Auch Großbritannien ringt um Krypto-Regulierung
Sowohl Verbraucherschützer als auch Vertreter der Krypto-Branchen dringen auf eine schnelle Regelung von Kryptowährungen und -Assets – wenngleich aus unterschiedlichen Motiven. Ebenfalls gespalten zeigen sich bislang Regierung und Parlament in der Frage, wie eine angemessene Regulierung aussehen könnte. Eine Antwort auf die offenen Fragen soll in etwa einem Jahr vorliegen.
Erstmals überstiegen in Großbritannien im vergangenen Jahr die Schäden im Umfeld von Krypto-Finanzanlagen die Grenze von 300 Mio. britischen Pfund, umgerechnet rund 370 Mio. Euro, so die britische Betrugsmeldebehörde Action Fraud. Im Vergleich zum registrierten Schaden von 216,5 Millionen Pfund im Jahr 2021 bedeutet dies eine Steigerung von 41 Prozent. Ein Teil des Anstiegs ist auf den Zusammenbruch der Kryptobörse FTX zurückzuführen. Auf der anderen Seite bemängeln Anwaltskanzleien und Verbraucherschützer, dass das Land von einer „Betrugsepidemie“ erfasst worden sei. Sie fordern daher eine strenge Regulierung von Online-Plattformen. Die angekündigte Beschränkung der Telefonakquise für alle Finanz- und Anlageprodukte reiche nicht aus.
Unsicherheit bremst das Geschäft
Bislang sind Krypto-Assets und -Währungen in Großbritannien weitgehend unreguliert. Bereits im Februar hatte die Regierung angekündigt, diesen Zustand ändern zu wollen. Ein erster Gesetzentwurf stellt unter anderem neue Anforderungen an Kryptobörsen, um Anlegergelder im Falle einer Insolvenz besser abzusichern. Auch die Kryptobranche fordert eine schnelle gesetzliche Regelung. Anbieter und Finanzdienstleister wünschen sich eine sichere Rechtsgrundlage – aber natürlich eine liberale Regulierung.
Sie erhoffen sich, dass die britische Regierung weniger strenge Maßstäbe anlegt als die Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden in der EU und den USA. Dies könnte Innovationen im digitalen Finanzsystem befördern und damit die Rolle des Finanzplatzes London stärken, so das Argument der Krypto-Befürworter. Immer wieder wird dabei der Brexit ins Feld geführt: Dieser ermögliche es, einen eigenen, von der EU unabhängigen Weg einzuschlagen.
Diese hatte Mitte Mai mit der Verabschiedung von MiCA und DAC8 hohe Anforderungen an Krypto-Anbieter und -Dienstleister gestellt. Auch die USA greifen bei der Krypto-Regulierung teils hart durch. Mit Spannung wird dort der Ausgang des Gerichtsverfahrens Ripple vs. SEC erwartet, in dem bald ein Urteil fallen könnte. Dabei geht es letztlich um die Frage, ob Krypto-Token als Wertpapiere einzustufen sind, wie die Börsenaufsicht argumentiert, und der Verkauf dementsprechend den gleichen Regularien unterliegt, die auch bei der Ausgabe von Aktien einzuhalten sind.
Uneinigkeit im Regierungsapparat
Premierminister Rishi Sunak vertritt im Prinzip die gleiche Position wie die Vertreter der Kryptobranche. Im April 2022, damals noch britischer Schatzkanzler, hatte er angekündigt, Großbritannien zu einem globalen Zentrum für Krypto-Asset-Technologie und -Investitionen zu machen. Die Regierung werde ein entsprechendes Maßnahmenpaket beschließen, das zudem Stablecoins zu einem gültigen Zahlungsmittel machen und die Finanzindustrie auf verschiedenen Wegen bei der Entwicklung und Implementierung von Innovationen unterstützen werde.
Eine völlig andere Linie zeichnet sich jedoch im Parlament ab. Dort wird gerade ein Gesetz zur umfassenden Reform des Finanzmarktes behandelt, die Financial Services and Markets Bill. In diesem Rahmen erstellte der Finanzausschuss des Unterhauses einen Bericht, der bestritt, dass es sich bei Krypto-Assets um echte Finanzinstrumente handle. Ihr Charakter ähnele vielmehr einem Glücksspiel, daher sollten sie wie ein solches reguliert werden. Der Bericht nennt Bedenken hinsichtlich des Verbraucherschutzes und des angeblichen Mangels an „intrinsischem Wert“ und „sozialem Nutzen“ von Kryptowährungen als Hauptgründe für eine solche Klassifizierung.
Regierung unbeeindruckt von Ablehnung
Das Finanzministerium wies diese Empfehlung des Finanzausschusses umgehend zurück. Die Regierung halte an ihrer Strategie fest, konsistente Regelungen für Krypto-Vermögenswerte und -Transaktionen einzuführen und diese einheitlich mit traditionellen Finanzinstrumenten zu behandeln. Das Prinzip, die gleiche Art von Risiko mit dem gleichen Regulierungsergebnis zu verbinden, hatte jedoch auch der Parlamentsausschuss bei seinem Glücksspielvergleich für sich in Anspruch genommen.
Auch die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (Iosco), eine Dachgruppe von Regulierungsbehörden aus 130 Ländern, widersprach den Parlamentariern. Der Verband, dem unter anderem auch die britische Financial Conduct Authority (FCA) und die Securities and Exchange Commission (SEC) in den USA angehören, forderte Großbritannien auf, Krypto-Assets auf die gleiche Weise wie Aktien und Anleihen zu regulieren.
Es gelte, sowohl die Interessen der Anleger zu schützen als auch die Integrität des Marktes zu erhalten. Die zu treffenden Maßnahmen sollten „mit denen übereinstimmen, die an den traditionellen Finanzmärkten erforderlich sind“, so die Iosco. Nur wenn globale Standards eingehalten werden, könne eine „regulatorische Arbitrage“ vermieden werden, sprich: das Erzielen von Gewinnen durch das Ausnutzen von unterschiedlichen Lücken in der Regulierung.
Digitalisierung auf breiter Front
Nach verschiedenen Ankündigungen soll die Regulierung der britischen Kryptobranche noch im ersten Halbjahr 2024 abgeschlossen werden. Parallel arbeiten Regierung, Finanzindustrie, Aufsichtsbehörden und Verbände an weiteren gesetzlichen Grundlagen, die die Digitalisierung der Zahlungssysteme und Vermögensanlagen vorantreiben sollen, wie etwa Open Banking oder die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency, CBDC). hj
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