CIOs wünschen sich durchgängige digitale Prozesse, scheitern aber an der Technologie
Es ist einer dieser lausig übersetzten englischsprachigen Begriffe: „Ende-zu-Ende“, der im Grunde genommen viel besser mit „durchgängig“ oder „komplett“ übersetzt würde. Und es ist der Traum vieler CIOs der Finanzwirtschaft, dass sich auch komplexe Prozesse technologisch derart ausnahmslos digital abbilden ließen. Durchgängig ohne manuelle Teilprozesse, komplett ohne Medienbrüche. Leistungsstarke Content-Services-Lösungen sind hierfür entscheidend.
von Heinz Wietfeld, Regional Manager Hyland
Dass lückenlose Digitalisierung grundsätzlich möglich ist, zeigen Erhebungen aus dem Konsumenten-Umfeld. Die GfK fand seinerzeit heraus, dass schon mehr als jeder vierte Verbraucherkredit online zustande kommt. Demnach hat sich auch der Anteil an Online-Ratenkrediten deutlich erhöht. Und man muss kein Hellseher sein, um den Brancheneinfluss dieser Entwicklung abzusehen:Online ist anonym und bequem. Rein digital zu beantragende und abgewickelte Kredite senken massiv die Kosten in der Finanzindustrie, steigern die Effizienz, machen es dem Verbraucher letztlich einfacher und – kommen immer öfter vor.”
Die Entscheidung, vom heimischen Sofa schnell und komfortabel einen Kredit abzurufen, der im Anschluss gleich für einen ebenfalls per Klick gebuchten Traumurlaub verwendet wird, ist absolut real. Das sind gewaltige Skalierungschancen für die Branche.
Woran es allerdings noch mangelt, ist oftmals die technologische Basis, um diesen Prozess außerhalb des „einfachen“ Business durchgängig digital zu gewährleisten. Die Restriktionen sind bekannt – aber behebbar. Dazu lohnt der Blick auf die technischen Details.
Auf dem richtigen Weg
Grundsätzlich hat die Branche in vielen Bereichen bei der digitalen Transformation der komplexeren Prozesse Fortschritte gemacht. Elektronische Unterschriften sind möglich, in der Kreditbearbeitung können Kreditgeber bereits einige oder sogar alle Dokumente scannen. Darüber hinaus werden Dokumente zur Überprüfung des Kreditnehmers für etwa Einkommen, Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Identität zunehmend in Datenformaten empfangen, die keine manuelle Dateneingabe erfordern. Das regeln oft bereits vertrauenswürdige Drittanbieter, die einfach in die bankeigenen Prozesse eingebunden werden können.
Aber: papierbasierte oder nicht maschinenlesbare Dokumente bleiben weiterhin das Hauptübel für die Ineffizienz der Verarbeitung.”
Die meisten Dokumente haben mehrere nicht standardisierte Formate, kommen in verschiedenen Phasen des Prozesses aus unterschiedlichen Quellen und können fehlende Informationen oder Daten enthalten, die mit denen in der Kernbanken- oder der Kredit-Software des Instituts nicht übereinstimmen. Der Prozess stockt, die Durchgängigkeit ist nicht gewährleistet – oft sind dann gleich mehrere Personen für die Datenvalidierung und -korrektur notwendig. Eine der wesentlichen Herausforderungen des Informationsmanagements und der Digitalisierung beispielsweise bei Hypotheken.
Umfassende Prozesse = dynamische Prozesse
Gerade aufwändigere Kreditprozesse sind dynamisch, wobei Dutzende von Dokumenten zu unterschiedlichen Zeiten aus verschiedenen Quellen eintreffen. Papierbasierte Dokumente werden oft fotokopiert oder per E-Mail weitergeleitet. Wenn sich jedoch der Inhalt der Dokumentendaten ändert, gibt es keinen Mechanismus für alle Mitarbeiter, um die aktuellen Dokumentversionen zu erhalten. In dieser halbautomatischen Umgebung ist die vollständige Digitalisierung von Dokumenten schwierig.
Ergo: Die digitale Daten- und Dokumentenerfassung ist beispielsweise für unbesicherte Konsumentenkredite sehr einfach, für Eigenheimfinanzierungen aber ungleich schwieriger. Durchgängige Dokumentenerfassung und ein automatisierter Workflow sind selten. Banken verteilen und erfassen mittlerweile z. B. vielfach PDF-Formate. Diese und andere Dokumente werden jedoch nicht zentral verwaltet und gemeinsam mit einem workflowgesteuerten Digital Content Management System genutzt.
Eine Herausforderung ist auch, dass viele Dokumente im Prozess ohne vereinbartes Standardformular zirkulieren. Es existieren viele kreditproduktspezifische Formulare oder unterschiedliche Investorenformulare, die die Kreditbearbeitung verzögern.
Ein abgeschlossener Darlehensordner mit mehr als 30 einmaligen Dokumenten-Formaten von insgesamt mehr als 250 Seiten ist keine Seltenheit.”
Aus diesem Grund ist die Erfassung und Klassifizierung weiterer Dokumente bei der erstmaligen Erfassung in der Kreditbearbeitung von entscheidender Bedeutung. „Best Practice-Dokumentenerfassung“ ist deshalb die Digitalisierung von Papierdokumenten an ihrem ursprünglichen Einstiegsort, unabhängig von Dokumentenformat, Verteilungsmethode oder Kanal. Content Services sind gefragt.
Content Services im Mittelpunkt
Content-Services-Systeme (CS) bilden ein zentrales Informationssystem, das in Kombination mit datenbankbasierten Kernbankenlösungen das Herzstück eines kompletten und durchgängig digitalen Kreditsystems formt. CS-Lösungen erfassen, digitalisieren, verwalten und teilen Dokumente und Informationen kollaborativ und dies in jedem Format. Kreditgeber können Content-Services-Prozesse für bestimmte Kreditarten, Kanäle und sogar Drittinvestoren einrichten. Derart lassen diese sich beispielsweise auch für Service, Inkasso und Compliance nutzen.
Teilweise ist dieses Vorgehen bereits Realität, und Content-Services-Anwendungen werden im Baufinanzierungsgeschäft zur Nachprüfung und Dokumentenarchivierung sowie im Kreditservice eingesetzt. Rundum digitale Prozesse sind aber noch nicht Standard. Keine Frage: Eine starke Content-Services-Lösung wird zu keiner Zeit die Kernbankenlösung ersetzen, sie kann diese aber effektiv ergänzen.
Das Fazit: Zuerst Prozesslücken und Medienbrüche untersuchen
Im Zuge der fortschreitenden digitalen Transformation werden immer mehr der den Kreditprozess antreibenden Workflows weniger dokumenten- und stärker datenzentriert sein müssen. Dies erfordert, dass die Kreditgeber ihr Denken über die traditionellen Dokumentenmanagement-, ECM- und Workflow-Funktionen hinaus erweitern und zusätzliche Investitionen in Technologien mit starken, rundum digitalisierenden Fähigkeiten in Betracht ziehen sollten.
Für die IT-Strategie bedeutet das folgendes: Der CIO sollte zuerst die vorhandenen Lücken und Medienbrüche in bestehenden Prozessen bewerten und einen Businessplan für die neuen Produkt- und Serviceanforderungen entwickeln. Vorhandene IT-Ressourcen und ihre Fähigkeiten sollten auf den Prüfstand gestellt und neue Technologieinitiativen auf ihre durchgängigen Digitalisierungsfähigkeiten hin abgeklopft werden. Und erst, wenn die Fachabteilung dem Prozess die Durchgängigkeit bescheinigt, sollte es an die Umsetzung gehen.
Dies alles vorausgesetzt, kann in der Bank die für das Gesamtunternehmen notwendige, konsistente Informationsbasis geschaffen werden, die lückenlose Digitalprozesse möglich macht. Die Content Services bilden hier den Mittelpunkt.Heinz Wietfeld, Hyland
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