge. Weniger als die Hälfte prüfen allerdings ihre Kreditkartenabrechnung (43 Prozent) oder lassen sich von ihrer Bank bei bestimmten Zahlungseingängen oder bei Überziehung des Kontos informieren (38 Prozent). Nur eine Minderheit (17 Prozent) nutzt die Möglichkeit, sich online über die persönlichen Finanzen beraten zu lassen. Gleichwohl gibt es ein großes Interesse an neuen digitalen Technologien rund ums Banking. So würde jeder dritte Bundesbürger (35 Prozent) gerne Bankgeschäfte wie Überweisungen per Sprachsteuerung erledigen, zum Beispiel über digitale Sprachassistenten wie Alexa oder Google Home. Unter denjenigen, die bereits ein solches Gerät besitzen, liegt der Anteil mit 52 Prozent sogar noch deutlich darüber.
Unterdessen wächst die Bedeutung des Smartphones für das Online-Banking weiter. 44 Prozent nutzen das Smartphone für Bankgeschäfte, vor zwei Jahren waren es erst 36 Prozent. Vor allem Jüngere setzen auf Smartphone-Banking: Unter den 14- bis 29-Jährigen beträgt der Anteil 49 Prozent, unter den 30- bis 49-Jährigen sind es 48 Prozent. Dagegen ist die Generation 65+ deutlich zurückhaltender, aber auch hier nutzt bereits jeder Fünfte (22 Prozent) das Smartphone für seine Bankgeschäfte. „Das Smartphone wird zur Bankfiliale in der Hosentasche“, sagte Berg. „Die mobilen Digitalangebote und Apps werden immer komfortabler und immer sicherer.“ So funktionieren Foto-Überweisungen via Handy schnell und einfach, der Zugang zum Online-Konto via Fingerabdruck-Sensor bietet ein Höchstmaß an Sicherheit.“Offline-Banker haben Angst, Online-Banking-Nutzer haben Spaß
Wer bislang kein Online-Banking nutzt, fürchtet vor allem um seine Sicherheit. So geben jeweils 8 von 10 Bundesbürgern, die bislang kein Online-Banking verwenden, an, dass sie Sorge haben, dass mehr Daten über sie gespeichert werden als beim Offline-Banking (83 Prozent) beziehungsweise dass sie Angst vor Kriminellen haben (77 Prozent). Zwei Drittel (67 Prozent) wollen auf den Kontakt mit Menschen beim Banking nicht verzichten, rund die Hälfte (54 Prozent) hält Online-Banking für zu kompliziert. Und knapp jeder Vierte (23 Prozent) findet Online-Banking zu zeitaufwändig. Damit stehen die Bedenken in deutlichem Widerspruch zu dem Eindruck, den Online-Banking-Nutzer von den Angeboten ihrer Bank haben. 9 von 10 (90 Prozent) sagen, das Online-Banking biete alle notwendigen Funktionen. Jeweils 8 von 10 sind überzeugt, dass ihr Online-Banking sicher (83 Prozent), übersichtlich (81 Prozent) und einfach zu bedienen (80 Prozent) ist. Und 6 von 10 (58 Prozent) stellen sogar fest: Online-Banking macht Spaß.
EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2: Jeder Dritte begrüßt Zugang zu eigenen Daten
Das Angebot an Online-Diensten rund um Banking könnte sich in den kommenden Monaten deutlich vergrößern. Seit Anfang des Jahres ist die EU-Zahlungsdienstrichtlinie PSD2 in Kraft. Sie verpflichtet die Banken, auf Wunsch des Kontoinhabers ihm oder von ihm ausgewählten Dritten den Zugriff auf Kontodaten zu gewähren. Von dieser Gesetzesänderung hat bislang rund jeder dritte Bundesbürger (37 Prozent) gehört. Die große Mehrheit der Befragten (88 Prozent) macht sich allerdings Sorgen, dass auf diese Weise Kriminelle unberechtigt auf die Kontodaten zugreifen können. Dennoch gibt jeder Dritte (35 Prozent) an, dass er es gut findet, dass nicht mehr ausschließlich die Bank über Kontodaten und Kontobewegungen verfügt. Und 12 Prozent wünschen sich ausdrücklich Angebote von Unternehmen, die etwa die eigenen Kontobewegungen analysieren und Sparmöglichkeiten für regelmäßige Ausgaben wie Versicherungen machen. „Rund um die EU-Zahlungsdiensterichtlinie gab es eine breite Berichterstattung, die leider von vielen Missverständnissen geprägt war. Die entscheidende Änderung ist, dass die Kontodaten nun auch vom Kunden genutzt werden können und er dieses Recht auf freiwilliger Basis an Dritte übertragen kann“, so Berg. „Dass rund jeder Achte gerne neue, digitale Angebote erhalten möchte, die die neuen Möglichkeiten nutzen, ist ein extrem hoher Wert – und gerade für innovative FinTechs ein wichtiges Signal.“aj
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