ARCHIV4. Januar 2016

Banken nutzen ihre eigenen Zahlverfahren nicht!

Linsenbarth-Rudolfprivat
Rudolf Linsenbarthprivat

Die Kinder des Schusters haben die schlechtesten Schuhe. An diesen Satz wurde ich gleich zu Jahresbeginn erinnert. Eine Bank beschließt den Kaffee für die Mitarbeiter nicht mehr kostenlos abzugeben. Naheliegend wäre jetzt die Verwendung eines der neuen kontaktlosen Zahlverfahren von MasterCard und VISA. Besagte Bank gehört zu den Vorreitern bei der Herausgabe von kontaktlosen Kreditkarten.

von Rudolf Linsenbarth

Entschieden hat man sich aber für ein closed Loop Verfahren der Firma PAYCULT. Die Bankmitarbeiter gehen dabei zum bankeigenen Geldautomaten, bewaffnen sich dort mit Bargeld, um an der PAYCULT Aufladestation die Scheine wieder in den Schlitz zu schieben und die kontaktlose Prepaid Karte des Anbieters aufzuladen.

Ich habe mir erstaunt die Augen gerieben und an einen verfrühten Aprilscherz geglaubt.

Welche Alternativen hätte es gegeben?

privat
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Den Kaffee weiterhin umsonst an die Mitarbeiter auszugeben, lasse ich mal außen vor. Bargeld das Zahlungsmittel Nummer 1 der Deutschen ist am Automaten extrem teuer und wäre vom Image Standpunkt auch nicht besser als die gewählte Lösung. Girogo wird von diesem Institut nicht angeboten. Bliebe also noch die kontaktlose Kreditkarte. Dazu müssen alle Automaten mit Online fähigen Leseeinheiten ausgestattet werden. Wenn einige Automaten in Kellerräumen ohne Mobilfunkempfang stehen, müssen dort ersatzweise WLAN Verbindungen bereitgestellt werden. Vielleicht war das in der Kürze der Projektzeit nicht umsetzbar.

Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Problem ist die Tatsache, dass nicht alle Bankmitarbeiter das Produktportfolio ihres Arbeitgebers verwenden. Bevor hier Leser zum globalen Banken bashing ansetzen: solche Verhaltensweisen gibt es in anderen Branchen auch. Nicht jeder VW Mitarbeiter fährt einen PKW aus dem eigenen Konzern. Mit der kontaktlosen Kreditkarte als Zahlverfahren der Wahl, würde es wahrscheinlich eine kleine Anzahl von Mitarbeitern geben, die ihren Kaffee in Zukunft nicht mehr bezahlen könnte.

Ich würde mir wünschen, dass solche Themen vom Ende her gedacht werden. Wie will man einem Fußballverein glaubwürdig vermitteln, dass closed Loop Stadion Payment ein Auslaufmodell ist? Die Betreiber dort haben nämlich dieselben Probleme!

Rudolf Linsenbarth
Rudolf Linsenbarth ist Seni­or Consultant für den Be­reich Mobile Payment und NFC bei COCUS Con­sul­ting. Zuvor war er 11 Jah­re im Bank­bereich als Seni­or Technical Specia­list bei der TARGO IT Consulting (Crédit Mutuel Banken­gruppe). Linsenbarth ist ei­ner der pro­fi­lier­tes­ten Blog­ger der Fi­nanz­szene und kommentiert bei Twit­ter un­ter @holimuk die aktuellen Entwicklungen. Er schreibt alle Beiträge im eigenem Namen.

Ansonsten hätte ich noch einen anderen kreativen Vorschlag: Neulich war ich in einer Kantine bei einer Bank die bis vor kurzem noch auf Girogo gesetzt hatte. Auch dort brauchte man ein neues Bezahlverfahren. Die Wahl viel ebenfalls auf PAYCULT. Vielleicht testen die Mitarbeiter von Bank A mal, ob die Karten auch bei Bank B funktionieren. Wenn dem so ist, könnte man anschließend mit ALDI und LIDL reden, ob die nicht auch PAYCULT an ihrer Kasse akzeptieren.

Dann müssten die Banken sich nicht mehr mit diesem ganzen Kartenzahlungsverkehr belasten und hätten Zeit für andere wichtige Projekte! Ob die Kinder dann wirklich die schlechtesten Schuhe tragen weiß ich nicht. Es wären aber nicht mehr die eigenen.rl

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