Ist der Bitcoin das Gold der Zukunft? Die Analyse von Frank Schwab
Seit seinem Höchststand von knapp 20.000 USD am 17. Dezember 2017 hat Bitcoin inzwischen gut zwei Drittel an Wert verloren. Und gemäß Google Trends sogar mehr als 80% an Interesse. In Gartner-Terminologie ausgedrückt: der Bitcoin befindet sich zurzeit im Tal der Enttäuschung. Genauer, aktuell bereits das vierte Mal, nach Juni 2011, April 2013 und Dezember 2013. Ein guter Zeitpunkt, sich damit zu beschäftigen.
von Frank Schwab, Chairman Hufsy.com
Es ist irritierend: Bitcoin runter – Anzahl der Wallets steigt. In den vergangenen knapp 3 Jahren hat sich die Anzahl der Wallets auf 28 Millionen mehr als verdreifacht. Und auch die Zahl der Transaktionen steigen kontinuierlich an. Zwar hat sich die Gesamtanzahl aller Bitcoin-Transaktionen von 100 Millionen im Januar 2016 auf mehr als 300 Millionen im August 2018 verdreifacht. Doch bei genauerer Betrachtung stagnieren die Transaktionen.Zwischen August 2016 und August 2017 gab es weltweit in etwa 100 Millionen Bitcoin-Transaktionen, während es zwischen August 2017 und August 2018 nur circa 88 Millionen Transaktionen durchgeführt wurden. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl der Wallets von 8,5 Millionen im August 2016 über 16,4 Millionen im August 2017 auf mehr als 28 Millionen im August 2018.
Bitcoin ist kein Zahlungsverkehrssystem, sondern digitaler Wert
Wenn ich auf die stagnierenden Transaktionszahlen schaue, wird klar, dass sich Bitcoin in den nächsten Jahren noch nicht als Zahlungsverkehrssystem etablieren wird. Das hatte sich Satoshi Nakamoto (Pseudonym) in seinem Whitepaper „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“ aus dem Jahr 2009 anders vorgestellt. Doch dafür deutet die steigende Zahl von Wallet-Inhabern auf tatsächlich wachsendes Interesse an Bitcoin und das Entstehen einer neuen digitalen Anlageklasse.
Damit ist Bitcoin in meiner Vorstellungswelt ein erster Vertreter digitaler Werte und das Gold der Zukunft.”
Gold ist ein Relikt aus der Vergangenheit
Frank Schwab, Hufsy.com und Mitgründer des FinTech ForumsFrank Schwab ist derzeit Chairman von Hufsy.com, Mitgründer des Frankfurter FinTech Forums und Investor in mehrere europäische FinTechs & Kryptowährungen. Zuvor war er CEO der GIZS GmbH (paydirekt / Sparkassen), CEO der Fidor TecS AG, Senior Advisor von McKinsey und Direktor der Deutschen Bank. Er lehrte außerdem “Kreativitäts- und Innovationsmanagement” an der Mannheim Business School und “Informationsmanagement in Finance & Insurance” an der Wiesbaden Business School.Gold ist selten, schön anzusehen und man kann u.a. daraus Schmuck machen. Deshalb halten es die Menschen seit Jahrtausenden für wertvoll. Aber, wenn es hart auf hart kommt, satt werden Menschen von Gold auch nicht. Und Gold ist aufgrund seiner physischen Stückelung und seines Gewichtes weder einfach noch schnell zu transportieren oder zu tauschen. Versuchen Sie mal als Besitzer eines 1 Kilogramm Goldbarrens ein Fahrrad damit zu bezahlen. Sie müssten den Goldbarren abschmelzen, die passende Menge entnehmen, usw. Im Zeitalter der Digitalisierung erscheint Gold als ein Relikt der Vergangenheit.
Zwar kann man auch Bitcoins nicht essen, dafür sind Bitcoins genauso selten wie Gold. Aktuell wurden bereits mehr als 17,2 Millionen Coins erzeugt, doch langfristig ist die Menge auf 21 Millionen beschränkt. Das ist bei Gold ähnlich. Weltweit wurden inzwischen etwa 192,2 Millionen Kilogramm Gold abgebaut. Experten zufolge können maximal weitere 54 Millionen Kilogramm Gold gefördert werden.
Bitcoin lassen sich einfach nutzen und man kann auch damit bezahlen
Im Gegensatz zu Gold lassen sich Bitcoins aber viel besser stückeln und übertragen. Die kleinste Stückelung ist 1 Satoshi. Das entspricht 0.00000001 Bitcoin. Bitcoin und Satoshi lassen sich in Sekundenschnelle zwischen beliebigen Orten dieser Welt transferieren. Selbst Fahrräder kann man inzwischen mit der Kryptowährung bei einigen Händlern online und offline bezahlen. Und selbst wenn ein Händler sie nicht akzeptiert, gibt es inzwischen Bitcoin-basierte Kreditkarten, mit denen man praktisch in jeder gängigen FIAT-Währung (USD, EUR, Pfund, …) bezahlen kann. Der Bitcoin-FIAT-Tausch erledigen die Anbieter dieser Kreditkarten vollständig automatisiert im Hintergrund.
Auch der Goldpreis schwankt stark
Oft wird der Bitcoin wegen seiner Preisvolatilität stark kritisiert. Und die Fakten bestätigen diese Kritik. In den letzten drei Jahren hat sich der Preis zunächst verhundertfacht und ist seit seinem Höchststand von fast 20.000 USD im Dezember 2017 wieder um zwei Drittel gefallen. Beobachtet man allerdings die letzten 12 Monate dann ist ein Rückgang der Schwankungsbreite zwischen 3.500 und 20.000 USD klar erkennbar. Die längste Zeit davon schwankte der Preis für einen Bitcoin zwischen 6.000 und 8.500 USD.
Der Kursverlauf des Goldpreises zwischen Oktober 2015 und September 2018 zeigte Schwankungen zwischen 34.000 USD und 44.000 USD pro Kilogramm Gold auf. Damit schwankte der Goldpreis in den letzten drei Jahren vergleichbar stark wie Bitcoin in den letzten sechs Monaten.
In Ländern mit sehr hohen Inflationsraten wie Venezuela, der Ukraine oder dem Südsudan erscheint Bitcoin trotz hoher Schwankungen neben FIAT-Währungen als sinnvolle und praktische Alternative zur Wertaufbewahrung und Werterhaltung.
Gold zu fördern, ist aktuell 20 mal teurer als Bitcoin zu erzeugen
Laut World Gold Council werden weltweit jährlich bis zu 3.000 Tonnen Gold abgebaut. Bei durchschnittlichen Kosten von 31.571 USD pro gefördertem Kilogramm Gold ergeben sich für das Jahr 2017 Gesamtkosten in Höhe von 94,7 Milliarden USD.
Fürs Jahr 2017 geht man von durchschnittlich 6.000 USD Kosten für die Erzeugung eines neuen Bitcoins aus. Bei 690.000 neu erzeugten Coins ergeben sich so 4,14 Milliarden USD Gesamtkosten.
Das bedeutet, dass die Kosten für die Förderung von Gold im Jahr 2017 20 mal teurer waren als die für die Kryptowährung.
Dieses Ergebnis rückt aus meiner Sicht die aktuelle Diskussion über den Energieverbrauch von Bitcoin in ein anderes Licht. Obwohl hoch, im Vergleich zu Gold deutlich niedriger. Denn auch bei Gold ist der Energieverbrauch der wesentliche Kostentreiber der Gesamtkosten.
Auch jährliche Aufbewahrungskosten sind bei Gold oder Bitcoin als Anlageformen zu betrachten. Bei Gold kann das jährlich bis zu 1% des Goldvermögens ausmachen. Beispielsweise wenn man sein Gold bei einem spezialisierten und professionellen Verwahrer in der Schweiz oder Singapur lagert und nicht im hauseigenen Tresor. Die Verwahrung der Kryptowährung ist heute meist noch kostenfrei, egal ob im eigenen Wallet oder bei einer Krypto-Börse.
Gold und Bitcoin in Zahlen und Fakten
Gold | Bitcoin | |
Seltenheit | 237 000 000 kg | 21 000 0000 BTC |
Stückelung | 1 Gramm | 1 Satoshi |
Übertragbarkeit | Langsam | Einfach und schnell |
Zahlungsmittel | ungeeignet | Wallet, Kreditkarte |
Physisch | Schmuck | – |
Digital | – | digital |
Preisvolatilität | Hoch | Hoch |
Aufbewahrungskosten pro Jahr | <= 1 % | keine |
Erzeugungskosten pro Einheit im Jahr 2017 | 31 571 USD / kg | 6 000 USD / BTC |
In 2017 neu gefördert / erzeugt | 3 000 000 kg | 690 000 BTC |
Gesamterzeugungskosten 2017 | 94,7 Milliarden USD | 4,14 Milliarden USD |
Marktpreis pro Einheit im September 2018 | 38 500 USD / kg | 6 500 USD / BTC |
Marktkapitalisierung im September 2018 | 7.412 Milliarden USD | 114 Milliarden USD |
Anzahl Besitzer | >1 000 000 000 | > 20 000 000 |
Fairer Wert von Bitcoin über USD 400.000
Für den Fall, dass die Menschheit zukünftig Bitcoin als digitalen Wert akzeptiert, so wie heute Gold, dann ist es interessant, einen fairen Wert für Bitcoin zu ermitteln. Aus meiner Sicht eignet sich die Marktkapitalisierung von Gold als ein Ansatzpunkt für den zukünftig fairen Wert, da ich Gold und Bitcoin für sehr gut vergleichbar halte. Der aktuelle Marktwert der 192,2 Millionen Kilogramm Gold beträgt 7.412 Milliarden USD. Verteilt man diesen Marktwert auf die aktuellen mehr als 17 Millionen Bitcoins, dann errechnet sich daraus ein Preis von 428.000 USD pro Bitcoin.
Wie lange es dauert, bis ähnliche viele Menschen Bitcoin besitzen wie heute Gold, ist schwer vorherzusagen. Aktuell besitzen in etwa 20 Millionen Menschen die Kryptowährung, während man davon ausgehen kann, dass mehr als 1 Milliarde Menschen Gold in Form von Schmuck, Münzen oder Wertpapieren besitzen. Aber man kann Abschätzungen treffen. Die Voraussetzungen für eine vergleichsweise schnelle Verbreitung sind gut, denn eigentlich braucht es nur ein Smartphone und ein Bitcoin Wallet dazu.
Flächendeckende Verbreitung von Bitcoin in den nächsten 5 bis 15 Jahren denkbar
Einerseits gibt es weltweit bereits mehr als 2 Milliarden Smartphones, Tendenz stark wachsend.
Andererseits wurden gemäß der Global Findex Datenbank der Weltbank zwischen 2011 und 2017 weltweit mehr als 1,2 Milliarden Bankkonten neu eröffnet. Weltweit geht man davon aus, dass inzwischen zwei Drittel aller Erwachsenen ein Bankkonto besitzen. Damit ist die zweite Voraussetzung fürs grundsätzliche Verständnis der Menschen fürs Banking und ein Bitcoin Wallet geschaffen.
Beide Entwicklungen zusammen genommen machen eine weltweit flächendeckende Verbreitung von Bitcoin in den nächsten 5 bis 15 Jahren denkbar.”
Sollte sich so der Bitcoin tatsächlich zum digitalen Gold entwickeln, dann sind also weitere, enorme Wertsteigerungen zu erwarten. Es geht dabei nicht darum, dass die Kryptowährung das Gold ablöst. Sondern mit Bitcoin entsteht eine neue, zusätzliche Anlageklasse. Und ich gehe folglich davon aus, dass sie sich als ein digitales Assets in den Wallets und Portfolien von hunderten von Millionen Menschen in der nicht allzu fernen Zukunft etablieren wird.Frank Schwab
Quellen:
1. https://www.americanbullion.com/the-cost-of-producing-an-ounce-of-gold/
2. https://www.businesslive.co.za/bd/companies/mining/2018-01-26-gold-mining-most-costly-in-south-africa/
3. https://www.bitcoinmarketjournal.com/how-many-people-use-bitcoin/
4. https://www.blockchain.com/de/charts/my-wallet-n-users
5. https://digiconomist.net/bitcoin-energy-consumption
6. https://globalfindex.worldbank.org
7. https://www.gold.org/about-gold/gold-supply/gold-mining/how-much-gold-has-been-mined
8. https://goldprice.org/gold-price-chart.html
9. https://tenx.tech
10. https://www.statista.com/statistics/647374/worldwide-blockchain-wallet-users/
11. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/315084/umfrage/gesamtzahl-aller-bitcoin-transaktionen-weltweit/
12. http://www.steinbeis-research.de/pdf/20101102_Goldstudie_RFS-Steinbeis_Kurzfassung.pdf
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https://itfm.link/78265
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