Biometrie – Banken können Speerspitze der Innovation werden
Ein strategische Betrachtung von Bernd-Josef Kohl, Head of International Business Consulting der GFT Technologies
Die Beobachtung körpereigener Charakteristika wie Finger, Gesicht, Iris oder Herzschlag ermöglicht die eindeutige Feststellung der Identität einer Person. Biometrische Methoden gelten als effiziente und komfortable Alternative zu herkömmlichen Zugangskontrollen. Hier prescht die EU derzeit mächtig voran. Zwar arbeitet sie bereits seit einigen Jahren daran, biometrische Verfahren für Grenzkontrollen zu optimieren. Doch nun will sie diese Verfahren auch in die Wirtschaft bringen und darüber für mehr Akzeptanz sorgen.Es führt kein Weg an biometrischen Identifikationsverfahren vorbei.”
Gelingen könnte das mithilfe der Banken. Denn ihnen bringt die Biometrie einen ganz entscheidenden Vorteil: Sicherheit. Biometrische Daten lassen sich nur sehr schwer fälschen. Funktioniert der Geldautomat oder das Online-Banking plötzlich mit Fingerabdruck statt mit PIN, wird es für Betrüger extrem schwer. Neben komplexem technischen Equipment bedarf es vor allem extrem bewanderter Spezialisten, um das System zu knacken. Ein immenser Einsatz ist erforderlich – für nur eine einzige Transaktion. Die Hoffnung: Betrug wird sich schlicht nicht mehr lohnen.
Biometrische Verfahren sind für Banken und Sparkassen von höchster Bedeutung Kreditinstitute benötigen dringend sicherere und komfortablere Verfahren, mit denen Zahlungstransaktionen und Bankgeschäfte über elektronische Endgeräte wie Smartphones oder Tablets noch mehr Anwender finden. Anderenfalls könnten neue Akteure den Banken den Platz streitig machen. Zudem drohen Imageverlust und Kosten, wenn die Zahl der Betrugsfälle auch weiter erheblich steigen sollte.
Viel Zeit zum Abwarten haben die Institute nicht mehr: Schon jetzt gibt es Endgeräte, die ihre Besitzer anhand körpereigener Merkmale erkennen und eine zuverlässige, personenbezogene Identifikation ermöglichen. Bei besonderem Sicherheitsbedürfnis sind sie auch kombinierbar.
Wie sicher der Zugang am Ende aber wirklich ist, hängt vom verwendeten Sicherheitsverfahren ab. Hier gibt es bereits den internationalen Standard ISO/IEC 24745, der die Anforderungen für Template-Protection-Verfahren definiert. Bei der eu-LISA (European Agency for the operational management of large-scale IT systems in the area of freedom, security and justice) wird diese Technologie als sehr sinnvoll erachtet. Christoph Busch, Professor für Informatik an der Hochschule Darmstadt arbeitet zusammen mit Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) sowie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) an Template-Protection-Verfahren. Der Vorteil: Diese Technologie wird sowohl den Anforderungen an die Sicherheit als auch an den Datenschutz gerecht.
EU: European Association for Biometrics (eab)
Wenn die EU hier ein Standard festlegt, würde sie europäische Banken in eine Vorreiterrolle bringen. Bereits seit Ende 2013 untersucht die European Association for Biometrics (eab) in welcher Form biometrische Verfahren im Bankbetrieb flächendeckend eingesetzt werden können. Und auch das Europäische Forum zur Sicherheit von Massenzahlungen (SecuRe Pay Forum) zählt biometrische Charakteristika neben wissensbasierten (Codes, Passwörter) und besitzbasierten Methoden (Schlüssel) zu den drei validen Authentisierungsmerkmalen. Mindestens zwei dieser drei Merkmale müssen künftig überprüft werden, so die Sicherheitsempfehlungen für Internetzahlungen und Mobile-Banking, die zum 1. Februar 2015 umgesetzt werden sollen.
Biometrie bringt Kunden und Kreditinstituten Sicherheit
Noch immer existieren in den Geldinstituten allerdings gewisse Bedenken, denen zufolge deutsche Kunden den biometrischen Verfahren Zweifel entgegenbringen. Doch diese Skepsis scheint übertrieben. Zwar werden deutsche Kunden tendenziell als zurückhaltender im Umgang mit neuen Technologien eingestuft. So ist für indische und brasilianische Verbraucher das Fingerabdruck-Verfahren beim Geldabheben schon seit Jahren gang und gäbe. Aber warum sollten sich nicht auch die Menschen hierzulande von Komfort und Sicherheit der neuen Methoden überzeugen lassen? Handfeste Gründe für eine generell ablehnende Haltung sind derzeit nicht zu erkennen.
Die Ausgangslage für Banken ist somit eindeutig: Es führt kein Weg an biometrischen Identifikationsverfahren vorbei. Das gilt umso mehr, als jetzt Apple mit dem iPhone 6 den Fingerprint einem Massenpublikum für Bezahlprozesse näher bringt. Hoch sind für die Banken zwar die Investitionskosten. Was sie dabei aber vergessen: Die Ausstattung der Automaten oder Karten mit biometrischen Merkmalen ist vor allem eine Anfangsinvestition, die sich schnell amortisieren kann. Sind die Prozesse erst einmal umgestellt und etabliert, wird es nicht nur sicherer, sondern auch günstiger. Außerdem machen diese Verfahren ganz neue Geschäftsmodelle möglich, über die Banken wiederum Erlöse generieren können. Hierbei ist an mobile Zahlungstransaktionen zu denken, die erst mit der Autorisierung per Fingerprint einen mit der traditionellen Geldbörse vergleichbaren Komfort erhalten.Bis ein einheitlicher Standard festgelegt und verbreitet ist, wird es zwar noch einige Jahre dauern, doch wenn es dann soweit ist, wird es mit der Verbreitung sehr schnell gehen. Die Banken stehen dabei heute vor der Wahl: Entweder sie beteiligen sich aktiv an der Entwicklung der neuen Verfahren und finden so auch schnell neue Erlösmodelle, die die Anfangsinvestitionen ausgleichen. Oder sie werden von der Entwicklung überrannt und müssen sich dann mühsam anpassen.
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/7395
Schreiben Sie einen Kommentar