Bargeldloses Bezahlen: Wie fehlende Terminals einen Trend ausbremsen
Wer regelmäßig bargeldlos oder sogar kontaktlos bezahlen möchte, hat in den letzten Monaten wahrscheinlich häufiger am Point of Sale gehört, dass man dafür keinen Bezahlterminal habe, das alles zu umständlich sei, nicht funktioniere oder man einfach nicht wisse, wie das geht. Ein Armutszeugnis für die Händler, aber auch für jene Banken und Finanzdienstleister, die es nicht schaffen, die Händler zu überzeugen. Eine neue Erhebung von Yougov zeigt nun, dass die Hälfte der Deutschen ab 18 Jahren grundsätzlich häufiger mit Karte oder Smartphone bezahlen würde, wenn das denn überall möglich wäre.
Bei der Online-Umfrage, die im März 2021 stattfand, sollten die 2.028 Teilnehmer erklären, wo für diverse alltägliche Bezahlsituationen der Bezahlprozess mit Karte oder Smartphone nach ihrer Erfahrung möglich ist oder nicht geht: An der Spitze liegen hier mit gerade einmal rund 45 Prozent an bargeldlosem Bezahlen Bäckereien, Metzgereien und Kioske. Aber auch Taxis, Nahverkehr und Friseurgeschäfte kommen auf Werte über 30 Prozent, Gaststätten immerhin noch auf 21 Prozent.Passend dazu rangiert unter denen, die gerne mehr mit Karte oder Smartphone zahlen möchten, die Aussage „Wenn es mehr Möglichkeiten gäbe“ mit 26 Prozent an der Spitze der dafür genannten Voraussetzungen – noch vor „Wenn ich einen besseren Überblick hätte, wo es möglich ist“ mit 15 Prozent. Bargeld an der Kasse abheben zu können, wird des Weiteren von immerhin 14 Prozent als begünstigender Faktor genannt.
Unter Pandemiebedingungen wird aus Gründen der Hygiene das Vermeiden von Barzahlungen empfohlen. Hier bietet die Schaffung einer möglichst flächendeckenden Infrastruktur mit kontaktlos-fähigen Kartenterminals ein erhebliches Potenzial. Der Wunsch, häufiger mit Karte oder Smartphone zahlen zu können, entspringt einer technologiebasierten Entwicklung, die Bankdienstleistungen ebenso betrifft wie andere Branchen und Lebensbereiche.“
Jürgen Wache, Sprecher des Vorstandes der Hannoverschen Volksbank
Die Umfrage wurde im Auftrag der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Genossenschaftsverband – Verband der Regionen durchgeführt. Wache leitet im Genossenschaftsverband den Arbeitsausschuss Markt und Produkte. „Corona verstärkt vorhandene Trends und führt zu einer Beschleunigung bei der Nutzung digitaler Möglichkeiten für Geldgeschäfte“, erläutert sein Stellvertreter Friedhelm Beuse, Vorstand der Volksbank Münsterland Nord eG.
Genossenschaftsbanken wollen Menschen bei digitalen Angeboten mitnehmen
Zwei Drittel der volljährigen Deutschen glauben, dass sie einen guten Überblick über die Angebote ihrer Bank haben, um Geldgeschäfte digital zu erledigen, gerade einmal jeder Vierte glaubt dies nicht. „Wir müssen gerade auch diesen 25 Prozent konkrete Unterstützungsangebote für die Nutzung digitaler Angebote machen“, betont Wache. Die Genossenschaften hätten als Universalanbieter von Bankdienstleistungen eine besondere Verantwortung, möglichst viele Menschen mitzunehmen – anders als vielleicht manche Wettbewerber, die sich spezialisiert haben. Das gelte auch bezüglich der größten Altersgruppe ab 55 Jahren.
Hier besteht eine überdurchschnittliche Skepsis gegenüber dem Bezahlen mit Smartphone oder Karte: 55 Prozent in dieser Gruppe würden diese Möglichkeit nicht häufiger nutzen, aber auch bei den Altersgruppen von 45 bis 54 Jahren und 35 bis 44 Jahren trifft dies mit 48 Prozent bzw. 41 Prozent auf relativ große Anteile zu. Demgegenüber liegen die Werte bei den Jüngeren bis 34 Jahre nur um 25 Prozent. „Es bedarf auch der Aufklärungsarbeit, dass diese Zahlungen genauso sicher sind wie mit Bargeld“, glaubt Wache – und ergänzt, dass Transparenz hier die notwendige Akzeptanz schaffe.
Beratung und Service per Chat, Video oder Telefon im Trend
Die Umfrage zeigt insgesamt eine große Offenheit gegenüber persönlichen Service- und Beratungsleistungen, die nicht in Präsenz stattfinden. Einem telefonischen Angebot für einfache Serviceleistungen wie Freistellungs- oder Daueraufträge stimmen 55 Prozent zu, 29 Prozent sehen das anders. Auch für Beratungen zu Geldanlagen, Vorsorge oder Finanzierungen auf digitalem Weg besteht eine hohe Akzeptanz: Immerhin 49 Prozent würden solche Angebote per Video-Chat, Online-Chat, geteiltem Bildschirm etc. befürworten, nur ein Drittel sieht das anders. Für telefonische Beratungen lautet das entsprechende Verhältnis 44 Prozent gegenüber 39 Prozent.
Wie beim Bezahlen mit Karte oder Handy sind auch bei den Service- und Beratungsleistungen die skeptischen Einstellungen gegenüber digitalen und telefonischen Angeboten in der Altersgruppe ab 55 Jahren am stärksten ausgeprägt. Offensichtlich hat aber Corona in der Summe zu deutlich erhöhten Zustimmungsraten für solche Angebote geführt: Jeweils über 40 Prozent der volljährigen Deutschen stimmen aktuell etwas oder viel mehr als vor der Pandemie der Aussage zu, digitale oder telefonische Angebote für persönlichen Service und Beratung sollten verfügbar sein – die Werte für etwas oder viel weniger pendeln um die 20-Prozent-Marke.
„Die hybride Beratung und Betreuung, bei der Kunden situativ die vernetzten digitalen und digital-persönlichen Zugangswege nutzen, gewinnt an Bedeutung“, ordnet Beuse diese Zahlen ein. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Befund, dass seit Beginn der Pandemie im März 2020 nur 36 Prozent der Befragten genauso häufig oder häufiger als zuvor in einer Filiale waren, um Bankgeschäfte mit dem persönlichen Ansprechpartner zu erledigen. Seltener taten dies 22 Prozent – auf 37 Prozent trifft dies sogar überhaupt nicht zu.
Der Ausbau der Angebote bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken, für Beratungen andere Kanäle als in Präsenz zu nutzen, erhält auch vor diesem Hintergrund einen hohen Stellenwert. Anderenfalls würde die Pandemie die seit Jahren vorherrschende Tendenz zu abwartendem Verhalten bei der Geldanlage noch mehr verstärken, als sie das ohnehin schon tut.“
Jürgen Wache, Sprecher des Vorstandes der Hannoverschen Volksbank tw
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/119251
Schreiben Sie einen Kommentar